Fahrbericht Warum der Kia EV6 zum Elektro-Hit werden könnte
Berlin (dpa-infocom) - Kia schaltet bei der Elektrifizierung einen Gang hoch. Nachdem die Koreaner mit Niro und Soul bislang nur umgebaute Verbrenner an die Ladesäule gestellt haben, bringen sie jetzt ihren ersten dezidierten Stromer an den Start.
Auf einer neuen Plattform eigens um Akkus und Antrieb herum entwickelt, soll der EV6 ab dem Herbst gegen Autos wie das Model Y von Tesla, den ID4 von VW und natürlich das Schwestermodell Hyundai Ioniq5 antreten - und das zu Preisen ab 44.990 Euro.
Das spannendste Auto im Segment
Technisch sticht der Kia aus dieser Gruppe deutlich heraus und ist buchstäblich das spannendste Auto im Segment. Denn gemeinsam mit Hyundai haben die Koreaner als erster Massenhersteller eine Architektur gewählt, die wie bislang nur Porsche Taycan und Audi E-Tron GT mit einer Spannung von 800 Volt arbeitet. Das ermöglicht - die passende Säule vorausgesetzt - konkurrenzlos kurze Ladezeiten. Der Strom für 100 Kilometer soll in weniger als fünf Minuten fließen und in weniger als 20 Minuten steigt der Ladestand von 10 auf 80 Prozent. Weil aber auch die Koreaner wissen, dass die Praxis oft noch anders aussieht, verkürzen sie die gefühlte Standzeit mit einem pfiffigen Detail: Auf Knopfdruck werden die Sitze in der ersten Reihe zur Lounge-Liege und das Laden zur Ruhepause.
Sonderlich oft wird man dazu allerdings keine Gelegenheit haben. Denn auch bei den Akkus waren die Koreaner großzügig. Schon die kleinere der beiden Optionen hat eine Kapazität von 58 kWh und reicht damit im WLTP-Zyklus für 394 Kilometer. Und wer die 77 kWh-Batterie bestellt, kommt je nach Antriebsvariante bis zu 528 Kilometer weit. Das gelingt erst recht, wenn man die Steuerung der Rekuperation der Automatik überlässt, die je nach Verkehrsfluss zwischen Segeln und One-Pedal-Feeling wechselt.
Drei Antriebe zur Wahl
Bei den Motoren bietet Kia gleich drei Alternativen. Mit Hinterradantrieb kommt der EV6 demnach auf 125 kW/170 PS und als Allradler mit zwei Motoren auf 173 kW/235 PS oder 239 kW/325 PS. Ende nächsten Jahres soll dann noch eine GT-Variante kommen, deren zwei Motoren 430 kW/585 PS bereitstellen. Statt 185 km/h wie die anderen Varianten erreicht diese bis zu 260 km/h. Zwar kann es der im Gegensatz zum Hyundai vergleichsweise stramm und sportlich abgestimmte EV6 dann auch mit elektrischen Luxuslimousinen oder konventionellen Sportwagen aufnehmen - strapaziert dafür aber auch gehörig den bisher üblichen Preisrahmen. Denn für 65.000 Euro haben die Koreaner bei uns bis dato nur wenige Autos verkauft.
Verpackt ist die ambitionierte Technik in einer attraktiven Karosserie, die sich deutlich vom Schwestermodell unterscheidet. Denn statt auf nüchterne Bauhausformen setzt Kia auf eine eher keilförmige Silhouette mit coolem Heckteil. Fast schon könnte man den Crossover als aufgebockten Shooting Break bezeichnen.
Viel Hightech und ein cleveres Extra im Frunk
Und innen geht der EV6 ebenfalls einen eigenen Weg: Während der Hyundai auch hier Nüchternheit walten lässt, fühlt sich der Fahrer zwischen dem gekrümmten Digitalcockpit und der massiven Mittelkonsole eher seiner Zeit voraus. Und die Passagiere genießen bei 4,70 Metern Länge und 2,90 Metern Radstand reichlich Platz, allerdings nicht ganz so viel Kopffreiheit. Dazu gibt es jede Menge Hightech - etwa ein Head-Up-Display mit animierten Grafiken, die sich der Umgebung anpassen. Wer bei der Materialauswahl auf Nachhaltigkeit wert legt, bekommt die Kabine statt mit Leder auch mit Stoffen ausgelegt, für die über 100 PET-Flaschen recycelt wurden.
Der Kofferraum fasst 530 Liter, und anders als bei den deutschen Konkurrenten gibt es im Bug noch einmal einen Stauraum. Dieser Frunk fasst je nach Antriebsvariante 51 oder 20 Liter, ist aber immer groß genug für das Ladekabel und das ungewöhnlichste Extra des EV6 - die externe Steckdose. Hiermit wird der Kia zum mobilen Lader und versorgt nicht nur die Akkus von E-Bikes, Laptops oder Gartenwerkzeug, sondern zur Not auch ein anderes Elektroauto.
Fazit: Mit dem Kia EV6 beginnt die Aufholjagd
Natürlich dürfte VW mit seinen ID-Modellen wohl schon allein wegen der größeren Marktmacht die Führung bei der Generation E behalten. Doch während die Koreaner bislang nur Mitläufer bei der Elektrifizierung waren, könnte der EV6 zumindest unter den Autos aus Fernost zum echten Hit werden. Denn mit kurzen Ladezeiten, sportlichem Antrieb und cleveren Extras erscheint der coole Keil aus Korea gleich in meheren Punkten als die bessere Wahl.
Technische Daten Kia EV6
Motor und Antrieb: | Zwei Elektromotoren |
Max. Leistung: | 239 kW/325 PS |
Max. Drehmoment: | 605 Nm |
Antrieb: | Allradantrieb |
Getriebe: | 1-Gang-Automatik |
Maße und Gewichte | |
Länge: | 4695 mm |
Breite: | 1890 mm |
Höhe: | 1550 mm |
Radstand: | 2900 mm |
Leergewicht: | 2105 kg |
Zuladung: | 425 kg |
Kofferraumvolumen: | 520 - 1300 Liter |
Fahrdaten: | |
Höchstgeschwindigkeit: | 185 km/h |
Beschleunigung 0-60 km/h: | 5,2 s |
Durchschnittsverbrauch: | 17,2 kWh/100 km |
Reichweite: | bis zu 506 km |
CO2-Emission: | 0 g/km |
Batteriekapazität: | 77,4 kWh |
Schadstoffklasse: | k.A. |
Energieeffizienzklasse: | A+ |
Kosten: | |
Basispreis des Kia EV6: | 44.990 Euro |
Grundpreis des Kia EV6 AWD 77,4 kWh 4WD: | ca. 57.000 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 0 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung: | |
Sicherheit: | Sechs Airbags, adaptiver Tempomat, LED-Scheinwerfer, Allradantrieb |
Komfort: | Klimaautomatik, Virtuelles Cockpit, elektrische Liegesitze |
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke