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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reisen Schottland: Unterwegs im Luxuszug
Im Bahnhof Edinburgh Waverly Station geleitet ein Dudelsackspieler Passagiere zu ihrem Sonderzug, mit einem royalen Schriftzug in Gold auf Bordeaux-rotem Untergrund. ist ein Erlebnis, das Sie sich einmal im Leben gönnen sollten. Zum Beispiel zum 50. Hochzeitstag wie das reizende ältere Paar aus Süd-England. Oder zu jedem anderen Anlass: Gründe diese Reise zu machen, findet man letztlich immer.
Zugmanager Fredrik empfängt auf dem roten Teppich jeden Gast mit Handschlag und einem Glas Champagner. Im Abteil dann Schottenkaro auf dem Boden und im Bett, Troddeln am Vorhang, Blumen auf dem Schreibtisch. Erstaunlich groß ist das Bad mit Dusche und WC.
Wie eine Szene aus Macbeth
Während draußen eine von filzigem Gras überzogene und von wollig-weißen Schafen gesprenkelte karge Landschaft vorüberzieht, während die Berge ganz nah an den Zug rücken und sonnengelber Ginster die Gleise säumt, steigt die Stimmung im "Observation Car", kurz ObsCar genannt. Hier im Panoramawagen sitzt man zusammen, trinkt ein Gläschen und schaut durch die großen Fenster hinaus auf eine fast grimmige Natur, die unter tiefhängenden Wolken so dramatisch wirkt wie eine Szene aus Macbeth.>>
Zum Dinner haben sich die Damen umgezogen und die Herren das Sakko aus dem Schrank geholt. Chefkoch Marc Tamborini hat ein feines Drei-Gänge-Menü gezaubert. 540 Eier hat er für den Dreitages-Trip im Vorratswagen, 20 Körbchen mit Erdbeeren, 60 bis 80 Flaschen Champagner.
Eine logistische Meisterleistung
Alles muss sicher in den Regalen verstaut sein, wenn der Zug fährt. Allein das ist eine logistische Herausforderung. Neun Varianten für Vorspeise, Hauptgericht und Dessert hat Marc sich ausgedacht. Da ist für jeden Feinschmecker etwas dabei. Und wenn nicht, dann hat der Maitre ein offenes Ohr auch für ausgefallene Wünsche und ein großes Netzwerk von Zulieferern. Es muss ja nicht gleich eine ganze Dose Kaviar sein, wie sie sich Brian Johnson von AC/DC wünschte.
Zur Abendunterhaltung im ObsCar gibt's schottische Lieder mal mit Geige und Akkordeon, mal mit der schottischen Harfe, der Clàrsach. Dazu immer wieder spektakuläre Highland-Ansichten vor den Fenstern. >>
Und während die einen im stehenden Zug schon selig schlummern, feiern die anderen noch bis in den frühen Morgen. 50 Sorten Whisky stehen in der Bar. Wer die alle ausprobieren wollte, müsste mehrere Touren mitmachen. Nur ein Gast hat es bisher geschafft, an drei Tagen 30 verschiedene Whiskys auszuprobieren.
Filmkulissen und Schotten-Stolz
Den Ehrgeiz scheint diesmal niemand zu haben. Tagsüber sind die Aussichtsplätze gefragt und so mancher gerät in einen wahren Foto-Rausch, als der Royal Scotsman sich dem Glenfinnan-Viadukt nähert, besser bekannt als Harry-Potter-Bridge und nicht nur deshalb ein "Must-see". Wirkt doch auch die Landschaft mit Bergen, Glen (Tal) und Loch (See) wie verzaubert. Auch bei den Ausflügen kommen die Zugpassagiere filmreifen Kulissen ganz nahe, können sich hineinträumen in Szenen des "Highlander" oder denken am puderweißen Strand von Loch Morar an die Cleverness des Local Hero in der gleichnamigen Öko-Komödie.
Echte Geschichte geschrieben hat Bonnie Prince Charlie 1745 mit seinem verunglückten Versuch, Schottland für die Stuarts zurückzuerobern. Den Schotten erwies der hübsche Prinz damit einen Bärendienst, wie Ray Owens vor dem Denkmal des Prinzen am Loch Shiel den Reisenden erklärt. Der 65-jährige Schotte gibt als Gästeführer den Highlander und macht aus seiner Abneigung gegen alles Englische kein Hehl. "Die Schotten mögen uns nicht", sagt der Engländer Dave später im ObsCar, "für sie sind wir Sassenachs", also Fremde. Sachsen sind eigentlich die englischen Angelsachsen und von denen wollen sich die stolzen Highlander bis heute nichts sagen lassen. Ray Owens hofft deshalb, dass möglichst viele beim Referendum im September für die Unabhängigkeit Schottlands stimmen.
Steven, der Gentleman-Zugbegleiter, trägt zwar am letzten Abend (formal) den traditionellen Kilt, ist aber ein Gegner des Separatistenchefs Alex Salmond und als stolzer Schotte >>
der Überzeugung: "England braucht Schottland". So schleicht sich klammheimlich die Politik in die königliche Reise.
Die Rückkehr in die Realität
Am letzten Tag noch ein Ausflug zu Mount Stuart auf der Insel Bute, einem schlossähnlichen neugotischen Bau mit einer riesigen Marmorhalle im Zentrum, die von einem gemalten Sternenhimmel gekrönt wird. Im 1. Weltkrieg war das Haus Lazarett, operiert wurde im Wintergarten und geschlafen in der "Marble Hall". So mancher Verletzte, erzählt Schlossführerin Norma, habe beim Aufwachen in den gemalten Himmel geblickt und gemeint, er sei schon nicht mehr von dieser Welt.
Die Zeitreisenden im Royal Scotsman aber kommen dieser Welt immer näher, als der Zug in Waverly einfährt. Im ObsCar hat man sich von den Freunden auf Zeit verabschiedet, der Abschied von den Bediensteten ist herzlich. Und dann ist alles vorbei. Das Gepäck ist ausgeladen. Kein roter Teppich, kein hilfreicher Geist, der sich der schweren Koffer annimmt. Man ist wieder im Alltag angekommen und muss mit seinem Platz in der normalen Welt Vorlieb nehmen.
Weitere Informationen
Anreise: Mit dem Flugzeug nach Edinburgh, etwa mit Lufthansa ab Frankfurt, mit easyjet ab München, hin und zurück ab ca. 250 €.
Der Tagespreis liegt bei ca. 1000 € Näheres unter www.royalscotsman.com
Informieren: VisitScotland, Ocean Point One, 94 Ocean Drive, Edinburgh EH6 6JH, Großbritannien, E-Mail: info@visitscotland.com, www.visitscotland.com/de
Eine Übersicht über die schönsten Luxuszugreisen finden Sie hier.