Smartphone, Ehering oder Gebiss Was passiert mit Fundstücken im Hotel?
Hotelgäste vergessen alles Mögliche in ihren Zimmern – und scheinen dies mitunter nicht einmal zu merken. Wenn doch, müssen sie sich selbst melden.
Liegt es an der übereilten Abreise, weil das Taxi früher als gedacht vor dem Hotel wartet? An der urlaubsbedingten Grundentspannung? Genereller Schusseligkeit? Auf Reisen sind Menschen jedenfalls vergesslich – egal, ob sie in Ferienresorts oder Businesshotels absteigen. Im Durchschnitt lässt ungefähr jeder Zwanzigste irgendwas zurück.
Bei den unfreiwilligen Hinterlassenschaften gibt es jedoch Unterschiede: Sind es in den Stadthotels vor allem Smartphone- oder Laptopkabel, so belegen in den Ferienhotels T-Shirts, Wecker, Zahnbürsten, Unterhemden und -hosen die Spitzenplätze. Auch Schlüssel, Mobiltelefone, Führerscheine und Kreditkarten bleiben mitunter unberührt im Safe oder auf dem Nachttisch zurück.
Öfter als gedacht vergessen Gäste auch Eheringe im Zimmer – selten zwei, meistens nur einen. In einer Hochzeitssuite in einem Wiener Hotel fand das Personal einmal aber auch den Ehevertrag eines frisch vermählten Paares. Offenbar hatten die beiden bei ihrem Aufenthalt andere Prioritäten.
Die merkwürdigsten Fundstücke
Generell gibt es kaum etwas, was noch nicht sichergestellt wurde: Holzbeine, Sexspielzeug, Kuckucksuhren. Die britische Hotelkette Travelodge führt sogar ein öffentliches Tagebuch über Dinge, die in den vergangenen rund zehn Jahren in ihren knapp 600 Häusern liegen blieben. Auf der Liste stehen neben mehr als 12.000 Ladekabeln unter anderem eine Hochzeitstorte in Disneyschloss-Optik, ein lebendes Shetlandpony namens "Pudding" sowie eine Modelleisenbahn.
Bei den hauptsächlich in Indien beheimateten Oberoi Hotels berichtet man indessen von vereisten Kameras, die aus Minibars – einem vermeintlich sicheren Versteck vor Dieben – geborgen wurden. Nicht schlecht staunte auch eine Putzkraft eines Park Inn Hotels, als sie eine einsame Schaufensterpuppe fand – ihr Besitzer meldete sich nie. Viele Hotels vermelden indessen einvernehmlich, dass seit einigen Jahren gehäuft angebrochene Viagra-Schachteln zu den Fundsachen zählen. Und falsche Zähne … Ob diese Funde in Relation stehen, ist nicht bekannt.
Diskretion – die oberste Regel
Egal, worum es sich handelt: Für das Personal beginnt dann stets ein Stück Routine. Alles muss gewissenhaft archiviert werden. Schließlich schreibt der Gesetzgeber vor, dass Hotels die Fundstücke mindestens sechs Monate aufbewahren müssen. So wird das ungewollt zurückgelassene Objekt diskret verpackt ins hauseigene Fundbüro gebracht. Dort erhält es eine Nummer, wird ins Fundbuch eingetragen und in ein Regal gestellt, bis der Gast sich meldet.
Das geht manchmal schnell, wenn es sich etwa um das liebste Kuscheltier oder ein Notizbuch mit womöglich heiklen Aufzeichnungen handelt. Mitunter dauert es auch länger. In drei Vierteln der Fälle rühren sich die Eigentümer gar nicht mehr. Vielleicht weil viele nicht wissen, dass es an ihnen liegt, sich zu melden.
Denn eines geschieht in aller Regel nicht: Dass der letzte Gast im Zimmer vom Hotel über den Fund informiert wird – oder der Gegenstand gar unaufgefordert per Post nach Hause geschickt wird. Der Grund? Diskretion. Es könnte ja gut sein, dass durch die unerwartete Postsendung der (Ehe-)Partner misstrauisch wird. Frei nach dem Motto. "Sag mal, was hast du denn letzte Woche in besagter Unterkunft gemacht? Davon wusste ich ja gar nichts."
Wenn dann Gäste aus eigenem Antrieb nachfragen – und mehr als 80 Prozent melden sich bereits innerhalb von einem Tag nach der Abreise – wird ihnen der vermisste Gegenstand natürlich nachgeschickt, manche auf Kosten des Hauses, manchmal auch auf eigene Rechnung. Meldet sich nach einem halben oder gar einem ganzen Jahr immer noch niemand, werden die in der Regel wenig wertvollen Gegenstände dann entweder an die Mitarbeiter verschenkt oder gegen einen Obolus, etwa als Spende für einen guten Zweck, abgegeben.
Tipps bei Vergesslichkeit im Hotel
Zum Schluss noch ein paar Tipps, wie man das Risiko minimiert, etwas im Hotel zu vergessen. Der Erste ist banal: so wenig wie möglich auspacken. Das zumindest gilt für kurze Aufenthalte. Bei längeren will man es sich natürlich gemütlich machen und das meiste auspacken. Aber man muss ja Gegenstände nicht unbedingt in die vierte Schublade von links oder unters Sofa platzieren – das sind neben der Fensterbank genau die Orte, wo die meisten Sachen in Hotelzimmern gefunden werden. Und wer seinen Pass im Schranksafe einschließt, legt als Gedächtnisstütze am besten einen Schuh dazu – fehlt der am nächsten Morgen, fällt das sicher schneller auf als eben der Pass …
Zudem eignen sich Notizblöcke auf dem Schreibtisch hervorragend für Hinweise an sich selbst, im Stile von "Fahrradhelm auf der Hutablage!". Vielreisende erzählen auch gerne von einem antrainierten Scanblick, mit dem sie ihr Hotelzimmer vor dem Verlassen systematisch absuchen, von Ecke zu Ecke. Zum Abschiedsritual sollte im Übrigen auch das Ausschütteln des Bettzeugs zählen. Schließlich sind weiße Laken heimtückische Verstecke für weiße T-Shirts, weiße Kopfhörer und weiße Smartphonekabel.
- Reiseredaktion SRT