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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Von Seattle nach San Francisco Die heimliche Traumstraße
Alle schwärmen vom Highway 1 zwischen San Francisco und Los Angeles. Dabei wartet nördlich davon ein mindestens genau so schöner Roadtrip - nur unberührter, wilder und einsamer. Einsteigen, anschnallen und los geht’s die strandreiche Küste Oregons entlang. Schauen Sie sich Eindrücke der Traumstraße auch in unserer Foto-Show an.
Es liegt was in der Luft. Ein besonderer Duft, eine besondere Art von Himmel, Horizont und Brise machen die Nähe des Ozeans spürbar. Wir haben dieses Erlebnis zwei Tage hinausgezögert, weil wir vom Startpunkt Seattle aus zunächst einmal in das Hinterland um den Lake Oswego und die Weinregion Oregons erkunden wollten. Das sanft-hügelige Willamette Valley hat lange nicht den Donnerhall-Ruf des viel weiter südlich in Kalifornien angesiedelten Napa Valley und Sonoma Valley. Aber Weinkenner wissen längst um die hervorragende Qualität der Oregon Weine, die in rund 800 Weingütern gekeltert werden. Besonders bekannt sind die Weine Pinot Noir und Pinot Gris.
Wo Wein gedeiht, braucht man nach deutschen Winzern nicht lange zu suchen. Und so landeten auch wir schnell im Château Bianca von Helmut und Lilo Wetzel, die sich – nach einer Unternehmer-Karriere in Alaska – im Rentenalter ihren Traum vom eigenen Weingut erfüllt haben. Immerhin war schon Helmuts Großvater Weinbauer in Würzburg. Das Château Bianca liegt in Dallas außerhalb von Oregons Hauptstadt Salem.
Traumstrände und wundersame Felsen
Jetzt sind wir reif fürs Meer. In Newport checken wir im charmanten Elizabeth Street Inn ein, das auf einem Felsen hoch über dem Pazifik liegt und viele Kilometer wilde Küste überblickt. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang sind wir am Strand, den wir über einen Dünenabhang erreichen. Jogger, Spaziergänger mit und ohne Hund und Muschelsammler mit Eimerchen sind unterwegs. Im Frühjahr und Herbst lohnt es sich nach Walen Ausschau zu halten. Rund 18.000 Grauwale ziehen auf ihren langen Reisen zurück an Oregons Küste vorbei und bescheren dem Staat einen regen Whale-Watching-Tourismus.
Die Fahrt gen Süden auf dem zweispurigen Highway 101 überrascht uns mit einer Aneinanderreihung von Traumstränden und wundersamen Felsen, die aus dem Meer ragen. Manchen sehen aus wie Kathedralen oder Zuckerhüte, manche wie verlorenes Spielzeug. Flüsse sprudeln aus den kräftig grünen Mischwäldern, die sich hinter der Küste in steilen Vorgebirgen verlieren. Die Flussmündungen werden von teilweise spektakulären Brücken überspannt. In einer Bucht haben sich zwei Dutzend Seelöwen zu einem Sonnenbad ausgebreitet. Ein paar Kilometer weiter kann man in einem Aufzug zu den Sea Lions Caves nach unten fahren, um sich die Tiere aus der Nähe anzusehen.
Strände zum Allgemeingut erklärt
Bereits vor mehr als 100 Jahren hat ein weitsichtiger Gouverneur alle Strände Oregons zum Allgemeingut erklärt. Berge, Täler und Wasser führen hier Regie, die Strecken zwischen den kleinen Orten sind unverbaut. Mal kann man direkt an den Strand fahren, mal krachen die Brecher des Pazifiks an imposante Steilküsten. Manche Felsvorsprünge sind malerisch "dekoriert" von einem Leuchtturm. Trotz herrlichen Sommerwetters bleibt das Baden im Ozean ein paar Verwegenen vorbehalten, da die Wassertemperaturen selten die 18-Grad-Grenze überschreiten. Dennoch wird Wassersport großgeschrieben. Wir sehen viele Seekajakfahrer, Stand-up-Paddler und sogar Taucher – natürlich allesamt in dickes Neopren gepackt. Die Küstenstraße ist auch beliebt bei Radfahrern, zumal der Verkehr sehr ruhig ist.
"Welcome to California" begrüßt uns ein Schild – und sogleich werden andere Saiten aufgezogen: Wir lesen, dass die Entsorgung von Müll eine 1000-Dollar-Strafe zur Folge hat, ebenso das Aussetzen von Tieren. Bald haben wir den Redwood-Nationalpark erreicht. In dem Schutzgebiet wachsen die riesigen Küstenmammutbäume, auf Englisch kurz Redwoods, die mit bis über 100 Metern Höhe die größten Bäume der Welt sind. Am eindrucksvollsten präsentieren sich die Baumriesen auf der Avenue of the Giants, die auf einer Länge von 50 Kilometern parallel zum Highway 101 verläuft. Wir kommen an einem Campingplatz vorbei, wo selbst die mächtigsten Wohnmobile inmitten der Redwood wie Spielzeugautos aussehen.
"Jenseits von Eden"
Bei Leggett verlassen wir den Highway 101 (der landeinwärts bis Los Angeles läuft) und setzen die Fahrt an der kalifornischen Küste auf dem Highway 1 fort. Wir passieren charmante kleiner Orte, von denen man – im Gegensatz zu den Highway 1 Orten zwischen San Francisco und Los Angeles noch nie etwas gehört hat. Rockport, Inglenook, Fort Bragg und dann doch ein bekannter Name, zumindest für die etwas Älteren unter uns: Mendocino, wo Michael Holm in seinem Song ebenso unermüdlich wie erfolglos nach seinem Girl gesucht hat.
Im Mendocino County wurde auch der Filmklassiker "Jenseits von Eden" gedreht. Viel weiter südlich, als wir uns allmählich dem Einzugsgebiet von San Francisco nähern, erreichen wir einen weiteren Hollywood-Schauplatz: Bodega Bay, wo Hitchcock’s "Vögel" die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten.
Von hier stechen wir landeinwärts und wollen unseren Autotrip thematisch abrunden, womit wir angefangen haben: mit Wein. Im Napa und Somoma Valley ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. In den Tasting Rooms der prominenten Weingüter sind Profis am Werk, die einen mit Charme, Know-how und noch mehr Beharrlichkeit schnell mal in eine 100-Dollar-Flasche hineinquatschen. Im Kofferraum unseres Leihwagens wäre ja Platz genug, aber schon übermorgen müssten die guten Tropfen ins Fluggepäck verstaut werden. Und da liegen schon drei Flaschen Pinot Noir aus dem Château Bianca im Willamette Valley.
Weitere Informationen
Reisezeit: April bis Oktober. Frühling und Herbst sind ideal zur Walbeobachtung. Sommertemperaturen sind ähnlich denen in Mitteleuropa. Der Pazifik ist mit 13 bis 15 °C zu kalt zum Baden.
Allgemeine Infos: Travel Oregon, Bavariaring 38, 80336 München, Tel. 089/ 68 90 638-42, http://traveloregon.com/
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