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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aktiv- & Skiurlaub Wolfsbarsch angeln: Jäger in der Brandung
Der Wolfsbarsch, ein gerade zu legendärer Fisch, ist besonders vielseitig und bei Anglern am Atlantik schon lange sehr beliebt - und zwar nicht nur wegen seines köstlichen Geschmacks. Inzwischen erobert der Wolfsbarsch - stark und unberechenbar - auch die Nordseeküste Deutschlands und verirrt sich bisweilen sogar in die Ostsee. Sehen Sie verschiedene Zielfische beim Angeln in unserer Foto-Show.
Wolfsbarsch: an der Atlantikküste die Nummer 1
Der Strand leert sich. Immer mehr Urlauber packen ihre Sachen zusammen und stapfen über die Dünenpfade Richtung Parkplatz. Es ist Zeit fürs Abendessen. Im nah gelegenen Fischerstädtchen bereiten sich die Restaurants auf den allabendlichen Ansturm vor, in den Bars werden die ersten Aperitifs serviert. Ferienzeit an der französischen Atlantikküste. Der Trubel ist gewiss nicht jedermanns Sache. Manche zieht es auch erst dann ans Wasser, wenn die anderen gehen. Sie stellen beeindruckend lange Angelruten auf und machen es sich bequem. Die Petrijünger warten auf Dicentrarchus labrax, den Wolfsbarsch, einen der faszinierendsten Küstenbewohner Europas. Eine geradezu legendäre Fischspezies: stark, unberechenbar, und wohlschmeckend.
In Frankreich und Großbritannien gilt der Wolfsbarsch unter Meeresanglern seit eh und je als die Nummer 1. Die bis zu einem Meter langen und zehn Kilo schweren Raubfische können prinzipiell fast überall angetroffen werden – an schroffen Klippen ebenso wie in Flussmündungen, an Hafenmolen und Stränden. Entscheidend ist das Nahrungsangebot. Wolfsbarsche sind allerdings nicht sehr wählerisch. Ähnlich wie der Dorsch fressen sie fast jedes Tier, welches sie mit ihren bemerkenswert großen Mäulern überwältigen können. Sogar ausgewachsene Strandkrabben werden im Ganzen verschlungen. Besonders gerne machen die Graugeschuppten Jagd auf Tobiasfische (Sandaale), junge Meeräschen, kleine Tintenfische und Garnelen. Zur Futtersuche begeben sich Wolfsbarsche oft direkt in die Brandung. Für Angler ein Vorteil, denn ihre Beute schwimmt dann unmittelbar in Ufernähe.
Wolfsbarsche erobern die Küsten Deutschlands
Lange Zeit kam D. labrax an den westeuropäischen Küsten praktisch nur bis zur niederländischen Provinz Zeeland vor. In der restlichen Nordsee wurde die Art bis Ende der Sechziger nur selten gefangen. Das hat sich radikal geändert. Heutzutage schwimmt der Wolfsbarsch auch an den deutschen und dänischen Nordseestränden Streife. Die holländische Küste kann mit zahlreichen hervorragenden Wolfsbarsch-Revieren trumpfen, und sogar an den Ostseeküsten Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns gingen schon diverse Exemplare an den Haken. Der Grund für diesen Vormarsch ist wahrscheinlich der Klimawandel. Die grauen Räuber mögen's eher wärmer, im Winter verziehen sie sich in der Nordsee deshalb in tiefere Regionen. Dank steigender Wassertemperaturen finden die Tiere nun auch nördlich ihrer ursprünglichen Heimat in Atlantik und Mittelmeer gute Lebensbedingungen.
Wolfsbarsch angeln mit Kunstködern
Der besondere Reiz des Wolfsbarsch-Angelns liegt unter anderem in der Vielseitigkeit. Man kann diesen Fischen mittels unterschiedlichster Methoden nachstellen. Sehr spannend ist zum Beispiel das Spinnfischen mit mittelgroßen Wobblern, schlanken Blinkern oder Gummiködern. Diese Art der Fischerei hat vor allem auf den Britischen Inseln Tradition. Sie wird hauptsächlich von Booten und Molen aus sowie an felsigen Küsten betrieben, und ist mittlerweile auch in Spanien und Italien überaus beliebt. Im sehr klaren Mittelmeerwasser empfiehlt sich allerdings die Verwendung möglichst dünner Schnüre. Wolfsbarsche sind schlau und in ihrer Vorsicht durchaus mit dem Zander vergleichbar. Zu schweres Material weckt schnell ihren Argwohn.
Posenmontage mit Naturköder
Holländische Experten haben einen ganz eigenen, raffinierten Trick für den Wolfsbarsch-Fang an den riesigen Hafenmolen von IJmuiden und dem "Europoort" bei Rotterdam entwickelt. Sie nutzen eine schlichte Posenmontage, bestehend aus einem relativ breiten Schwimmer mit fünf bis 20 Gramm Tragkapazität, ein entsprechendes Stück Olivenblei und ein rund 50 Zentimeter bis einen Meter langes, 0,25 Millimeter starkes Fluorcarbon-Vorfach mit einen No. 1 Haken. Letzterer wird mit einem ganzen, großen Seeringelwurm bestückt. Der Köder muss sich frei im Wasser bewegen können. Seeringelwürmer schwimmen mit heftigen Schlängelbewegungen – für einen vorbeischwimmenden Wolfsbarsch unwiderstehlich attraktiv. Gefischt wird in unmittelbarer Nähe zu den großen Betonblöcken, die an den Rändern der besagten Molen aufgestapelt liegen. Schwierig, aber mitunter sehr erfolgreich.
Vom Fliegenfischen bis zum Brandungsangeln
Es gibt auch noch ganz andere Möglichkeiten: An der Westküste der Insel Sylt gehen einige Spezialisten mit der Fliegenrute auf die Wolfsbarsch-Pirsch. Schlanke Streamer sind ihre bevorzugten Köder. Viele bretonische Petrijünger dagegen schwören auf das „Trolling“ (Schleppangeln) mit Blinker über küstennahe Felsriffe.
Am weitesten verbreitet ist jedoch das Brandungsangeln auf Wolfsbarsch vom Strand aus, vor allem nachts. Hierbei kann oder muss das Gerät etwas robuster gewählt werden. Vier bis fünf Meter lange Brandungsruten, kräftige Rollen mit einer großen Schnurfassungskapazität, und 0,25- bis 0,30 Millimeter starke, geflochtene Schnüre sind ideal. Strömung und starker Wellengang erfordern oft die Verwendung von schweren Krallenbleien. In solchen Fällen sollte man eine schlichte Paternoster-Montage mit einem einzigen No. 1 bis 3/0 Haken an einem 0,35 Millimeter starken, monofilen Vorfach einsetzen (Details im Bericht Dorschangeln). Als Köder dienen Wattwürmer, Seeringelwürmer oder Tintenfisch-Stücke. Ebenfalls sehr gut geeignet sind Muscheln der Gattung Glycymeris, die in vielen französischen Fischläden als „Amandes de Mer“ angeboten werden. Ihr recht zähes Fleisch hält im Rohzustand gut am Haken.
Mindestmaß bei Wolfsbarschen unbedingt einhalten!
Wolfsbarsche mögen anpassungsfähig und weit verbreitet sein, aber sie sind leider auch sehr anfällig für Überfischung. Das hat mehrere Gründe. Zum einen wachsen die Tiere nur langsam. Männliche Wolfsbarsche brauchen vier bis sieben Jahre bis zur Geschlechtsreife, Weibchen gar fünf bis acht. Die Fische sind dann ungefähr 35- bis 45 Zentimeter lang. Angler sollten deshalb unbedingt das EU-weit gültige Mindestmaß von 36 Zentimetern strikt einhalten und besser noch einige Zentimeter draufschlagen. Aber viele tun genau das nicht. Als nah an der Küste lebende Art werden Wolfsbarsche zudem häufig von Nebenerwerbsfischern gefangen und tauchen nicht in offiziellen Fangstatistiken auf. Es gibt kein wirksames Bestandsmanagement.
Was die Problematik zusätzlich verschärft, ist die Tatsache, dass Wolfsbarsche ihre Jugend in flachen Küstengewässern verbringen. Vor allem Flussmündungen und vielerorts auch Häfen sind beliebte Kinderstuben für D. labrax. Dort aber fällt der Nachwuchs zahlreich unwissenden angelnden Urlaubern zum Opfer. Wer an einem schönen Sommertag an solchen Stellen spazieren geht, sieht dieses Elend vielfach in Eimern und Plastiktüten. Gehen Sie also bitte verantwortungsvoll mit unseren Wolfsbarsch-Populationen um. Entnehmen Sie nur einzelne, größere Exemplare für die Küche, und lassen Sie die Kleinen ungestört wachsen. Ist doch logisch, oder?