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Tag der vermissten Kinder: Wann Minderjährige als vermisst gelten


Klare Kriterien der Polizei
Wann Kinder als vermisst gelten

Wenn ein Kind verschwindet, müssen Eltern schnell handeln. Zwar steckt nur in seltenen Fällen eine Entführung dahinter – aber wenn, zählt jede Minute.

Aktualisiert am 25.05.2022|Lesedauer: 3 Min.
Von t-online, cch
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Oft ist es ein Zeuge, der den entscheidenden Hinweis gibt. Er hat etwas beobachtet – ein merkwürdiges Auto etwa oder einen Fremden, der mit dem Kind aus einem Einkaufscenter herausging. Bei einer Kindesentführung muss solch ein Hinweis schnell bei der Polizei eingehen. Denn es zählt jede Minute.

Verschwundene Kinder: Der Großteil der Fälle von vermissten Kindern wird aufgeklärt.Vergrößern des Bildes
Verschwundene Kinder: Der Großteil der Fälle von vermissten Kindern wird aufgeklärt. (Quelle: AnnaElizabethPhotography/getty-images-bilder)

Schnelles Handeln ist wichtig

Das weiß auch Lars Bruhns, Initiator der Initiative "Vermisste Kinder". Er sagt: "Der Zeitraum, in dem man ein Kind bei einer Entführung retten kann, ist relativ gering." Das zeige etwa eine Studie aus den USA, für die Forscher über einen Zeitraum von 30 Jahren 800 Fälle analysierten, in denen Kinder als vermisst gemeldet wurden. Für jene, die entführt und getötet wurden, zeigte sich: Meistens (in über 80 Prozent der Fälle) haben die Kinder die ersten drei Stunden nicht überlebt.

Deshalb seien auch falsche Einschätzungen fatal, wie beispielsweise im Fall der kleinen Inga. 2015 verschwand das damals fünfjährige Mädchen aus Schönebeck bei einem Ausflug in Stendal. Man vermutete zunächst, dass sie sich in einem Waldstück verlaufen hätte. "Es sind Tage vergangen, bis man schließlich von einem Verbrechen ausging", erinnert sich Bruhns.

Vermisste Kinder: Als erstes die Polizei informieren

Deshalb sollten Eltern immer zuerst die Polizei informieren, wenn ihr Kind verschwunden ist. "Wir hatten in den vergangenen Jahren so viele Beispiele, bei denen die Meldung an die Polizei so weit hintenangestellt wurde, dass schon zu viel Zeit vergangen war und man dem Kind gar nicht mehr helfen konnte." Die Experten können einschätzen, ob dem Verschwinden ein Verbrechen zugrunde liegt oder nicht. Sind sich Eltern unsicher, ob sie die Polizei informieren sollen, können sie sich auch an das Hilfe-Telefon (116000) wenden, das Bruhns' Initiative betreut.

Diese ist hervorgegangen aus einem kleinen Ortsverein des Kinderschutzbundes, den Bruhns' Mutter 1997 gründete. Die Initiative unterstützt bei der Suche nach den Minderjährigen, indem sie in Absprache mit der Polizei Fälle öffentlich macht. Dafür nutzt sie die eigene Internetseite, aber auch soziale Medien oder digitale Anzeigetafeln etwa an Bahnhöfen.

Das Hauptanliegen der Organisation besteht aber darin, für die betroffenen Eltern ein Ansprechpartner zu sein. Das ist wichtig in einer solchen Situation. Bruhns erlebe die Eltern dann oft verzweifelt, aber besonders in den ersten Momenten auch sehr konzentriert. "Sie haben genau im Kopf, welche Schritte sie erledigen wollen, um ihr Kind zu finden." Und das seien in der Regel sehr viele, die Eltern vermisster Kinder wollen möglichst jedem Hinweis nachgehen. "Wird das Kind nicht gefunden, stellt sich irgendwann oft Ernüchterung ein."

Wie gehen Eltern mit dieser um? "Das ist sehr individuell", sagt Bruhns. "Oft kommt es auch Jahre später noch zu einer Trennung, die auf den Vermisstenfall zurückgeht." Das liege daran, dass die Eltern unterschiedlich an den Fall herangehen. Häufig richtet ein Elternteil das ganze Leben auf die Suche nach dem Kind aus und das andere versucht, mit dem Verlust weiterzuleben.

Wann ein Kind als vermisst gilt

Glücklicherweise liegt in den seltensten Fällen ein Verbrechen vor, wenn ein Kind verschwindet. Der Großteil der Vermissten wird wiedergefunden. In den Jahren 2018 bis 2021 schwankte die Zahl der pro Jahr vermissten Kinder laut Bundeskriminalamt (BKA) zwischen rund 14.500 (2021) und 18.100 (2019). Die Aufklärungsquote liegt jährlich im Schnitt bei knapp 97 Prozent. Häufig laufen die Kinder und vor allem Jugendlichen von zuhause davon, weil sie zum Beispiel Probleme in der Schule, Streitigkeiten mit den Eltern oder Liebeskummer haben.

Minderjährige gelten für die Polizei als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist. Schließlich dürfen unter 18-Jährige ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen. Bei Erwachsenen hingegen leitet die Polizei erst dann eine Vermisstenfahndung ein, sobald eine Gefahr für Leib und Leben vermutet werden kann. Diese wird bei unter 18-Jährigen direkt angenommen, wenn ihr Aufenthaltsort dem Sorgeberechtigten nicht bekannt ist, erklärt das BKA auf seiner Internetpräsenz.

So viele Minderjährige sind in Deutschland vermisst gemeldet

Insgesamt waren am 15.03.2022 in Deutschland – gerechnet ab dem frühesten registrierten Vermisstendatum 14.02.1957 – knapp 1.600 ungeklärte Fälle von vermissten Kindern erfasst. Mehr als die Hälfte dieser Kinder sind unbegleitete Flüchtlinge, gehören zu sogenannten Dauerausreißern oder wurden ihren Sorgeberechtigten entzogen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Interview mit Lars Bruhns
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