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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tod des Partners Plötzlich steht man allein da
Wie oft hat man schon darüber nachgedacht, dass man vielleicht einmal ein Testament verfassen sollte? Aber wenn man ehrlich ist, letztendlich hält man es gar nicht für möglich, dass man selbst oder der Partner in einer Phase stirbt, in der das Leben gerade so wunderschön blüht. Doch leider passiert es immer wieder, dass durch eine körperliche oder seelische Krankheit oder auch durch einen Unfall ein Elternteil aus seiner Familie gerissen wird. Und der andere alleine dasteht.
Sieht man sich auf der von Oliver Scheithe initiierten Seite des Vereins verwitwet.de um, trifft man auf grausame Schicksale. Sie alle haben eines gemeinsam: Ein Elternteil steht nicht nur mit seinen kleinen Kindern, sondern auch mit seiner Trauer allein da. Oftmals von jetzt auf gleich.
Der ausgebildete Trauerbegleiter fasst das, was in diesen Momenten mit einem geschieht aus eigener Erfahrung heraus zusammen: "Da verfällt man erst einmal in einen Trance-Zustand. Oft gibt es ja gar keine Anzeichen dafür, dass der Partner sterben könnte und man rechnet auch nicht damit. Man steht unter Schock, kann das nicht glauben und muss das Geschehene selbst erst verarbeiten. Und das, während das Leben um einen herum immer weiterläuft."
Vor allem, wenn gemeinsamer Nachwuchs da ist, hat man gar nicht die Chance, sich fallen zu lassen. "Die Kinder geben einem aber unglaublich viel Energie und es ist ein natürlicher Reflex, für sie da zu sein, für sie stark zu sein. Die ersten drei Monate funktioniert man sowieso nur. Man trauert nicht wirklich, man nimmt das alles irgendwie gar nicht so wahr. Erst wenn die Dinge auf einer gewissen Schiene sind, dann kommt das große Loch."
Trauer muss auch gelebt werden können
Gut ist in einem solchen Moment, wenn Verwandte und Freunde da sind, die einen ein wenig auffangen. Aber das ist oftmals nicht der Fall, denn sie sind auf der einen Seite mit ihrer eigenen Trauer beschäftigt und stehen ebenfalls unter Schock, auf der anderen Seite sind sie auch oft unsicher, wie man denn helfen könnte. Oliver Scheithe erinnert sich gut an diese schwere Zeit in seinem eigenen Leben, die ihn dazu veranlasst hat, den Verein für Witwen und Witwer zu gründen: "Als meine Frau mit 31 Jahren starb, waren unsere Kinder knapp drei, sechs und zehn Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt gab es nichts dergleichen. Als junger Witwer stand ich ganz alleine da." Zunächst versuchte er es mit Kontakten zu Alleinerziehenden, aber auch wenn er selbst jetzt alleinerziehend war, die Situation und die damit zusammenhängenden Probleme sind ganz andere gewesen.
"Hinzu kommt, dass die Trauer noch viel schlimmer ist als das Organisatorische", so der heute 42-Jährige. "Man braucht die Chance, sie auch ausleben zu können. Da ist es wichtig, dass man Kontakt bekommt zu Menschen, die Ähnliches erlebt haben und so empfinden, wie man selbst. Mit denen man zum Beispiel auch Erfahrungen mit Ämtern austauschen kann. Denn Hilfe muss man sich oft erkämpfen, im Gesetz ist der Verlust einer Mutter durch Tod zum Beispiel einfach nicht vorgesehen."
Nicht jedem stehen Witwen- und Waisenrenten zu
Geregelt ist in Paragraph 20 des Jugendhilfegesetzes lediglich der vorübergehende Ausfall. Dieser Paragraph kann aber auf die Situation angewandt werden und dabei helfen, die erste schwere Zeit zu überbrücken. Wenn die Kinder Verhaltensauffälligkeiten zeigen, dann kann beim Jugendamt Hilfe zur Erziehung beantragt werden. Manchmal ist es auch sinnvoll, eine Tagesmutter zu finden, die entsprechend Zeit hat, um sich ausschließlich um die Kinder zu kümmern. Der Vorteil hier: Es wäre nicht nach kurzer Zeit wieder ein Wechsel einer Bezugsperson notwendig.
Beratung findet man sowohl bei den Sozial- und Jugendämtern als auch bei den Rentenberatern der Rentenkassen. Denn gerade der finanzielle Aspekt erschwert das Ganze oft enorm. Zu Trauer und Verzweiflung kommen dann noch massive Existenzängste. Für Witwen und Witwer sowie für überlebende Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gibt es feste Regeln. Ein Anspruch auf Witwenrente beträgt bei Ehen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden beziehungsweise bei denen einer der Ehepartner vor 1962 geboren ist, 60 Prozent der Rente des Verstorbenen. Bei später geschlossenen Ehen sind es noch 55 Prozent. Wobei bei der Rentenberechnung eine Hochrechnung des durchschnittlich verdienten Arbeitseinkommens bis zum 60. Lebensjahr vorgenommen wird. Voraussetzung dafür, überhaupt Geld zu bekommen, ist, dass die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat und der Verstorbene fünf Jahre in die Rentenkasse Beiträge eingezahlt hat.
Die Finanzen müssen schnell geregelt werden
Um die erste Zeit und damit natürlich auch die Bearbeitungsdauer des Rentenantrages zu überbrücken, zahlt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für die ersten drei Monate nach dem Tod des Versicherten eine so genannte "Sterbeüberbrückungszeit" an den überlebenden Ehegatten. Aber auch die Kinder bekommen im Falle eines Rentenanspruches eine Waisenrente. Diese beträgt zehn Prozent der Rente des Verstorbenen. Der Anspruch darauf kann so lange bestehen, so lange sich die Waise in der Ausbildung befindet, längstens aber bis zum 27. Lebensjahr. "Das ist ein wahnsinniger Papierkrieg, den man alleine kaum hinbekommt", weiß Oliver Scheithe. Und er weist darauf hin, dass nicht selten der Verstorbene derjenige war, der für die häusliche Ablage zuständig gewesen ist und der Hinterbliebene sich nicht zurechtfindet.
Doch Walter Glanz vom DRV kann da beruhigen: "Den Hinterbliebenen stehen zum einen die Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung kostenlos zur Verfügung. Die Mitarbeiter beraten und sind beim Ausfüllen des Antrages behilflich. Zum anderen helfen auch die zahlreichen, ehrenamtlichen Versichertenberater beziehungsweise Versichertenälteste der Deutschen Rentenversicherung, ebenfalls kostenlos, bei der Antragstellung. Wenn nötig, kommt auch jemand ins Haus."
Für den Fall der Fälle vorsorgen
Gerade in jungen Jahren sind Paare oft im Rahmen des "Nestbaus" bis über beide Ohren verschuldet. Eine Risikolebensversicherung abzuschließen kann da durchaus Sinn machen. Sie zahlt nur dann, wenn der Versicherte während der Laufzeit stirbt und tilgt zum Beispiel die Restschuld auf eine Immobilie. Somit wären zumindest das Dach über dem Kopf und damit das Zuhause der Kinder mit dem gewohnten Umfeld gesichert. Sich mit dem Tod zu beschäftigen so lange man mitten im Leben steht, fällt schwer und der Gedanke zum Beispiel an ein Testament wird immer wieder weggeschoben. Eine solche Regelung kann aber im Ernstfall durchaus helfen, die Situation zu klären. Denn nichts ist schlimmer, als in einem Moment, in dem einen die Kinder voll und ganz brauchen und man selbst bereits am Limit seiner Kräfte ist, sich noch mit Finanzen und Erbstreitigkeiten herumschlagen zu müssen.