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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Muttermilch als Flaschennahrung Beim Abpumpen fühlen sich viele Frauen wie eine Milchkuh
Für viele Frauen ist das Abpumpen von Muttermilch negativ behaftet. Doch wenn man es richtig angeht, dann ist es zum Beispiel für ein Frühchen oder ein saugschwaches Kind, beim Wiedereinstieg in den Beruf oder auch beim Wunsch nach einem babyfreien Abend eine gute und einfache Alternative zur industriellen Flaschennahrung.
Das Wort "Abpumpen" löst bei den meisten Müttern Assoziationen zu einer Milchkuh aus. Dieses Bild kennt auch Alexandra Glaß, Frauenärztin und zweite Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laktationsberaterinnen, BDL.
"Wie das Pumpen vom Gefühl her belegt ist, da gibt es ganz große Bandbreiten. Viele Frauen finden es langweilig, doof und unangenehm, möchten dabei keinesfalls beobachtet werden. Für andere ist es weniger negativ behaftet. Das hängt zum einen davon ab, wie gut es klappt, zum anderen aber auch vom Grund. Denn pumpt man für ein krankes oder zu früh geborenes Kind Milch ab, dann kann das auch ein beruhigendes Gefühl sein, wenn man dadurch die Möglichkeit hat, seinem Baby zu helfen."
Stress lässt die Milch versiegen – nicht nur beim Stillen
Milch abpumpen will geübt sein, genau wie das Ausstreichen mit der Hand. Pumpt eine Frau zum ersten Mal ab und wird dabei nicht korrekt angeleitet, dann kann es passieren, dass sie "für nur wenige Milliliter ganz schön kämpfen muss."
Um den Milchspendereflex auszulösen, ist es am sinnvollsten, das Baby in ruhiger und entspannter Atmosphäre bei sich zu haben. Manchmal genügt auch ein Foto des Kindes, um die Milch fließen zu lassen. Stillöl und warme Kompressen unterstützen zusätzlich.
Die Brusthaube der Pumpe muss perfekt sitzen. "Aber selbst dann zieht die Pumpe nicht automatisch Milch aus der Brust. Und wenn die Frau gestresst ist oder Angst hat, das Pumpen für sie negativ belastet ist, dann wird es schwieriger", so die Stillberaterin. Sie gibt folgenden Tipp: "Manchmal genügt es bereits, die Flasche abzudecken, um seinen Kopf frei zu bekommen, um nicht dauernd argwöhnisch die Milchmenge zu beobachten. Wenn es möglich ist, dann kann man auch den Partner miteinbeziehen. Eine kleine Nackenmassage zum Beispiel kann schon Wunder bewirken."
Wenn das Pumpen schmerzt, dann stimmt etwas nicht
Besonders problematisch wird es für die frischgebackenen Mütter, wenn sie sich gegen ihre Umwelt durchsetzen müssen. Zum Beispiel, weil das Baby noch nicht die richtige Saugtechnik entwickelt hat, die Milch nicht in Gang kommt und der Mann lieber zufüttern möchte. "Wir sehen das häufig, dass Frauen in solchen Situationen weit über ihre Grenzen hinausgehen. Vor allem, wenn sie nicht fachgerecht beraten wurden, wird es schwierig. Umso wichtiger ist es, sich dann professionelle Hilfe in Form einer Stillberaterin zu holen."
Das Abpumpen sollte auf keinen Fall Schmerzen verursachen. "Viele Mütter machen dann trotzdem weiter, ertragen Unglaubliches, weil sie denken, das müsse so sein und sei ja fürs Kind." Verletzungen durch nicht gut passende Brusthauben, Risse in der Brustwarze, selbst innere Verletzungen sind möglich. "Wenn es in irgendeiner Form weh tut, dann stimmt etwas nicht, dann sollte man sich unbedingt Hilfe holen", sagt Glaß.
Entscheidungen trifft man am besten gut informiert
Wie beim Stillen braucht es beim Abpumpen das richtige Umfeld. Den Körper einfach an eine Maschine anschließen und Milch abzapfen – ganz so leicht funktioniert es bei uns Frauen nicht. Die Psyche spielt eine entscheidende Rolle. Auch das Baby braucht seine Zeit, bis es sich daran gewöhnt hat, dass die Milch nicht auf dem üblichen Weg in seinen Mund kommt.
Auch wenn viele Frauen die Erfahrung gemacht haben, dass der Wechsel von Flasche und Brust ganz komplikationslos verlief: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät davon ab, die abgepumpte Milch mithilfe eines Saugers zuzufüttern. Eine Saugirritation könnte die Folge sein.
Der BDL empfiehlt stillfreundliche Zufüttermethoden wie Löffel und Becher. Für Frauen, die sehr häufig abpumpen und zufüttern möchten oder müssen, gibt es die Möglichkeit, die Milch an der Brust direkt über einen Schlauch in den Mund des Babys fließen zu lassen. "Es gibt zahlreiche Lösungen. Wichtig ist, dass die Eltern gut informiert und beraten werden, um dann ihre eigene Entscheidung zu treffen", betont Glaß.
Zusätzlich komme es noch auf das Alter des Babys und die Situation an. Es ist ein Unterschied, ob man von einem Frühchen beziehungsweise einem kranken Kind spricht oder von einem Baby, das bereits seit Monaten erfolgreich gestillt wird und dem lediglich ein vergnüglicher Abend mit der Oma bevorsteht.
Die Nachfrage bestimmt das Angebot
Wer nur ab und zu einmal abpumpen möchte, zum Beispiel um ausgehen zu können, für den ist eine Handpumpe optimal. Wenn man aber regelmäßig und viel abpumpen muss, etwa beim Wiedereinstieg in den Job, dann lohnt sich eine elektrische Milchpumpe, die man in Apotheken mieten kann und die in bestimmten Fällen auch die Kasse bezahlt.
Wer kein Doppelpumpset benutzt, sollte regelmäßig die Seite wechseln, ähnlich wie beim Stillen. Ob man zwischen den Stillmahlzeiten des Babys abpumpt oder direkt im Anschluss an das Stillen, das kann man selbst entscheiden. Dem Baby nimmt man so oder so nichts weg. Auch wenn es sich so anfühlt: Wirklich leer ist eine stillende Brust nie. "Aber es hängt von Angebot und Nachfrage ab. Deswegen kann man auch pumpen, um die Milchbildung für ein saugschwaches Kind anzuregen. Der Körper merkt so, dass mehr gebraucht wird und produziert entsprechend mehr. Diese Milch kann man dann dem Baby verfüttern."
Mikrowelle tötet lebende Zellen
Abgepumpte Milch kann man ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren. Allerdings bei der richtigen Temperatur und nicht in der Tür, sondern im Kühlschrank selbst. Ein Thema, das ebenfalls anhand der im Haushalt vorgegebenen Möglichkeiten mit der Stillberaterin oder auch der Hebamme bei der Nachsorge besprochen werden kann.
Tiefgefroren hält sich Muttermilch sogar monatelang. Sie kann dann in einem Wasserbad oder unter fließend warmem Wasser wieder aufgetaut werden. Allerdings ist es vorteilhaft, sie zeitnah aufzubrauchen, da sie vom Gehalt her immer genau den entwicklungsbedingten Anforderungen des Babys entspricht. Für die Aufbewahrung gibt es spezielle sterilisierte Beutel oder zur Pumpe passende Fläschchen. Wichtig ist es, auf dem Behälter das Abpumpdatum zu notieren.
Muttermilch als edler Badezusatz
Kleinere Mengen abgepumpter Milch kann man innerhalb eines Tages auch zusammenschütten, sogar frische zu tiefgefrorener hinzugeben.
Was man aber nie machen sollte, ist Muttermilch in der Mikrowelle zu erhitzen, warnt Glaß. "In der Muttermilch sind lebende Zellen und die werden genau wie die Vitamine bei zu großer Hitze zerstört." Milch, die als Nahrung nicht mehr gebraucht wird, kann man übrigens auch anderweitig sinnvoll verwerten: Muttermilch eignet sich ganz prima bei kleineren Verletzungen, als Nasentropfen für das Baby, wenn es erkältet ist, oder als Badezusatz für den Säugling.
Die Milch hat immer den gleichen Alkoholgehalt wie das Blut
Für werdende Mütter muss Alkohol tabu sein. Bei Stillenden dagegen kann es kleine Ausnahmen geben. "Gelegentlicher, geringer Konsum - etwa ein halbes Glas Sekt bei Feierlichkeiten - ist erlaubt und kein Stillhindernis. Da muss man auch für ein reifes gesundes Kind keine Pause machen." Sollte man aber mehr trinken wollen, darf man das Baby erst dann wieder stillen, wenn man sich ganz nüchtern fühlt.
Es ist also sinnvoll, im Vorfeld einen kleinen Milchvorrat für den Säugling anzuschaffen. Es hat aber wenig Sinn, vermeintlich alkoholisierte Milch abzupumpen und wegzuschütten. "Die Milch hat immer den Promillegehalt, den das Blut hat“, sagt die Stillberaterin. Man kann den Körper also nicht reinigen, indem man alkoholisierte Milch aus ihm herauspumpt. Wenn der Druck auf die Brust jedoch zu groß ist, ist es hilfreich, sich über die Pumpe zu entlasten und diese Milch wegzukippen.
Lieber ein bisschen mehr Muttermilch bereithalten
Auch wenn es Richtlinien für Trinkmengen je nach Alter gibt: Für Eltern ist es sehr schwer abzuschätzen, ob die abgepumpte Menge auch ausreichend ist. "Das ist in der Tat unterschiedlich, hängt von Faktoren wie dem Alter des Kindes oder dem Wetter ab", sagt Glaß.
Wenn man seinen ersten Tag oder Abend außer Haus verbringen möchte, dann sollte man sowieso vorher zwei- oder dreimal üben und immer reichlich abgepumpte Milch für den Babysitter im Haus haben. In dem Wissen, dass auf jeden Fall genug Muttermilch da ist, kann man die Zeit ohne Baby auch ganz entspannt genießen.