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Brems-Assistent für Kinderwagen


Kinderwagen
Bremsassistent - Revolution für den Kinderwagen

Legen Sie Ihr Handy unbeaufsichtigt auf die Straße? Lassen Sie Ihr Auto unversperrt auf dem Parkplatz stehen? Stellen Sie Ihr neues Rad ohne Schloss am Bahnhof ab? Sicherlich nicht! Aber der neue schicke Kinderwagen? Der steht - natürlich ohne Baby - im zugänglichen Hausflur, vor der Arztpraxis, vor dem Bäcker. Und immer öfter werden die schicken Modelle geklaut. Studierende der Technischen Universität Darmstadt haben jetzt ein nachrüstbares Sicherheitssystem für Kinderwagen entwickelt, das den Wagen bei unerwünschten Bewegungen automatisch zum Stehen bringt. Zudem kann das System der Elektro- und Informationstechniker als Geschwindigkeitsbegrenzer und Diebstahlschutz eingesetzt werden.

23.11.2012|Lesedauer: 4 Min.
t-online, mmh
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Alptraum für Eltern: Kinderwagen rollt weg

Das unbemerkte Wegrollen eines Kinderwagens gehört wohl zu den Alptraum-Vorstellungen der meisten Eltern. Damit Kinderwagen künftig auch bei gelöster Handbremse nicht mehr wegrollen können, haben die Studierenden Ye Ji Park, Simone Rudolph, Johanes Bilz und Tobias Fritzsche vom Fachbereich Elektro- und Informationstechnik der TU Darmstadt ein nachrüstbares Sicherheitssystem entwickelt. Das elektronische Bremssystem überwacht zuverlässig die Fahrsituationen des Kinderwagens und schreitet bei potentiell gefährlichen Situationen automatisch ein.

Die "stolzen Eltern" des Kinderwagen-Bremsassistenten: Simone Rudolph, Tobias Fritzsche, Ye Ji Park, Johannes Bilz (v.l.n.r.) Innovative Studenten der TU-Darmstadt.Vergrößern des Bildes
Die "stolzen Eltern" des Kinderwagen-Bremsassistenten: Simone Rudolph, Tobias Fritzsche, Ye Ji Park, Johannes Bilz (v.l.n.r.) Innovative Studenten der TU-Darmstadt. (Quelle: TU Darmstadt)

Fahrverhalten wird erfasst

Damit das Bremssystem sowohl intuitiv und einfach zu bedienen ist als auch die alltägliche Benutzung nicht einschränkt, bewertet die Elektronik ständig die aktuelle Fahrsituation: Das System überwacht die Geschwindigkeit des Wagens und prüft, ob in der Nähe des Griffs eine Person erkannt wird. Der Kinderwagen wird automatisch gestoppt, sobald sich für einen bestimmten Zeitraum keine Person in Griffnähe befindet und der Wagen sich trotzdem in einer gewissen Geschwindigkeit bewegt. "Der Bremsimpuls ist abhängig von der Geschwindigkeit des Wagens und dem Zeitraum, in dem der Griff nicht berührt wird. So vermeiden wir beispielsweise Unfälle, bei denen der Kinderwagen aus dem Stand ins Rollen kommt. Gleichzeitig bleibt es weiterhin möglich, dem Kinderwagen etwas Schwung zu geben, die Hände kurz von den Griffen zu lösen und den Wagen ein Stück des Weges allein rollen zu lassen", erklärt Fritzsche, der im achten Semester Elektro- und Informationstechnik am Institut für Elektromechanische Konstruktionen studiert.

Darüber hinaus lässt sich das Sicherheitssystem als Geschwindigkeitsbegrenzer einsetzen. Dank der einstellbaren Höchstgeschwindigkeit wird der Kinderwagen nie zu schnell und lässt sich auch bergab stets sicher und komfortabel bewegen. Komplettiert wird das nachrüstbare Sicherheitssystem durch ein optionales Bluetooth-Modul als Diebstahlschutz: Mit dem Modul lässt sich der Kinderwagen nur dann bewegen, wenn sich ein weiteres autorisiertes Bluetooth-Gerät, etwa ein Smartphone der Besitzer, in der Nähe des Kinderwagens befindet - versuchen andere Personen den Wagen zu bewegen, bleiben die Reifen blockiert.

Trauriges Schock-Video gab Impuls

Ausschlag für die Entwicklung war ein schreckliches Video, das die jungen Erfinder gesehen hatten: Ein Kinderwagen mit Baby darin rollt auf Gleise und wird vom Zug erfasst. "Wir haben uns gefragt: Wie kann man einen Kinderwagen sicher machen, damit so etwas gar nicht passieren kann", beschreibt Tobias Fritzsche die Entstehungsgeschichte. "So viele Geräte haben digitale und elektronische Hilfsmittel, warum nicht auch ein Kinderwagen". Man kann zwar viel mit mechanischen Mitteln erreichen, aber noch besser wäre ein intuitives System dachten sich die Forscher. Der Grundstein für die Erfindung war gelegt.

Es hat ihnen auch sichtlich Spaß gemacht, mit ihrem Prototyp erste Ausfahrten zu unternehmen und die amüsierten und erstaunten Blicke der Passanten auf sich zu ziehen, die sich über den Laptop im Harthan-Kinderwagen wunderten. Den benötigten sie zu Messungen, um die Daten wie Gewicht und Beschleunigung zu erfassen. Der Computer wurde später durch eine Babypuppe ersetzt.

Das System gibt Sicherheit

"Ich bin zwar selbst kein Vater", räumt Fritzsche ein, "aber ich habe bei unseren Versuchen gemerkt, dass es schon sehr angenehm ist, den Kinderwagen in der Stadt oder beim Einkaufen einfach loslassen zu können, ohne Angst zu haben, das Baby ist gleich weg."

Auf dem Weg zur Serienreife

Ziel der Entwickler ist natürlich, dass das Sicherungssystem in Serie geht. Erste Gespräche laufen: Wird es ein Serienprodukt, dann wird es noch optimiert. Der Kostenpunkt würde sich um die 140 Euro bewegen sowie zusätzlich rund 40 Euro für das optionale Bluetooth-Modul. "Bei dem, was ein hochwertiger Kinderwagen kostet, ist das dann auch gar nicht mehr so viel", meint Fritzsche.

Gespräche mit Kinderwagenherstellern

Einem ersten renommierten Kinderwagenhersteller haben die Studierenden ihre Entwicklung bereits vorgestellt und planen nun weitere Gespräche.

Und die Angst vor Strahlenbelastung durch Bluetooth & Co entkräftet er auch: "Das Handy ist ja schließlich auch in der Tasche von Mama und Papa. Das Element ist ja nicht in Kopfnähe angebracht."

Erster Platz beim COSIMA-Wettbewerb

Mit ihrem nachrüstbaren Sicherheitssystem erreichten die 22- bis 24-jährigen Studierenden zudem den ersten Platz beim bundesweiten COSIMA-Wettbewerb. COSIMA (Competition of Students in Microsystems Applications) ist ein Wettbewerb für Studierende, um Einsatzmöglichkeiten von Mikrosystemen in verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens zu finden. Träger sind der Verband für Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit ihrem Erfolg qualifizierten sich die TU-Studierenden für die Teilnahme am iCAN-(International Contest of Applications in Nano/Micro Technology) Wettbewerb 2013 in Barcelona.

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