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Rezepte für rohes, pures Fleisch


Fleischeslust
Echter Genuss: rohes, pures Fleisch

Grillen? Braten? Nicht doch. Rohes Fleisch und roher Fisch schmecken ausgezeichnet - etwa als Carpaccio und Tatar. Wir zeigen, welche Fleisch- und Fischsorten sich eignen, worauf es beim Zubereiten ankommt und was am besten schmeckt.

23.02.2017|Lesedauer: 4 Min.
Uwe Kauss
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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Küche von einer der wichtigsten Erfindungen unserer Zivilisation verwandelt: Dem Kühlschrank. Zuvor ließen sich schnell verderbliche Lebensmittel wie roher Fisch und rohes Fleisch höchstens für kurze Zeit im Eiskeller lagern – den besaßen aber nur Adlige mit Schloss und Vorratshaltung. Plötzlich war alles anders: Der mit Strom betriebene Kühlschrank machte neue Zubereitungen und Rezepte möglich. So schuf der französische Meisterkoch Auguste Escoffier in seinem 1921 erschienenen Kochbuch "Guide culinaire" ein Gericht, das Männer bis heute lieben: Das "Beefsteack à la Tartare".

Carpaccio ist ein Klassiker bei den Gerichten aus rohem Fleisch.Vergrößern des Bildes
Carpaccio ist ein Klassiker bei den Gerichten aus rohem Fleisch. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Erstmals wurde bestes rohes, sehr fein geschnittenes Rindfleisch mit einer frisch gerührten Mayonnaise aus rohem Eigelb und Öl, Essig, Gurken, Cayennepfeffer, Senf, Schnittlauch, Kräuteressig, Rahmquark und Zitrone serviert.

Besser mit dem Messer hacken

Auch wenn inzwischen Universalmixer die Arbeit in der Küche leicht machen, ist dafür auch heute die Handarbeit zu empfehlen: Mit einem sehr scharfen, großen Messer wird die Rinderhüfte aus dem Originalrezept – oder, wer es noch zarter mag, das Rumpsteak oder Roastbeef – erst gewürfelt und danach so lange gehackt, bis eine feine Struktur entstanden ist. Zunächst werden Sehnen, Hautreste und Adern entfernt, bis das Stück durchgehend rot gefärbt ist. Es wird grob gewürfelt und die Stücke in dünne Scheiben geschnitten. Die zerteilt man in dünne Streifen und danach, ganz nach Geschmack, in feinste Schnitte mit drei bis fünf Millimetern Länge. Je grober sie bleiben, umso mehr Biss bleibt erhalten. Je feiner man sie schneidet, umso mehr Schmelz entwickelt sich im Gaumen.

Fleisch wird als Steak geformt

Das Fleisch wird nur mit Meersalz und aromatischem Pfeffer gewürzt, in Gestalt eines Steaks geformt und auf einen Teller gegeben. Die cremige "Sauce à la Tartare" kommt nicht auf das Fleisch, sondern wird daneben positioniert. Dazu reicht man warmes Toastbrot mit Butter und feinen Rotwein. Der benötigt eine kräftiges Tanningerüst, um nicht von den intensiven Aromen abgeräumt zu werden. Italienischer Chianti Classico passt ebenso gut wie Brunello, Châteauneuf-du-Pape oder Bordeaux etwa aus dem Pauillac oder aus St. Julien.

Das Rezept heißt hier schon lange einfach "Tatar" und hat sich dem Zeitgeist angepasst: Statt Mayonnaise wird pures Eigelb mit dem zerteilten Fleisch vermengt. Die würzenden Zutaten kommen in kleinen Schalen auf den Tisch – etwa Kapern, Anchovis, rote Zwiebeln, Cremè Fraiche, Cognac, Senf, Cornichons, grüne Kräuter, Worcestershiresauce, Speck, Ingwer, Paprikapulver oder verschiedene Pfeffersorten.

Tatar ist relativ kalorienarm

Pro Person lassen sich als Hauptessen etwa 250 Gramm Fleisch rechnen. Übrigens ist Tatar im Vergleich relativ kalorienarm: 100 Gramm davon enthalten keine Kohlenhydrate und drei Gramm Fett. Das ergibt rund 140 Kalorien. Die selbe Menge Bratwurst kommt durchschnittlich auf 240 Kalorien und 18 Gramm Fett.

Das Traditionsrezept von Escoffier lässt sich übrigens auch mit rohem Fisch anrichten: Hier eignen sich Lachs, ohne Budgetgrenze auch roter Thunfisch, Goldbrasse ohne Haut oder sogar Jakobsmuscheln. Zum Feinschneiden, ohne den Fisch zu zerstören, empfiehlt es sich, ihn etwa 30 Minuten in der Tiefkühltruhe anzufrieren. So lassen sich gut dünne Schnitte setzen. Neben Champagner eignen sich als Begleitung nicht zu säurebetonte Weißweine wie Chablis, Chardonnay aus Deutschland, weißer Burgunder oder weißer Bordeaux.

Bei rohen Produkten besonders auf Hygiene achten

Doch Vorsicht: Wer Fleisch und Fisch roh zubereitet, braucht vor allem eins: Höchste Hygiene. Beides verdirbt sehr schnell und infiziert sich mit Salmonellen und anderen gefährlichen Keimen, die sonst beim Braten abgetötet werden. Unsere Tipps: Nur beim Metzger oder Fischhändler des Vertrauens einkaufen, die Ware in einer Kühltasche bei etwa zwei Grad transportieren und von dort direkt ins Null-Grad-Fach des Kühlschranks packen. Dabei kommt die Rohware in separate, abgedeckte Schüsseln aus Glas oder Keramik. Sie sollte noch am selben Tag verarbeitet werden. Beim Schneiden und Zubereiten dürfen Fleisch und Fisch keinen Kontakt zu anderen Lebensmitteln haben, direkt danach werden sämtliche Messer und Bretter sehr heiß gespült. Hygiene-Experten empfehlen, Kunststoff-Schneidbretter zu verwenden und sie später in der Spülmaschine bei 60 Grad zu reinigen. Vor und dach dem Schneiden intensiv die Hände waschen, bevor's mit dem Zubereiten weiter geht.

Rezept: Carpaccio richtig zubereiten

Die venezianische Küche der Nachkriegszeit hat Escoffiers Rezept zu einem zweiten Klassiker des rohen Fleisches verwandelt, der ebenfalls weltberühmt geworden ist: das Carpaccio. Geschaffen hat das Gericht aus roher Rinderlende der Gastronom Giuseppe Cipriani, der "Harry's Bar" betrieb. Einer wohlhabenden Stammkundin verbot ein Arzt, gegartes Fleisch zu essen. Also ließ sich Cipriani im Jahr 1950 eine Alternative einfallen. Dazu verwendete er Rinderfilet, das zunächst in Klarsichtfolie gewickelt und im Tiefkühler eine Stunde lang angefroren wird. Mit einem sehr scharfen Messer schneidet man es danach in hauchfeine Scheiben.

Mit dem Nudelholz lassen sich die Scheiben noch etwas dünner walzen. Die Filetscheiben stellt man im Kühlschrank eine kurze Zeit kalt und produziert in der Zwischenzeit die Sauce, die bei Cipriani wie das französische Original aus einer Mayonnaise-Variante besteht – hier allerdings mit Ei, Olivenöl, Weißweinessig, Senfpulver, Worcestershire-Sauce, Pfeffer, Salz und Milch. Sie wird in sehr dickflüssiger Konsistenz auf den Teller gegeben.

Carpaccio muss schnell zubereitet werden

Heute kommt die feine Würze des Klassikers allerdings von mildem Olivenöl, Zitrone, einer leichten Vinaigrette, gereiftem Parmesan und gerne auch gehobelten Trüffeln und Rucola. Mit dem Namen des Gerichts will Cipriani übrigens an den Maler Vittore Carpaccio erinnern. Der berühmte venezianische Maler, der zur Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert lebte, war schon damals für seine leuchtend rot-weißen Farbkompositionen berühmt.

Wer es zubereitet, muss schnell arbeiten: Laut Cipriani darf das Gericht maximal zehn Minuten vor dem Servieren zubereitet werden. Denn die Oberfläche des Fleisches dürfe keinesfalls auch nur den feinsten Hauch des Antrocknens spüren lassen. Nur dann schmeckt es so gut, wie pures Fleisch nur schmecken kann.

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