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Kommentar: Warum mich der Internationale Frauentag nervt


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Schwammiges "Wir"-Gefühl
Warum mich der Internationale Frauentag nervt

MeinungEin Kommentar von Ariana Zustra

Aktualisiert am 08.03.2018Lesedauer: 3 Min.
Frauen Arm in ArmVergrößern des Bildes
Arm in Arm: Muss man sich als Frau mit allen Frauen verbunden fühlen, nur weil man dasselbe Geschlecht teilt? Das fragt sich unsere Autorin. (Quelle: santypan/getty-images-bilder)
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Dem Internationalen Frauentag verdanken wir revolutionäre gesellschaftliche Errungenschaften. Doch er wirft Frauen weltweit in einen Topf, findet Ariana Zustra.

"Boah, nervt mich der Frauentag schon jetzt", seufze ich im Büro. Der Kollege neben mir hört augenblicklich auf zu tippen und dreht sich zu mir: "Hä, was? Ausgerechnet dich? Du bist doch sonst so aufgeklärt." Ja, ausgerechnet mich.

Es ist schon nervig genug, dass im Jahr 2018 noch darauf hingewiesen werden muss, dass Frauen und Männer gleichwertige Wesen sind und auch so behandelt werden sollten. Der Internationale Frauentag aber wirft alle Frauen weltweit in einen Topf und unterstellt ein Gemeinsamkeitsgefühl, nur weil sie vergleichbare Geschlechtsmerkmale aufweisen.

Frauen trennt oft mehr, als sie verbindet

Am 8. März wird ein "Wir"-Gefühl beschworen – und offenbar von mir erwartet. Was bedeutet "Wir" denn? "Wir" ist nämlich eine völlig heterogene Schar; ein schwammiger, politisch aufgeladener Begriff. Frauen in anderen Ländern stehen vor anderen Problemen und Herausforderungen als ich, die politisch gelöst werden müssen – mich mit ihnen an einem Tag zusammengefasst zu wissen, nur weil wir dasselbe Geschlecht teilen, empfinde ich ihnen gegenüber als unpassend. Mit meinem Kollegen beispielsweise habe ich mehr gemeinsam, als mit, sagen wir, einer Immobilienmaklerin aus Usbekistan. Und das, obwohl er – Achtung – einen Penis hat!

Es gibt etwa 3,7 Milliarden Frauen auf der Welt (und ich kenne nicht alle davon persönlich). Ich möchte nicht mit all diesen fremden Frauen in eine Schublade gesteckt werden. "Wir Frauen müssen zusammenhalten!", lautet ein Slogan. Man kann ihn bevormundend verstehen. Denn mich mit Frauen nur aus dem Grund zusammenzutun, weil es Frauen sind, bricht sie auf ihr Geschlecht herunter.

Solidarisierung – unabhängig vom Geschlecht!

Ich hingegen möchte mich mit Menschen solidarisieren, die gute Werte haben, ein großes Herz – unabhängig davon, ob sie weiblich oder männlich oder beides sind oder irgendetwas dazwischen. Es gibt Frauen, die fantastisch sind, es gibt Frauen, die Arschlöcher sind. Keine davon sollte strukturell unterdrückt und benachteiligt werden. Unabhängig davon wünsche ich mir, man würde jeden Menschen nur nach seinem Charakter bewerten – so realitätsfern und idealistisch das klingen mag.

Mir ist klar: Der Internationale Frauentag ist aus der Not geboren. Er ist eine Antwort auf sexistische Umstände. Aber er reduziert zunächst einmal auf das Geschlecht. Ähnlich verhält es sich mit der Frauenquote, die die männliche Dominanz in Führungspositionen aufbrechen soll – dafür aber positive Diskriminierung benutzt. Manchmal kommentiert jemand mit großen Augen: "Guck mal! In diesem Unternehmen ist eine Frau Chefin!" Ich denke dann meistens: "Ja…und? Wichtiger ist mir: Ist die Person kompetent, fair, eine Führungspersönlichkeit?" Auch wenn außer Frage steht, dass in manchen männerdominierten Branchen aus der Steinzeit diese Maßnahme der wohl einzige Weg ist, diese jahrhundertelange, strukturelle Schieflage auszugleichen.

Der Frauentag ist noch immer nötig – leider

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Sexismus, sexuelle Gewalt gegen Frauen, Lohnungleichheit – das alles ist Alltag, und das ist furchtbar. Es ist unser aller Aufgabe, dass diese Themen so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören. Falls es dazu den Frauentag braucht – dann ist es wohl so. Er ist von historischer Tragweite. Frauen haben beispielsweise so das Frauenwahlrecht ermöglicht. Dass ich in der privilegierten Position bin, diesen Kommentar schreiben zu dürfen, habe ich auch ihm zu verdanken. Was mich am Internationalen Frauentag aber am meisten nervt: dass wir ihn noch brauchen. Am heutigen Tag bekommen sämtliche Debatten über Missstände ihre 24 Stunden Ruhm – und sind morgen schnell wieder vergessen.

In vielen Ländern der Welt sind Frauen nicht gleichberechtigt, sondern unterdrückt. Das schmerzt. Aber nicht, weil es explizit Frauen sind, sondern weil ich mir eine Welt wünschen würde, in der keine Menschengruppe benachteiligt wird. Jede diskriminierte Gruppe, seien es Menschen mit Behinderung, psychischen Erkrankungen, seien es Analphabeten oder Obdachlose, seien es ehemalige Strafgefangene oder Geflüchtete, sollte "ihren" Tag haben – und er sollte jeden Tag sein.

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