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Algen: In Florida stinkt es zum Himmel


Algenplage
An Floridas Stränden stinkt es zum Himmel

dpa, Gabriele Chwallek

Aktualisiert am 03.07.2016Lesedauer: 3 Min.
Die Algenplage macht das Baden an den südlichen Stränden Floridas derzeit unmöglich.Vergrößern des Bildes
Die Algenplage macht das Baden an den südlichen Stränden Floridas derzeit unmöglich. (Quelle: dpa-bilder)
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Ein dicker, grüner Algenschleim bedeckt das Wasser, es riecht nach Kuhdung: An den Stränden im Süden Floridas ist das Baden derzeit verboten. In drei Bezirken hat der Gouverneur den Notstand ausgerufen. Ursache sind Wasserableitungen aus Floridas größtem, völlig verschmutzten Binnensee.

Das Städtchen Stuart im Süden Floridas ist dieses Jahr zur "glücklichsten Küstenstadt" der USA gekürt worden. Aber glücklich ist hier zurzeit kaum jemand. Denn auf die sonst so schönen Atlantikstrände und Ufer des St.-Lucie-Flusses, der bei Stuart ins Meer mündet, schwappt eine giftige grünblaue Algenbrühe, bis zu zweieinhalb Zentimeter dick.

Es stinkt so ranzig, "dass man eine Gasmaske braucht"

Und es stinkt, nach Kuhdung, sagen die einen, ranzig, beschreiben es die anderen - aber jedenfalls so erbärmlich, "dass man praktisch eine Gasmaske braucht", wie Mark Perry schildert.

Perry ist der Direktor der Gesellschaft für Meereskunde in Stuart und hat in seinen mehr als 30 Jahren im Geschäft "so etwas noch nie erlebt". Algenblüten kämen in der Sommerwärme immer mal wieder vor, sagte er der Deutschen Presse-Agentur, "aber das hier ist wirklich sehr schlimm". Nicht nur in Stuart.

Schilder warnen vor der giftigen Brühe

Das Algenproblem hat sich in den vergangenen Tagen im Süden Floridas so stark ausgebreitet, dass Gouverneur Rick Scott in drei Bezirken - Martin, St. Lucie und Palm Beach am Atlantik sowie in Lee County an der Golfküste - den Notstand ausgerufen hat.

Mehrere Strände sind gesperrt, an Flussmündungen stehen Schilder, die davor warnen, mit der giftigen Brühe in Berührung zu kommen - und das ausgerechnet zum amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli mit einem verlängerten Wochenende. Da sind die Strände sonst proppenvoll.

Auch die Tiere leiden

Stuart und die Umgebung trifft es besonders hart. Die Stadt lebt "100-prozentig vom Tourismus", wie Jordan Schwartz schildert. Er ist Besitzer eines Surfladens und sagte dem Sender CNN, dass er weinen könnte, wenn er den grünen Schleim sieht. "Du gehst an den Strand, es ist der Höhepunkt des Sommers, und alles ist leer - die Strände, die Restaurants, die Hotels."

Auch die Tiere leiden. Das Flussmündungsgebiet von Stuart weist eine selten große Vielfalt auf, mit Arten aus gemäßigten und tropischen Klimazonen, wie Biologe Vincent Incomio von der Gesellschaft für Meereskunde erläutert. Er befürchtet, dass viele Tiere sterben könnten: "Ich glaube, wir sind erst am Anfang."

Verschmutztes Wasser aus dem Binnensee eingeleitet

Hinter der schlimmen Algenplage stecken Probleme, "die das moderne Florida definieren", wie es die "New York Times" formuliert. Die Zeitung spricht von einem Konflikt zwischen Umweltschutz, Besiedlung und agrarwirtschaftlichen Interessen, gepaart mit Versagen des Staates. Experte Perry hat eine andere Bezeichnung dafür: "Es ist ein von Menschen verschuldetes kriminelles Desaster."

Stuart liegt etwa 60 Kilometer vom Lake Okeechobee entfernt, Floridas größtem Binnensee. Der aber ist verschmutzt mit landwirtschaftlichen Abfallprodukten und verfügt über ein schon fast 80 Jahre altes Dammsystem.

Zucker-Anbaugebiete werden verschont

Um nahe gelegene Städte vor neuen Überflutungen zu schützen, wird regelmäßig Wasser aus dem See abgeleitet, in Richtung Osten, also zum Atlantik, und Richtung Westen. Aber nicht gen Süden, hin zu den Everglades, wohin das Wasser naturgemäß fließen würde und wo der schädliche Schmutz darin - hauptsächlich Nitrate - abgebaut würde. Denn südlich des Sees liegen lukrative Zucker-Anbaugebiete. Just in diesem Jahr gab es der "New York Times" zufolge eine Rekordernte.

Nach einem früheren Beschluss sollte der Staat der Zuckerindustrie mehrere Hundert Quadratkilometer Land abkaufen, damit das Wasser dorthin abfließen kann, aber er tat es nicht. Dafür bereitgestelltes Geld gab er für andere Zwecke aus. Für Perry und viele andere Kritiker ist klar, dass neben insgesamt knappen Kassen politische Erwägungen eine Rolle spielen. Die Zuckerindustrie in Florida ist mächtig, spielt auch bei Wahlen eine gewichtige Rolle.

Algenblüte beginnt schon auf dem See

So gelangt denn das Wasser mit den Schadstoffen aus dem See in das Flusssystem der drei Bezirke an der Atlantikküste und begünstigt die Algenbildung. Besonders schlimm wird es dann, wenn es schon auf dem See Algenblüte gibt, die dann mitgeschwemmt wird - wie dieses Jahr. Perry nennt es ein "absolutes Verbrechen, dass das im Namen der Landwirtschaft erlaubt wird".

Marisa und Duncan Baskin haben sich vor zwei Jahren nahe dem St.-Lucie-Fluss ein Haus gekauft. Jetzt denken sie der "New York Times" zufolge daran wegzuziehen. Wo sie sonst Kinder spielen sehen, ist es leer - und stinkt zum Himmel.

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