Betrieb bis 2023? Bericht: Deutsche AKWs könnten noch länger am Netz bleiben
Können die deutschen Kraftwerke noch länger laufen? Angeblich soll der derzeitige Stresstest zu diesem Ergebnis kommen. Doch ein Ministerium dementiert.
Die deutschen Atomkraftwerke können angeblich auch noch 2023 am Netz bleiben. Das berichtet der "Spiegel". Demnach habe das zuständige Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck den aktuellen Stresstest so verändert, dass der Test zu dem Ergebnis kommen könnte, dass ein Weiterbetrieb sinnvoll sei. Habeck bestätigte den Bericht auf einer Pressekonferenz am Dienstagabend nicht. Er bitte "noch ein bisschen um Geduld", bis die endgültigen Ergebnisse des Tests vorliegen, sagte Habeck in Meseberg, wo derzeit die Kabinettsklausur der Bundesregierung stattfindet. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll das Ergebnis Anfang September vorliegen.
Laut dem Bericht arbeite das Wirtschaftsministerium an einem Gesetzentwurf, der einen Weiterbetrieb rechtlich sichern könnte. Derzeit ist gesetzlich geregelt, dass Ende 2022 die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke vom Netz gehen sollen.
Auch Ministerium dementiert
Die drei Betreiber der Kraftwerke sollen Anfang des Monats dem Ministerium mitgeteilt haben, wie lange ein Betrieb noch möglich ist. Demnach könne das AKW in Lingen mit 70 Prozent Leistung noch bis April laufen, gleiches gelte für Neckarwestheim. Die Brennstäbe im bayerischen AKW Isar 2 sollen noch bis Juni reichen.
Auch Ministeriumssprecher dementierte die Informationen des "Spiegel". Der Bericht sei "Quatsch", "die Behauptungen stimmen nicht und gehen von einem Fehlverständnis aus", erklärte eine Ministeriumssprecherin am Dienstagabend. "Eine solche Berechnung gibt es nicht."
Es sei auch kein Szenario berechnet worden mit dem Ziel, den Weg für einen etwaigen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu ebnen, teilte die Ministeriumssprecherin weiter mit. Vielmehr würden "verschiedene Szenarien gerechnet, die eine unterschiedliche Intensität der Stress-Faktoren annehmen". Alle würden dann "transparent veröffentlicht, sobald der Stresstest beendet" sei.
Skepsis bei festem Gaspreisdeckel
Zu einem festen Gaspreisdeckel äußerte sich Habeck in Meseberg kritisch. "Es gibt erheblich Probleme zu lösen, wenn man einen festen, starren Deckel nimmt", teilte der Vizekanzler mit. "Gleichwohl gibt es die Möglichkeit, die Gaspreise zu beeinflussen durch klugen, strukturiertes Einkaufsverhalten", fügte der Grünen-Politiker hinzu, ohne Details zu nennen. Darüber werde beim EU-Energieministerrat am 9. September gesprochen.
Zur Vorbereitung dieser Gespräche habe er den Kontakt zu seinen europäischen Kollegen gesucht, fügte Habeck auf die Frage nach Berichten hinzu, dass er sich gegenüber den EU-Energieministern offen für einen Gaspreisdeckel geäußert habe. Habeck wies darauf hin, dass es bereits eine Entspannung auf dem Gasmarkt gebe. Die hohen Preise von 300 bis 350 Euro pro Megawatt seien am Wochenende deutlich gesunken. "Die Preise haben deutlich nachgegeben." Wie zuvor Kanzler Olaf Scholz sagte der Vize-Kanzler, dass sich die Versorgungssicherheit in Deutschland durch die Füllung der Gasspeicher und die Planung von LNG-Terminals bereits deutlich verbessert habe.
- spiegel.de: "Atomkraftwerke könnten auch 2023 noch am Netz bleiben" (kostenpflichtig)
- Nachrichtenagentur Reuters