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Klimawandel: Nordeuropas "Heizung" könnte früher als gedacht ausfallen


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Video erklärt drastische Folgen für Deutschland
Kipppunkt bald erreicht? Temperatursturz droht


13.02.2024Lesedauer: 1 Min.
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Drastische Folgen fürs Klima: So gefährlich ist ein Zusammenbruch. (Quelle: t-online)
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Eine neue Studie legt nahe, dass das Strömungssystem im Atlantik früher als gedacht kollabieren könnte. Dies hätte deutliche Auswirkungen auf unser Klima.

Ein System von Meeresströmungen durchzieht den gesamten Atlantik und ist maßgeblich für unser mildes Klima in Nordeuropa verantwortlich. Doch dieses System gerät durch die globale Erwärmung und Eisschmelze immer mehr aus dem Gleichgewicht.

Eine neue Studie aus den Niederlanden zeigt nun: Der Kipppunkt der Atlantikströmung könnte zeitlich deutlich näher liegen als bisher gedacht. Die "Heizung" Nordeuropas könnte schon in diesem Jahrhundert deutlich an Kraft verlieren.

Ein Zusammenbruch des Strömungssystems hätte drastische Folgen für das Klima – auch in Deutschland. Experten befürchten einen Temperatursturz von bis zu 30 Grad. "Das würde das bekannte Klimasystem völlig durcheinanderbringen", erklärt Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

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Droht das Ende des milden Klimas in Europa schon früher als gedacht? Eine neue Studie aus den Niederlanden legt nahe, dass sich ein wichtiges Strömungssystem im Atlantik schon innerhalb der nächsten Jahrzehnte so abschwächen könnte, dass ein sogenannter Kipppunkt erreicht wird. Die Folgen skizziert Klimaforscher Stefan Rahmstorf.

“Das würde völlig das bekannte Klimasystem durcheinanderbringen. In Europa, insbesondere in den nördlichen, westlichen Teilen – Großbritannien, Skandinavien – aber auch in Deutschland würde es zu einer deutlichen Abkühlung kommen. Es gibt aber viele weitere Folgen, auf den Meeresspiegel, auf die tropischen Niederschlagsgürtel, die sich dann verschieben, auf die marinen Ökosysteme natürlich. Und dass es solche massiven Auswirkungen hat, sehen wir an der Erdgeschichte, wo solche Instabilitäten in der Atlantikströmung mehrfach vorgekommen sind, immer mit massiven Auswirkungen nicht nur auf den ganzen Nordatlantikraum, sondern eben zum Beispiel auch in den Tropen.”

Die atlantische Umwälzzirkulation, kurz AMOC, transportiert große Mengen Wasser vom Südpolarmeer über den ganzen Atlantik nach Norden, bis ins europäische Nordmeer. Da das warme Wasser nahe der Oberfläche transportiert wird und die Wärme im Norden an die Luft abgegeben wird, funktioniert es wie eine Zentralheizung und ist somit elementar für unser mildes Klima in Nordeuropa. Das abgekühlte Wasser sinkt im Norden dann in die Tiefe und wird zurück in den Süden transportiert. Doch dieser Kreislauf wird derzeit empfindlich gestört.

“Der Hauptantriebsfaktor für diese Strömug ist, dass im hohen Norden das Wasser sehr kalt und damit schwer ist. Die Dichte des Wassers ist ja größer, je kälter und es sinkt dort in die Tiefe ab. Das treibt das Ganze an und durch die globale Erwärmung wird es einerseits natürlich wärmer, aber vor allem kommt auch deutlich mehr Süßwasser in den nördlichen Atlantik, sowohl durch zunehmende Niederschläge als auch durch Eisschmelze. Und das Eis ist ja auch Süßwasser, das verdünnt das Meerwasser. Und wenn der Salzgehalt dadurch niedriger wird, was man beobachtet, dann wird auch die Dichte geringer und diese Absinkbewegung wird gebremst.”

Schwächt sich das Strömungssystem so stark ab, dass der Kipppunkt erreicht wird, könnte das laut Experten in Nordeuropa einen Temperatursturz von bis zu 30 Grad und eine deutliche Abnahme des Niederschlags bedeuten. An eine derart extreme Veränderung könnten wir uns mit heutigen Mitteln nicht anpassen. Im südlichen Europa würde es sich dagegen deutlich erwärmen, im Regenwald könnten sich Trocken- und Regenzeiten umkehren – mit vermutlich katastrophalen Folgen für das Ökosystem. Bislang schien dieser Kipppunkt allerdings noch weiter entfernt zu sein.

“Der Weltklimarat zum Beispiel hat gesagt, die Wahrscheinlichkeit, ihn noch in diesem Jahrhundert zu überschreiten, ist kleiner als 10 Prozent. Was ich persönlich nicht beruhigend finde, sondern beunruhigend, weil die Folgen so katastrophal wären, dass man es mit 99,9 Prozent ausschließen möchte, dass so etwas passiert. Und eine 10 Prozent-Eintrittswahrscheinlichkeit ist eigentlich unakzeptabel aus meiner Sicht, das ist meine Einschätzung.
Jetzt deuten aber eine Reihe neuerer Studien aus den letzten Jahren – es gibt inzwischen vier solcher Studien – darauf hin – inklusive dieser jetzt – dass dieser Kipppunkt eben doch näher liegen dürfte, als das der Weltklimarat bisher eingeschätzt hat. Das liegt daran, dass die Modelle die Stabilität der Strömung wahrscheinlich überschätzen. Und von daher halte ich inzwischen die Eintrittswahrscheinlichkeit von dieser planetaren Katastrophe für durchaus größer als 10 Prozent, wenn wir weiter das Klima aufheizen.”

Rund sechs Monate rechnete ein Supercomputer in den Niederlanden am Modell der atlantischen Umwälzzirkulation, das nun beunruhigende Ergebnisse hervorbringt. Die Mittel, den Weg zum Kipppunkt zu verlassen, sind laut Klimaforscher Stefan Rahmstorf begrenzt.

“Das einzige, was wir realistischerweise dagegen tun können, ist eben, das Pariser Abkommen einzuhalten. Das heißt: mit höchster Priorität das tun, wozu sich alle Staaten ja in Paris verpflichtet haben, nämlich Anstrengungen, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und da wir schon bei 1,3 sind, müssen wir dafür jetzt eine Vollbremsung bei den Treibhausgasemissionen hinlegen und nicht weiter zaudern.”

Denn die Folgen für unser Klima wären verheerend. Das Strömungssystem im Atlantik könnte sich langfristig zwar wieder erholen. Das könnte allerdings Tausende Jahre dauern, käme für uns zu spät und hätte zudem einen weiteren Klimaschock zur Folge.

Wie das Strömungssystem im Atlantik funktioniert, warum es so wichtig für unser Klima ist und welche Folgen ein Ausfall hätte, sehen Sie im Video direkt hier oder oben.

Verwendete Quellen
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