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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kaum Schutz vor Ansteckung Was die Impfung bei Omikron noch bringt
Die Omikron-Variante des Coronavirus führt zu milderen Verläufen der Krankheit. Allerdings umgeht sie auch den Impfschutz. Sind Geimpfte deshalb stärker gefährdet?
Inhaltsverzeichnis
Mittlerweile sind in Deutschland rund 76 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft, fast 60 Prozent haben zusätzlich eine Booster-Impfung erhalten.
Dennoch sind die Infektionszahlen weiterhin auf Rekordniveau. Wie gut schützt die Impfung wirklich vor einer Corona-Infektion? Wie gut vor einem schweren Verlauf oder dem Tod? Ein Blick auf die Zahlen gibt Antworten.
Schützt die Impfung überhaupt vor Omikron?
Generell verringern die in Deutschland verabreichten Corona-Impfungen das Risiko, an Covid-19 zu erkranken und bieten vor allem einen wirksamen Schutz vor einem schweren Verlauf. Das ist auch während der Omikron-Welle noch so. Allerdings hat die Omikron-Variante Wege gefunden, die Impfungen zu umgehen, sodass sich mehr Menschen trotz Impfung infizieren, als es bei bisherigen Varianten der Fall war.
Dennoch erklärt unter anderem die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): "Infektionen bei Geimpften verlaufen aber meist ohne Symptome oder nur mit leichter Erkrankung. Die Impfung schützt gut vor schweren Erkrankungen, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen."
Deutlich mehr symptomatische Infektionen bei Ungeimpften
Das zeigen auch Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI): Bei den Ungeimpften liegt die Inzidenz der symptomatischen Fälle in allen Altersgruppen über der Inzidenz der Geimpften oder sogar Geboosterten. Allerdings nähert sich diese Inzidenz vor allem in einer Altersgruppe unter Omikron allmählich an. Bei den 12- bis 17-Jährigen erkranken aktuell etwas mehr als 200 pro 100.000 symptomatisch an Covid-19, wenn sie ungeimpft sind. Bei den Geimpften liegt die Inzidenz hingegen bei etwa 150, bei den Geboosterten nur noch bei rund 100.
Ähnlich deutlich ist dies auch in der Altersgruppe der über 60-Jährigen zu sehen: Dort liegt die Inzidenz bei den symptomatischen Fällen bei Ungeimpften aktuell bei rund 100, bei Geimpften und Geboosterten hingegen bei ungefähr 50 symptomatischen Infektionen je 100.000 Menschen.
In der mittleren Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen hingegen war der Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften bis Jahresbeginn ebenfalls noch sehr deutlich. In den vergangenen Wochen hat sich die Inzidenz jedoch in allen drei Gruppen – Geimpfte, Geboosterte und Ungeimpfte – zwischen 100 und 150 eingependelt.
Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass dies die Altersgruppe ist, bei der sowohl die Grundimmunisierung als auch die Booster-Impfung am längsten zurückliegt. Denn Kinder und Jugendliche wurden generell erst später geimpft und geboostert, Ältere hingegen haben teils schon den zweiten Booster erhalten.
Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?
Noch deutlicher als bei den symptomatischen Fällen ist der Unterschied zwischen Impfung und Nicht-Impfung in den Krankenhäusern erkennbar. Hier liegt die Inzidenz in allen Altersgruppen bei den Ungeimpften deutlich über der Inzidenz bei Geimpften und Geboosterten.
Bei den ungeimpften 12- bis 17-Jährigen liegt die Hospitalisierungsinzidenz aktuell bei etwas mehr als 1,2, bei den gleichaltrigen Geimpften und Geboosterten hingegen deutlich unter 0,5. In der mittleren Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen landen aktuell etwa zwei bis drei von 100.000 Ungeimpften mit Covid-19 im Krankenhaus. Bei den Geimpften und Geboosterten hingegen ist es nur rund einer.
Besonders gravierend ist der Unterschied bei den über 60-Jährigen: Rund 20 von 100.000 Ungeimpften in dieser Altersgruppe müssen mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden, bei den Geimpften und Geboosterten sind es weniger als fünf.
Das RKI gibt zudem Schätzungen dazu ab, wie gut die Impfeffektivität in den jeweiligen Altersgruppen ist. So soll eine Grundimmunisierung bei den Fünf- bis Elfjährigen etwa zu 33 Prozent vor einem Krankenhausaufenthalt schützen, bei den 12- bis 17-Jährigen zu 57 Prozent und bei den 18- bis 59-Jährigen zu 48 Prozent. Am deutlichsten ist der Schutz bei den Älteren ab 60 Jahre: Sie werden bereits durch die Grundimmunisierung zu 77 Prozent vor einem Krankenhausaufenthalt geschützt.
Noch deutlicher sind die Zahlen bei der Booster-Impfung: Zwölf- bis 17-Jährige sind durch den dritten Piks zu 75 Prozent vor einer Hospitalisierung geschützt, 18- bis 59-Jährige zu 68 Prozent und die Altersgruppe der über 60-Jährigen sogar zu 87 Prozent.
Schützt die Impfung vor einer Behandlung auf der Intensivstation?
Um diese Frage beantworten zu können, benötigt es einen Blick auf die Zahlen des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Aktuell melden dort rund 1.265 Krankenhausstandorte täglich ihre Covid-Zahlen. Demnach befinden sich aktuell (Stand: 8. April 2022) 2.052 Covid-Patienten auf den Intensivstationen in Deutschland. Zum Höhepunkt im Winter 2020/21 waren es fast 6.000. Aktuell werden knapp 40 Prozent dieser Patienten invasiv beatmet.
Das Robert Koch-Institut schlüsselt auch bei den Intensivpatienten die Zahlen der Geimpften, Geboosterten und Ungeimpften auf. Es zeigt sich, dass aktuell nur ein Kind zwischen fünf und elf Jahren mit Covid-19 auf der Intensivstation liegt, dieses Kind ist allerdings ungeimpft. Noch deutlicher wird es in den anderen Altersgruppen: Von 32 Covid-Intensivpatienten zwischen 18 und 59 Jahren sind 17 ungeimpft, sechs grundimmunisiert und neun geboostert. Von 194 Covid-Patienten über 60 Jahre hingegen sind 95 ungeimpft, 18 grundimmunisiert und 81 geboostert.
Die höheren Zahlen bei den Geboosterten lassen sich dadurch erklären, dass mittlerweile der größte Teil der Geimpften auch geboostert ist. Zudem ist bei den Zahlen zu beachten, dass es sich um absolute Zahlen handelt: Der Anteil der Ungeimpften in den Altersgruppen ist deutlich geringer als der Anteil der Geimpften, trotzdem sind mehr Ungeimpfte in intensivmedizinischer Behandlung.
Was zeigen die Todeszahlen bei Geimpften und Ungeimpften?
In den Meldewochen 10 bis 13 erfuhr das RKI insgesamt von 342 Covid-Todesfällen, bei denen der Impfstatus bekannt war. Deutlich wird vor allem, dass die Älteren weiterhin besonders gefährdet sind, einen tödlichen Omikron-Verlauf zu erleiden.
In der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen starb in dieser Zeit nur ein Jugendlicher am Coronavirus – er oder sie war allerdings ungeimpft. Bei den 18- bis 59-Jährigen gab es elf Todesfälle, acht der Verstorbenen waren ungeimpft, drei geimpft oder geboostert.
Bei den über 60-Jährigen ist die absolute Zahl nicht mehr so eindeutig: Von 330 Verstorbenen waren 164 ungeimpft, 40 grundimmunisiert und 126 geboostert. Allerdings ist auch hier wieder zu beachten, dass fast 90 Prozent in dieser Altersgruppe geimpft sind, von den übrigen zehn Prozent erkranken also anteilig deutlich mehr Menschen so schwer, dass sie versterben.
Wie gut sind Geboosterte vor Omikron geschützt?
Eine Studie mit Daten aus Italien gibt nun auch noch einmal explizite Hinweise auf die Wirksamkeit der Booster-Impfung in der Omikron-Welle. Die Ergebnisse zeigen, dass Ungeimpfte im Vergleich zu Geboosterten ein zehnmal höheres Risiko für einen Krankenhausaufenthalt mit Covid-19 haben. Das Risiko für eine Intensivbehandlung ist neunfach erhöht, das Sterberisiko dreifach.
Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler die Zahlen der Booster-Impfungen, Krankenhausaufnahmen, Intensivbehandlungen und Todesfälle nach Coronavirus-Infektion in Italien zwischen Oktober 2021 und Ende Dezember 2021 analysiert. In dieser Phase gab es in Italien bereits viele Omikron-Infektionen. Die Studienteilnehmer waren ab 19 Jahre alt und lebten nicht in Pflegeheimen, insgesamt wurden fast drei Millionen Menschen einbezogen.
Covid-19-Risiko für schweren Verlauf um die Hälfte reduziert
Von den Studienteilnehmern waren 378.616 (12,9 Prozent) ungeimpft, 128.879 (4,3 Prozent) hatten eine Impfdosis erhalten, 412.227 (14 Prozent) hatten eine zweite Impfdosis vor weniger als vier Monaten bekommen, 725.806 (25 Prozent) waren vor vier bis sieben Monaten zweifach geimpft worden, 74.152 (2,5 Prozent) hatten ihre zweite Impfdosis vor mehr als sieben Monaten erhalten. Hinzu kamen 62.614 (2,1 Prozent) Geimpfte, die zusätzlich genesen waren und mehr als 39 Prozent (1,15 Millionen) Geboosterte.
Im Studienzeitraum infizierten sich 121.620 Personen mit SARS-CoV-2. 3.661 Menschen mussten im Krankenhaus behandelt werden, 162 benötigten eine Intensivbehandlung. 7.508 Menschen starben. Im Vergleich zu Ungeimpften hatten Menschen mit Booster-Impfung ein um die Hälfte reduziertes Risiko, symptomatisch an Covid-19 zu erkranken.
Fazit: Wer ist besser geschützt?
Über alle Altersgruppen hinweg zeigen die offiziellen Zahlen einen deutlichen Schutz der Corona-Impfungen vor symptomatischen Verläufen, vor Krankenhausbehandlungen, einem so schweren Verlauf, dass Sie auf der Intensivstation behandelt werden müssten und besonders vor einem tödlichen Verlauf.
Auch die Daten aus Italien zeigen die Wirksamkeit der Impfung, speziell des Boosters, gegen schwere Verläufe von Covid-19. Ungeimpfte waren demnach bereits Ende 2021 zu Beginn der Omikron-Welle einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt als geimpfte und geboosterte Menschen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Recherche
- Deutsches Gesundheitsportal: "Omikron: Ungeimpfte 9-mal öfter auf Intensiv als geboosterte Menschen", 4. April 2022.
- Studie: "Boosters and time from the last anti-COVID-19 vaccine dose: lead public health choices by real-time epidemiological assessment"
- Divi-Intensivregister
- Robert Koch-Institut: Wochenbericht vom 7. April 2022
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