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Coronaviren: Kann Spannung SARS-CoV-2 unschädlich machen?


Studie aus Kassel
Kann elektrische Spannung Coronaviren unschädlich machen?


22.09.2021Lesedauer: 3 Min.
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Darstellung von Coronaviren, die sich an menschliche Zellen binden: Dafür ist das Spike-Protein essenziell.Vergrößern des Bildes
Darstellung von Coronaviren, die sich an menschliche Zellen binden: Dafür ist das Spike-Protein essenziell. (Quelle: Science Photo Library/imago-images-bilder)

Nicht nur Virologen beteiligen sich an der Corona-Forschung, auch Physiker suchen nach Wegen, SARS-CoV-2 zu bekämpfen. Jetzt könnte es einen Durchbruch in der Forschung geben.

Seit rund anderthalb Jahren wird an Impfstoffen, Medikamenten und anderen Möglichkeiten geforscht, um das Coronavirus zu bekämpfen. Ein Forschungsteam der Universität Kassel hat jetzt einen ganz anderen Ansatz verfolgt: Mit niedriger elektrischer Spannung soll das Virus unschädlich gemacht werden.

Physikalisches Modell macht Hoffnung

In einem physikalischen Modell konnten die Wissenschaftler beweisen, dass elektrische Felder das Spike-Protein der Coronaviren inaktivieren können. Das Team unter Leitung von Prof. Dr. Martin E. Garcia hat dafür zunächst in Simulationen betrachtet, wie sich das Coronavirus in elektrischen Feldern verhalten könnte. Bereits seit Anfang 2020 untersucht der Physik-Professor laut einem Bericht des "Hessischen Rundfunks" mit seinem Forschungsteam das Verhalten von Coronaviren in elektrischen Feldern und hat wochenlange, aufwendige Computersimulationen erstellt.

In den Simulationen durchlaufen die Viren demnach ein elektrisches Spannungsfeld zwischen zwei Metallplatten. Dabei konnten sie zeigen, dass elektrische Felder schon bei leichter Stärke das Spike-Protein auf dem Coronavirus destabilisieren und "lang anhaltende strukturelle Schäden" verursachen können. Dadurch wiederum wird dem Virus die Möglichkeit genommen, an die menschlichen Zellen anzudocken und sich zu vermehren. Das deutet darauf hin, dass das Virus auch ohne biochemische Methoden geschwächt werden kann.


Prof. Dr. Martin E. Garcia coremedia:///cap/blob/content/90842374#data
ist Physiker und leitet an der Universität Kassel eine Gruppe, die sich mit der Theorie ultraschneller Prozesse in Festkörpern und Nanostrukturen beschäftigt. Seit Kurzem untersucht er zudem Proteine und Zellen unter Einfluss äußerer Felder.

Wie funktioniert das physikalische Modell?

Für das Coronavirus ist das Spike-Protein auf seiner Außenhülle notwendig, damit es in eine Zelle eindringen kann. Dieses Protein bindet an den sogenannten ACE2-Rezeptor auf der Oberfläche menschlicher Zellen.

Das Virus verschmilzt dann mit der Zellmembran und entlässt sein Erbgut ins Zellinnere. So kann sich das Coronavirus im Menschen weiter vermehren. Da das Spike-Protein so wichtig für das Virus ist, ist es der Angriffspunkt für viele Therapien und auch für die Impfungen gegen SARS-CoV-2.

"Unsere Computersimulationen zeigen, dass das Spike-Protein sehr anfällig für elektrische Felder moderater Stärke ist, die mit Hilfe einer einfachen Batterie erzeugt werden können. Dabei ist es sogar mehr als tausend Mal empfindlicher als andere Proteine", erläutert Garcia. Das erklärt sich unter anderem damit, dass die Bindung zwischen dem Spike-Protein und dem ACE2-Rezeptor sehr speziell und abhängig von der detaillierten Struktur der beiden Proteine ist. Ein Teil des Spike-Proteins, die sogenannte Rezeptor-Bindungs-Domäne passt dabei zum ACE-Rezeptor wie ein Schlüssel zum Schloss.

"Moderate bis schwache elektrische Impulse zwingen das Spike-Protein dazu, seine Struktur auf atomarer Ebene zu ändern, und das dauerhaft. Dann kann die Rezeptor-Bindungs-Domäne nicht mehr an den ACE2-Rezeptor der menschlichen Zelle andocken", beschreibt Garcia. Dann sei es kein Problem mehr, wenn das Virus eingeatmet würde.

Kann die Methode auch gegen die Corona-Varianten wirken?

In Computersimulationen konnte die Wirkung nicht nur für den Wildtyp des Virus vorhergesagt werden, sondern auch für ansteckendere Varianten wie Alpha (B.1.1.7), Beta (B.1.351) und die Gamma-Variante P.1.

"Überraschenderweise macht die Strukturänderung des Spike-Proteins durch die Mutation das Virus zwar ansteckender, aber gleichzeitig erhöht sich dadurch seine Verwundbarkeit durch elektrische Felder", berichtet Garcia. Andere Proteine, auch die von gesunden Zellen, werden dadurch nicht geschädigt, da sie erst auf viel höhere Feldstärken mit Strukturänderungen reagieren.

Wie kann das physikalische Modell in der Praxis helfen?

Während das Forscherteam zunächst nur ein physikalisches Modell erstellt hat, sollen die Ergebnisse künftig auch in der Praxis aktiv gegen das Coronavirus eingesetzt werden können.

Die Wissenschaftler beschreiben beispielsweise, dass eine neue Klasse von Luftfilteranlagen damit ausgestattet werden könnte. Die bestehenden Filter müssten dafür durch Elektroden ersetzt werden, die dann die Viren inaktivieren können. "Die gefilterte Luft enthält dann nur noch unschädliche Viren und kann wieder in den Raum zugeführt werden", heißt es in der Mitteilung der Uni Kassel. Die neuen Filter würden zudem weniger Energie verbrauchen und hätten eine längere Nutzungsdauer als die bisherigen Filter. Die Universität Kassel hat bereits ein Patent für eine technologische Anwendung ihrer theoretisch entwickelten Methode angemeldet.

Wie der "Hessische Rundfunk" berichtet, sei die Technik auch für Masken denkbar. Dazu bräuchten die Masken laut Garcia eine "Mini-Vorrichtung". "Für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, zum Beispiel in Diskotheken, kann ich mir das vorstellen, für den Alltag eher nicht", sagte er der Hessenschau. Das sei zwar praktisch, es sei aber noch nicht abschätzbar, wie teuer eine solche Maske dann würde.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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