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Oberhausen: Reanimation nach dritter Corona-Impfung – Was bisher bekannt ist


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Zwei Fälle in Oberhausen
Wirbel um Reanimationen nach der dritten Impfung


Aktualisiert am 09.09.2021Lesedauer: 3 Min.
Corona-Impfung: Wie wahrscheinlich sind Komplikationen beim dritten Piks? (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Corona-Impfung: Wie wahrscheinlich sind Komplikationen beim dritten Piks? (Symbolbild) (Quelle: picture alliance / abaca | ANDBZ/ABACA)
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In Oberhausen mussten zwei Bewohner eines Pflegeheims drei Tage nach ihrer dritten Impfung wiederbelebt werden, andere klagten über Gesundheitsbeschwerden. Was ist da passiert? Eine Experten-Einschätzung.

Nach der Auffrischimpfung gegen das Coronavirus klagten in einem Seniorenheim in Oberhausen mehrere Bewohner über gesundheitliche Beschwerden, zwei mussten sogar reanimiert werden. Entgegen anderslautender erster Berichte kam es jedoch nicht zu drei Todesfällen. Zwar verstarb eine Person im gleichen Zeitraum, doch diese sei bereits palliativ behandelt und nicht geimpft worden.

Todesfall steht nicht mit Impfung in Verbindung

Die Stadt Oberhausen hatte mitgeteilt, dass am 1. September 90 Auffrischimpfungen mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer in dem betroffenen Heim durchgeführt wurden. Bei neun Geimpften traten drei Tage später gesundheitliche Beschwerden auf. Berichtet wurde über Herz-Kreislauf-Probleme, Atemwegs- und neurologische Störungen. Zwei Personen kamen nach Wiederbelebungsmaßnahmen ins Krankenhaus, beide waren vorerkrankt. Sie wurden mittlerweile von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt. Es gehe ihnen wieder besser. Was ist da passiert? Ist der dritte Piks vielleicht sogar gefährlich?

t-online hat den Immunologen Dr. Andreas Radbruch, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, nach einer Einschätzung gefragt: "Das ist eine ganz unerwartete und vollkommen neue Beobachtung, die der bisherigen Erfahrung widerspricht. In Israel zum Beispiel wird die dritte Impfung auch schon seit einer Weile praktiziert und solche Fälle sind nicht bekannt geworden. Dass zehn Prozent der Geimpften, wie hier in Oberhausen, eine solch heftige Reaktion zeigen, ist dort meines Wissens nicht beobachtet worden."

Einen allergischen Schock als Impfreaktion schließt Radbruch aus: "Anaphylaktische Schocks (Typ-2-Immunreaktionen) passieren direkt nach der Impfung, das kann es also nicht gewesen sein. Typ-1-Immunreaktionen könnten einen Zytokinsturm hervorrufen, aber dazu fehlen die Daten im vorliegenden Fall."

Zusammenhänge werden noch untersucht

Ein solcher Zytokinsturm wird auch bei an Covid-19 Erkrankten mit schweren Krankheitsverläufen beobachtet. Zytokine steuern die Abwehr von Krankheitserregern. Dringt ein Keim in den Körper ein, aktivieren sie die Immunabwehr. Bei Covid-19 wurde beobachtet, dass diese Proteine unkontrolliert freigesetzt wurden und das Immunsystem somit überreagierte. Doch bislang kann über die Gründe der heftigen Impfreaktionen nur spekuliert werden.

Radbruch: "Man muss genau untersuchen, was dort passiert ist. Vielleicht haben die Reanimationen auch keinen direkten Zusammenhang zur Impfung. Es könnte sich eben auch um sehr schwer anderweitig vorbelastete Menschen handeln. Ohne genaue medizinische Untersuchungen lässt sich aus einem solchen Ereignis nichts ableiten."

Nach Rücksprache mit der Impfärztin und der Einrichtungsleitung kam der Leiter des Oberhausener Gesundheitsamtes, Henning Karbach, zu dem Schluss, dass die Ursache für die gesundheitlichen Zwischenfälle "zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend gedeutet werden" könne. Dennoch seien es "relevante gesundheitliche Ereignisse", bei denen aktuell "nicht sicher unterschieden werden kann, ob und wenn ja, bei welchen Personen ein kausaler Zusammenhang zwischen den berichteten gesundheitlichen Ereignissen und den zuvor durchgeführten Impfungen besteht".

Impfungen werden nicht ausgesetzt

Zum Ausschluss einer ernsthaften und unerwünschten Impfnebenwirkung sollen relevante Verdachtsfälle an das Paul-Ehrlich-Institut, das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, gemeldet werden.

Die Kassenärztliche Vereinigung wies darauf hin, dass sie aufgrund der Vorfälle in Oberhausen ein generelles Aussetzen der Auffrischungsimpfungen nicht für notwendig halte. Allerdings sollten die Auffrischungen von über 60-Jährigen nach ärztlichem Ermessen sowie individueller Abwägung erfolgen. Es bestehe außerdem kein Grund zur Eile, weil sich der schon bestehende Impfschutz nur langsam abbaue.

Israelische Studie: Keine heftigen Reaktionen

Daten aus Israel, wo die dritte Impfung bereits seit Anfang August für über 60-Jährige angeboten wird, zeigten keine dramatischen Nebenwirkungen. Eine Umfrage der Krankenkasse Clalit ergab, dass sich 88 Prozent der mit dem dritten Piks Versorgten ähnlich fühlten wie nach der vorherigen Impfung. Zehn Prozent fühlten sich schlechter als nach der Zweitimpfung. Etwa neun Prozent der Befragten gaben Müdigkeit als Reaktion auf die dritte Impfung an, rund sechs Prozent Unwohlsein.

Die Symptome hielten ebenfalls bis zu eine Woche lang an. Die häufigste Impfreaktion war, wie bei der Impfung zuvor, ein Schmerz an der Einstichstelle. Nur ein Prozent suchte aufgrund heftiger Reaktionen nach der Booster-Impfung einen Arzt auf, knapp 0,4 Prozent klagten über Kurzatmigkeit.

Dennoch sieht Andreas Radbruch nach den Ereignissen in Oberhausen die Ständige Impfkommission (Stiko) in der Pflicht: "Zu wünschen wäre, dass es zeitnah eine aufklärende Stellungnahme der Stiko gibt, ob die dritte Impfung denn nun für bestimmte Alters- und Risikogruppen empfohlen wird oder eher nicht."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Andreas Radbruch
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Pharmazeutische Zeitung
  • Eigene Recherche
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