Sinkende Impfzahlen Studie: Das hilft wirklich gegen die Impfmüdigkeit
Das Robert Koch-Institut registriert immer weniger Impfungen gegen das Coronavirus. Die Debatte um neue Anreize ist daher in vollem Gange. Eine Studie zeigt nun, wie man mehr Menschen zum Piks bewegen könnte.
Im Ringen um steigende Impfzahlen könnte nach Forscheransicht das Verhalten der Nachbarschaft, des Fußballteams oder von Freunden ein Ansporn sein. Einer Studie zufolge entscheidet in der Pandemie weniger die eigene Persönlichkeit oder die gefühlte Angst als vielmehr das Verhalten anderer, ob eine Maske getragen oder ein Impftermin wahrgenommen wird.
Forscher der Universitäten Koblenz-Landau und Mannheim haben nach eigenen Angaben herausgefunden, dass soziale Normen den stärksten Einfluss darauf haben, ob sich Menschen an Regeln halten oder nicht. "Ausschlaggebend ist, wie ich das Verhalten nahestehender Personen wahrnehme, weniger die eigene Persönlichkeit oder die subjektive Bedrohung", bilanzieren Selma Rudert (Koblenz-Landau) und ihr Kollege Stefan Janke (Mannheim) in einer Studie. Die Untersuchung wurde in der psychologischen US-Fachzeitschrift "Group Processes and Intergroup Relations" veröffentlicht.
"Soziale Normen sind relativ mächtig", sagte Janke zudem der dpa. "Ich ziehe sie aus meinem direkten Umfeld, ich schaue sie mir im Verein ab, bei Freunden und Verwandten. Das sind die Champions meiner lokalen Community, die als Vorbilder taugen."
Einhaltung von Regeln im ersten Lockdown untersucht
Untersucht wurden Verhaltensweisen kurz nach dem ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres. Geprüft worden sei unter anderem, ob sich Menschen an die Abstandsregeln und das Vermeiden von direktem physischen Kontakt hielten und andere Menschen während der Krise unterstützen, berichtete das Forscherteam. Dazu gehörten beispielsweise Nachbarschaftshilfen oder das Nähen von Masken. Im Gegensatz dazu standen Hamsterkäufe oder das Missachten geltender Regeln.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass insbesondere soziale Normen vorhersagen, ob Menschen sich an die geltenden Vorschriften und Empfehlungen halten", fasst Sozialpsychologin Rudert die Ergebnisse der Studie zusammen. Soziale Normen entstehen dabei vor allem durch Verhaltensweisen, die Menschen bei Nahestehenden wahrnehmen, etwa in der Familie oder im Freundeskreis, wie sie erklärt. "Geht eine Person davon aus, dass ihre Familienmitglieder oder Freunde sich an die Abstandsregeln halten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Person sich künftig ebenso verhält."
Bedürfnis nach Zugehörigkeit
Insbesondere in Zeiten von Unsicherheit und Krise fühlten sich Menschen durch soziale Normen sicherer und erfüllten ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit. "Die meisten Menschen sind bestrebt, sich korrekt und angebracht zu verhalten. Das Verhalten anderer ist typischerweise informativ dafür, was als "korrekt" gilt", sagt Janke.
Die Daten geben nach Angaben des Mannheimer Wissenschaftlers zwar keinen direkten Aufschluss über die aktuelle Corona-Kampagne und die Impfbereitschaft, weil sie während des ersten Lockdowns erhoben wurden. "Wir glauben dennoch, dass die Ergebnisse übertragbar sind", sagte er.
"Tue Gutes und rede darüber"
Die Debatte über Impfen oder Lockerungen zum Beispiel sollte weniger an die Vernunft appellieren oder die Bedrohung durch das Virus hervorheben, empfehlen Janke und Rudert. Vielmehr sollten nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" Vorbilder herausgestellt werden. Impfpflaster-Selfies auf Instagram seien ein sehr gutes Beispiel. Prominente dagegen könnten zwar helfen, die Akzeptanz zu steigern. "Aber sie haben den Nachteil, dass sie in einer völlig anderen Welt leben und man sich selten ausreichend mit ihnen identifizieren kann", sagte Janke.
In Deutschland lässt das Interesse an einer Impfung vielerorts nach. Nach Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) sinkt die Anzahl der wöchentlich verabreichten Impfdosen. Gleichzeitig steigt die Inzidenz wieder. Bislang sind über 60 Prozent der Bevölkerung einmal und über 50 Prozent vollständig geimpft.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa