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Corona-Impfstoff Astrazeneca freigegeben: Warum viele immer noch zweifeln


Astrazeneca freigegeben
Warum so viele weiterhin am Impfstoff zweifeln

dpa, Alexandra Stober

Aktualisiert am 25.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Corona-Impfung: Vor allem beim Wirkstoff von Astrazeneca haben viele Bedenken.Vergrößern des Bildes
Corona-Impfung: Vor allem beim Wirkstoff von Astrazeneca haben viele Bedenken. (Quelle: ZUMA Wire/imago-images-bilder)
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In mehreren Bundesländern können sich nun alle Erwachsenen mit dem Astrazeneca-Präparat impfen lassen. Soll ich es tun?, fragen sich viele nach Berichten über Thrombosen. Warum die Risikoabwägung gerade in diesem Fall oft nicht rational geschieht.

Noch vor einigen Wochen hatten nur die wenigsten Menschen jemals von Sinus- und Hirnvenenthrombosen gehört. Schließlich kommen solche Probleme äußerst selten vor. Dann traten Fälle dieser Hirnthrombosen nach Corona-Impfungen mit dem Präparat von Astrazeneca auf – mehr als statistisch zu erwarten waren.

Etliche Behörden, darunter die europäische Arzneimittelbehörde Ema, nahmen die Fälle unter die Lupe. Ergebnis: Der Nutzen der Impfung überwiege eindeutig das Risiko. "Der Impfstoff rettet Leben", bilanziert der leitende Ema-Datenanalytiker Peter Arlett.

Risiko der Thrombose wird überschätzt

Dennoch haben einige Menschen beim Astrazeneca-Impfstoff ein ungutes Gefühl. Aber warum? "Durch diese ganzen Medienberichte und die Aufmerksamkeit auf dieses Thema wird das eigene Risiko, an einer Thrombose zu erkranken, eigentlich überschätzt", sagte die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt im NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update". Es sei ganz klar, "dass der Impfstoff bei Weitem sicherer ist als das Risiko einer Covid-19-Infektion".

Eine weitere Erklärung nennt Petra Dickmann, Expertin für Risikokommunikation. "Menschen sind keine rationalen Wesen", erläutert die Ärztin. Eine Wahrscheinlichkeit beziehe sich auf eine Gesamtpopulation, "aber es werden individuelle Entscheidungen getroffen: Was mache ich für mich?".

59 Hirnvenenthrombosen bei mehr als vier Millionen Impfungen

Das sagen die Zahlen: In Deutschland wurden bis Mitte April 59 Fälle von Hirnthrombosen nach mehr als 4,2 Millionen Erstimpfungen mit Astrazeneca gemeldet, darunter zwölf Todesfälle. Werden solche Thrombosen frühzeitig diagnostiziert und behandelt, stehen die Chancen relativ gut, wieder vollständig zu genesen.

Hirnthrombosen kämen im Schnitt bei etwa einer von 100.000 geimpften Personen vor, geht aus der am Freitag vorgelegten Analyse der Ema-Experten zum Astrazeneca-Präparat hervor. Zum Vergleich: Eine Studie für München ergab für die erste Corona-Welle eine geschätzte Infektionssterblichkeit von 0,86 Prozent (Anteil der Todesfälle bezogen auf alle Infizierten einschließlich der Dunkelziffer). Die Zahl ist jedoch ein Durchschnittswert: Bei jüngeren Menschen ist der Anteil der Todesfälle deutlich geringer, bei älteren deutlich höher.

Höheres Risiko, an Covid-19-Infektion zu sterben

Auch unter der Annahme, dass die Infektionssterblichkeit im vergangenen Jahr gesunken ist, schätzen Experten die von Covid-19 ausgehende Gefahr für alle Erwachsenen als höher ein als das Risiko für einen Gefäßverschluss nach der Astrazeneca-Impfung. Selbst eine 20-jährige Frau habe ein höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf als für eine Hirnthrombose nach der Impfung, sagt der Immunologe Carsten Watzl vom Leibniz Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund.

Das bestätigt eine Studie der Universität Oxford: Demnach ist das Risiko für eine Hirnthrombose durch eine Covid-19-Erkrankung generell um ein Vielfaches höher als nach einer Impfung mit dem Astrazeneca-Präparat. Gleichzeitig deutet eine Studie aus Schottland darauf hin, dass die Impfung schwere Covid-19-Verläufe effizient verhindert – und zwar bereits nach der ersten Dosis. Beide Studien sind bislang nicht in Fachzeitschriften erschienen.

Am detailliertesten berechnen Forscher der Universität Cambridge anhand britischer Daten die Vorteile und Risiken der Impfung – getrennt für verschiedene Altersgruppen und verschiedene Corona-Inzidenzen. Ihre Resultate: Für 60- bis 69-Jährige in einem britischen Hochrisikogebiet liegt das Risiko, binnen 16 Wochen mit Covid-19 auf eine Intensivstation zu müssen, demnach mehr als 600-mal höher als das Risiko einer Hirnthrombose nach einer Impfung mit Astrazeneca.

Risiko für einen schweren Verlauf ist für Jüngere doppelt so hoch

Selbst in der selten schwer betroffenen Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen ist demnach die statistische Wahrscheinlichkeit, bei für Großbritannien mittelhohen Fallzahlen (Sieben-Tage-Inzidenz von 420) binnen 16 Wochen mit Covid-19 auf einer Intensivstation zu landen, doppelt so hoch wie das Risiko für ein Blutgerinnsel im Gehirn nach der Impfung.

Einzige Ausnahme ist die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen in Kombination mit einer – für britische Verhältnisse – geringen Sieben-Tage-Inzidenz von 140. Hier liegt das Covid-19-Risiko für den Zeitraum ein wenig niedriger als das impfbedingte Thrombose-Risiko – allerdings nur in den ersten 16 Wochen. Mit zunehmender Dauer des Impfschutzes steige der Nutzen, während das Impfrisiko nur auf die ersten Wochen nach der Impfung begrenzt ist.

Vertrauen in Astrazeneca ist erst einmal verloren

"Wichtige Fakten immer wieder darzustellen und zu erklären, ergibt Sinn", sagt die Kommunikationsexpertin Dickmann. Aber außerdem sei auch Vertrauen wichtig: "Damit man einem Akteur vertraut, muss man von dessen Integrität, Wohlwollen und Expertise überzeugt sein."

Ist Vertrauen erst einmal verloren, reiche allein die Präsentation von Fakten nicht aus. Dann helfe nur eine übergreifende Kommunikationsstrategie, sagt Dickmann und spricht von einem "Vertrauenstransfer": "Ich mache es, weil andere, denen ich vertraue, es auch machen." Dieser Mechanismus funktioniere gut, werde aber bislang nicht angemessen bedient, sagt sie. Hier könnten etwa Hausärztinnen und -ärzte eine wichtige Rolle spielen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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