Bereits in Europa angekommen Forscher warnt vor neuer Omikron-Sublinie: "Böse Kombination"
Eine neue Omikron-Unterlinie soll besonders geeignet sein, Impfstoffe zu umgehen. Ein österreichischer Forscher warnt vor einer Ausbreitung.
Eine neue Omikron-Sublinie ist im deutschsprachigen Raum aufgetaucht. Sie heißt BJ.1 und ist erst vor einem Monat entdeckt worden. Der Mutationsforscher Ulrich Elling schreibt auf Twitter, dass die Mutation jetzt in Österreich gefunden wurde. Der Wissenschaftler arbeitet am Institut für Molekularbiologie in Wien und beschäftigt sich mit Werkzeugen, um Genome und deren Veränderungen besser zu untersuchen.
"Eine weitere besorgniserregende Unterlinie breitet sich in Indien aus und ist auch in den USA und Europa (Österreich) angekommen: BJ.1. Die Zahlen sind immer noch sehr niedrig, aber die neu erworbenen Mutationen sind wirklich eine böse Kombination an kritischen Stellen", beschreibt er die neue Linie.
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Sublinie BA.2 ist am weitesten verbreitet
Der Virusvariante Omikron werden derzeit drei Sublinien (BA.1, BA.2 und BA.3) zugeordnet. In Deutschland war nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums zunächst die Sublinie BA.1 für die Mehrzahl der Omikron-Infektionen verantwortlich. Mittlerweile dominiert die Sublinie BA.2, so wie in anderen Ländern auch. Erste Studien aus Dänemark und dem Vereinigten Königreich deuten darauf hin, dass BA.2 leichter übertragbar ist als BA.1. Bislang konnten aber keine Hinweise gefunden werden, dass eine Erkrankung mit BA.2 schwerer verläuft als mit BA.1.
BJ.1 ist eine Sublinie der bestehenden und weit verbreiteten BA.2-Linie. Allerdings besitzt sie 14 zusätzliche Mutationen. "Was sofort offensichtlich ist, ist, dass die vielen neuen Mutationen dicht in der Rezeptorbindungsdomäne und der NTD-Antikörperbindungs-'Supersite' gehäuft sind", erklärt Elling.
Das könnte bedeuten, dass das Virus einfacher in Zellen eindringen kann oder zumindest aggressiver agiert. Ob BJ.1 wirklich eine neue Unterlinie ist, wie die Namensgebung suggeriert, muss sich zeigen. Zunächst wurde sie von den Entdeckern als BA.2.10.1 benannt. Einer der an der wissenschaftlichen Diskussion um die Bedeutung der Mutationen beteiligter Forscher, der Schweizer Forscher Cornelius Roemer, entschied sich dann für eine neue Benennung. Die WHO hat diese Bezeichnung allerdings noch nicht verwendet.
"Immunflucht sehr wahrscheinlich"
Dieses Mutationspaket mache eine weitere signifikante Immunflucht sehr wahrscheinlich, so der Wissenschaftler. Unter Immunflucht versteht man, dass sich das Viruserbgut so verändert hat, dass es Antikörpern von Geimpften und Genesenen besser entkommt.
"Man kann nur hoffen, dass es für das Virus in Bezug auf die Infektiosität zu erheblichen Kosten kommt". Damit ist gemeint, dass es zwar die Werkzeuge hat, um Zellen besser angreifen zu können, sich gleichzeitig aber weniger gut wehren kann – und gegen die derzeit vorherrschenden Sublinien nicht ankommt. Elling fordert eine ständige Beobachtung der neuen Sublinie und eine andauernde Sequenzierung von Proben.
Das Robert Koch-Institut weist in seinem aktuellen Wochenbericht vom vergangenen Donnerstag nur die Subvariante BA2.75 als neue Linie aus. "In Indien, aber auch in verschiedenen anderen Regionen weltweit, wurde die Ausbreitung der BA.2 Sublinie BA.2.75 beobachtet", heißt es dort. In Deutschland habe man in Stichproben 33 Sequenzen identifiziert.
"Das Mutationsprofil dieser Variante deutet auf ausgeprägte Immunfluchteigenschaften hin. Ein Wachstumsvorteil von BA.2.75 in einem BA.4/BA.5-dominierten Geschehen, wie in Deutschland, ist aktuell nicht erkennbar" schreibt das RKI. Wieweit das auch auf die neue BJ.1-Sublinie zutrifft, werden wohl erst weitere Beobachtungen zeigen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- twitter.com: Tweets von Ulrich Elling
- zusammengegencorona.de: Virusvarianten
- rki.de: Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019
- github.com: Added new lineage BJ.1 from #915 with 6 new sequence designations