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Autoimmunerkrankungen: Wenn der Körper gegen sich selbst kämpft


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Autoimmunerkrankungen
Wenn der Körper gegen sich selbst kämpft

  • Ann-Kathrin Landzettel
Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 24.09.2022Lesedauer: 4 Min.
Ein Arzt hält ein Reagenzglas mit Blut: Ein Bluttest kann wichtige Hinweise auf eine Erkankung des Immunsystems geben.Vergrößern des Bildes
Ein Arzt hält ein Reagenzglas mit Blut: Ein Bluttest kann wichtige Hinweise auf eine Erkankung des Immunsystems geben. (Quelle: Peter Dazeley/getty-images-bilder)
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Das Immunsystem ist ein ausgeklügeltes System, das uns vor Krankheitserregern schützt. Bei manchen Menschen gerät es jedoch außer Kontrolle und richtet sich gegen die körpereigenen Zellen und Organe. So entstehen Autoimmunerkrankungen.

Die Schäden, die bei einem fehlgelenkten Immunsystem entstehen können, sind enorm und können lebensbedrohliche Folgen haben. Da Autoimmunerkrankungen jegliches Gewebe und sämtliche Organe angreifen können, gibt es viele Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Symptomen. Welche Krankheiten dazugehören und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfahren Sie im folgenden Text.

Definition: Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Rheumatische Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Basedow und Psoriasis (Schuppenflechte): All diesen Erkrankungen liegt eine Fehlregulierung des Immunsystems zugrunde, in Folge derer fälschlicherweise körpereigene Gewebe angegriffen werden. Es kommt zu Entzündungsreaktionen, welche Gewebe und Organe nachhaltig schädigen können.

Ursachen: Kann Stress eine Autoimmunerkrankung auslösen?

Die genauen Ursachen für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen sind nicht abschließend geklärt. Bekannt ist, dass eine genetische Disposition vorliegt, also eine Veranlagung für Autoimmunerkrankungen. Gerät das Immunsystem aus – oftmals unbekannten Gründen – in Stress, etwa durch eine Infektion, kann das die Fehlsteuerung verursachen. Auch emotionaler Stress kann mit dem Auftreten einer Autoimmunerkrankung in Zusammenhang stehen.

Sind Autoimmunerkrankungen heilbar?

"Autoimmunerkrankungen sind chronisch und bislang nicht heilbar", sagt Falk Hiepe, Seniorprofessor an der Medizinischen Klinik der Charité Berlin mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e. V. "Einer der Gründe dafür ist die Entwicklung eines autoreaktiven immunologisches Gedächtnisses, das sich mit den herkömmlichen Therapien nicht wieder beseitigen lässt."

Dies gelingt auch nicht mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, den sogenannten Immunsuppressiva. Trotzdem sind diese Medikamente bei vielen schweren Autoimmunerkrankungen trotzdem unentbehrlich, weil sie die Krankheitsaktivität hemmen und Symptome lindern.

Häufige Autoimmunerkrankungen

Autoimmunerkrankungen haben viele Gesichter. Zu den häufigen Autoimmunerkrankungen gehören rheumatische Erkrankungen, wie beispielsweise die rheumatoide Arthritis, ebenso Diabetes mellitus Typ 1, die Schilddrüsenerkrankung Morbus Basedow sowie die Schuppenflechte (Psoriasis), eine der häufigsten Hauterkrankungen.

Weitere Autoimmunerkrankungen sind unter anderem:

  • die Schilddrüsenerkrankung Hashimoto Thyreoiditis
  • Multiple Sklerose
  • Lupus erythematodes
  • Sjörgen-Syndrom
  • Vaskulitis

Welche Symptome treten bei einer Autoimmunerkrankung auf?

"Je nach Autoimmunerkrankung richten sich die Immunzellen gegen unterschiedliche Gewebe. Der Angriff kann systemisch erfolgen oder gegen ein einzelnes Organ gerichtet sein. Abhängig davon zeigen sich auch unterschiedliche Symptome", erklärt Hiepe. Bei Diabetes werden die insulinbildenden Zellen der Bauchspeicheldrüse angegriffen.

Bei rheumatischen Erkrankungen können Gewebe, Sehnen, Knochen sowie verschiedene Organe wie Haut, Nieren, Lunge und Herz durch die überschießende Immunabwehr Schaden nehmen. Bei Morbus Basedow dagegen stimulieren spezifische Autoantikörper die Produktion der Schilddrüsenhormone, was eine Schilddrüsenüberfunktion zur Folge hat. Im Fall einer Schuppenflechte führt die Autoimmunreaktion dazu, dass sich die Hautschichten bis zu zehnmal schneller erneuern als gesunde Haut. Die Folge: Die Haut verdickt sich und schuppt.

Ist Neurodermitis eine Autoimmunerkrankung?

Bei Neurodermitis ist sich die Fachwelt laut dem Immunologen noch nicht einig. Bei der Neurodermitis spielen verschiedene Faktoren zusammen: eine genetische Disposition, eine Barrierefunktionsstörung der Haut, eine Überaktivierung von Immunzellen sowie eine Fehlbesiedelung der Hautbakterien. Die durch Entzündungsprozesse gestörte Haut wird durchlässiger für allergieauslösende Stoffe, Keime und Reizstoffe.

Oftmals besteht ein Zusammenhang mit Allergien wie Heuschnupfen, Hausstauballergie oder Asthma. "Autoimmunerkrankungen sind ein großes Feld und vieles ist bislang nicht abschließend geklärt", sagt Hiepe. Das sei auch bei Neurodermitis so. Sie zähle nicht zu den "klassischen" Autoimmunerkrankungen, dennoch habe sie aber einen immunologischen Hintergrund, der zu den chronisch-entzündlichen Hautreaktionen führe. Eine Überreaktion des Immunsystems als Ursache sei somit nicht auszuschließen.

Diagnose: Bluttest gibt wichtige Hinweise

Da sich Autoimmunerkrankungen auf so unterschiedliche Weise zeigen, gibt es nicht nur ein einziges Diagnoseverfahren. Der behandelnde Arzt wird bei Verdacht auf eine bestimmte Autoimmunerkrankung verschiedene Untersuchungen durchführen. "Bei vielen Autoimmunerkrankungen lassen sich im Blut neben erhöhten Entzündungsparametern für die jeweilige Erkrankung spezifische Autoantikörper finden", sagt Hiepe.

Anschließend grenzt der jeweilige Facharzt den Verdacht weiter ein. Bei Morbus Basedow etwa sind die Werte der Schilddrüsenhormone im Blut erhöht. Bei Diabetes mellitus Typ 1 weisen zu hohe Blutzuckerwerte auf die Zuckerkrankheit hin. Bei rheumatoider Arthritis lassen sich neben Gelenkschmerzen und -schwellungen auch Autoantikörper wie Rheumafaktoren und solche, die gegen citrullinierte Proteine gerichtet sind, im Blut nachweisen. Bei Psoriasis sind die typischen Hautrötungen und silbrig glänzenden, schuppenden Hauterhebungen erkennbar – Plaques genannt – die nicht abheilen. Eine Hautprobe kann bei der Psoriasis-Diagnose helfen.

Behandlung von Autoimmunerkrankungen

Die Behandlung der Autoimmunerkrankung ist ebenfalls abhängig vom Krankheitsbild. Ziel ist es, das Immunsystem zu unterdrücken und so die Symptome zu lindern. Das geschieht häufig in Form von sogenannten Immunsuppressiva, beispielsweise Methotrexat. Des Weiteren kommen Medikamente zur Anwendung, welche die Beschwerden der jeweiligen Erkrankung lindern. Das können bei rheumatoider Arthritis Schmerzmittel und entzündungshemmendes Kortison sein.

Bei Diabetes mellitus Typ 1 müssen die Betroffenen Insulin spritzen. Gegen Psoriasis helfen neben Medikamenten zum Einnehmen unter anderem pflegende, fettende und entzündungshemmende Salben. Bei Morbus Basedow dagegen werden unter anderem Medikamente zur Hemmung der Hormonproduktion in der Schilddrüse eingenommen.

Forscher arbeiten an neuen Behandlungsmethoden

Große Fortschritte bei der Behandlung von schweren Autoimmunerkrankungen konnten durch die Einführung von Therapien, die gezielter in das Immunsystem eingreifen oder Entzündungswege blockieren, erreicht werden. "Unsere Arbeitsgruppe konzentriert sich in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rheumaforschungszentrum auf die Eliminierung des autoreaktiven immunologischen Gedächtnisses, weil wir hier eine Chance sehen, schwere, durch Autoantikörper vermittelte Erkrankungen langfristig besser zu beherrschen", sagt Hiepe. Das könnte ein Ansatz für eine mögliche Heilung sein. Gefördert werden diese Forschungsarbeiten durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Transregio-Forschungsverbundes 130 "B-Zellen: Immunität und Autoimmunität".

Geschwächtes Immunsystem birgt Risiken

Menschen mit Autoimmunerkrankungen, die Immunsuppressiva einnehmen müssen, haben aufgrund ihres gedrosselten Immunsystems ein höheres Risiko für Infekte durch Bakterien, Viren und Pilze. Auch mit Hinblick auf die Corona-Pandemie müssen Patienten mit Autoimmunerkrankungen vorsichtig sein.

"Es ist nicht auszuschließen, dass besonders Menschen mit schweren Autoimmunerkrankungen aufgrund des gestörten Immunsystems und der Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, ein höheres Risiko für schwere Covid-19-Verläufe haben", sagt Hiepe. Bisherige Studien deuteten darauf hin, dass die Einnahme von höheren Dosen Kortison das Infektionsrisiko begünstige. Erklärbar sei das unter anderem durch die Unterdrückung der Immunantwort. Hier seien aber weitere Forschungen notwendig, um mehr Erkenntnisse darüber zu erlangen, inwiefern sich Autoimmunerkrankungen und Covid-19-Infektionen beeinflussen.

Ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie soll hierbei helfen. Erfasst werden in einem Register Daten von Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankung und Covid-19-Infektion. Diese Daten werden auch in ein europäisches und globales Register eingespeist, um aussagefähige Informationen zu erhalten.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Neurodermitis. Online-Informationen der Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)www.gesundheitsinformation.de
  • Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2: Online-Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit (Stand: 14.4.2021)
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