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Neurogenes Zittern: Den Stress einfach abschütteln


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Stress freisetzen
Wie neurogenes Zittern beim Entspannen helfen kann


Aktualisiert am 25.04.2023Lesedauer: 4 Min.
Frau auf YogamatteVergrößern des Bildes
Um neurogenes Zittern im Liegen auszulösen, können anfangs verschiedene Vorübungen helfen. (Quelle: SimonSkafar/getty-images-bilder)
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Neurogenes Zittern soll dabei helfen, Stress und Anspannung abzubauen. Wir erklären, was hinter der Methode steckt.

Neurogenes Zittern ist eine Art aktiv ausgelöstes körperliches Zittern und kann als Entspannungsmethode genutzt werden. Das Zittern betrifft dabei hauptsächlich die Beine, kann sich jedoch auch ausweiten.

Ursprünglich war neurogenes Zittern Teil eines Übungskonzepts, welches Menschen, die Traumatisches erlebt, aber keinen Zugang zu professioneller Hilfe haben (zum Beispiel in Krisenregionen), dabei helfen sollte, den durch das Trauma erzeugten Stress wieder aus dem Körper freizusetzen. So jedenfalls die Idee dahinter.

Neurogenes Zittern ist leicht zu erlernen und kann wahrscheinlich auch allgemein dabei helfen, Stress abzubauen und besser zu schlafen. Wissenschaftlich ist die Methode jedoch nicht gut untersucht – die Forschung steckt noch in den Anfängen.

In den folgenden Kapiteln erfahren Sie mehr über den Hintergrund der Methode und den Ablauf der Übungen.

Was soll neurogenes Zittern bewirken?

Neurogenes Zittern wird in manchen Medien als reine Entspannungsmethode dargestellt. Genau genommen steckt jedoch mehr dahinter, denn ursprünglich entstammt sie dem TRE-Konzept. Die Abkürzung steht für "Tension and Trauma Release Exercises", was so viel wie "Übungen zum Loslassen von Anspannung und Trauma" bedeutet.

Entwickelt hat die Übungen der US-amerikanische Psychologe Dr. David Berceli, der in Krisengebieten in Afrika und im Mittleren Osten traumatisierte Menschen betreut hat. Ihm fiel auf, dass bei Kindern nach einem Schock oder traumatischen Erlebnis häufig eine Art unwillkürliches, unkontrollierbares körperliches Zittern einsetzte, das Erwachsene nicht mehr zeigten.

Ähnliche Stressreaktionen sind auch bei Tieren zu beobachten: In einer Gefahrensituation geht der Körper in den Kampf- oder Fluchtmodus. Ist weder Kämpfen noch Fliehen möglich, zeigen manche einen Totstellreflex: Der ganze Körper erstarrt, während Stresshormone den Körper durchfluten. Ist die Gefahrensituation vorüber, löst sich die körperliche Anspannung in einem Zittern auf, das den ganzen Körper ergreift.

Neurogenes Zittern als Selbstheilungsprozess

Berceli vermutete, dass das Zittern bei Kindern eine natürliche Reaktion sei – eine Art Selbstheilungsprozess, mit dessen Hilfe der Körper den erlebten Stress loswerden und das Trauma in gewisser Weise verarbeiten kann. Eine Fähigkeit, die Menschen jedoch offenbar verlernen, je älter sie werden, da körperliches Zittern bei Erwachsenen sozial unangebracht scheint, so seine Annahme.

Gelingt es dem Körper nicht, den Stress loszuwerden, bleibt er aus TRE-Sichtweise förmlich im Körper gefangen und kann krank machen – und etwa zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Das neurogene Zittern, so glaubte Berceli, sollte Betroffenen helfen können, den Stress wieder aus dem Körper freizusetzen. Und das unabhängig davon, wie lange der Stress oder das Trauma zurückliegt. Dabei sollen der Theorie nach mit jedem erneuten neurogenen Zittern immer weiter zurückliegende Stressereignisse aus dem Körper gelöst werden.

Zu diesem Zweck entwickelte Berceli eine Methode, das Zittern mithilfe von Übungen aktiv zu erzeugen, und brachte Menschen mit traumatischen Erlebnissen und/oder einer posttraumatischen Belastungsstörung bei, sie einzusetzen. Die Betroffenen schienen durch regelmäßiges neurogenes Zittern das Trauma besser verarbeiten zu können. Auch körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Schlafprobleme gingen dabei zurück. Um eine sichere Aussage über die Wirkungen und Nebenwirkungen treffen zu können, ist jedoch weitere Forschung nötig.

Wie läuft neurogenes Zittern ab?

Zum neurogenen Zittern gehören verschiedene einfache, dem Yoga und Tai-Chi entlehnte Vorübungen, die den Zitterreflex im Körper hervorbringen sollen. Diese beginnen im Stehen und enden im Liegen. Wichtig ist, dass Übende dabei auf ihr Körpergefühl hören – und aufhören, wenn sie sich unwohl fühlen.

Die insgesamt sieben Übungen, die das neurogene Zittern auslösen, konzentrieren sich dabei vor allem auf den großen Lendenmuskel: den sogenannten Psoas-Muskel (Musculus psoas major). Dieser verläuft von der Lendenwirbelsäule ausgehend zur Innenseite des Oberschenkels und verbindet Letzteren mit dem Hüftknochen.

Nach den sechs Vorübungen legt die Person sich auf einer Gymnastik- oder Yogamatte auf den Rücken und stellt die Beine angewinkelt dicht nebeneinander auf. Dann werden die Fußflächen aneinandergelegt und die Knie schmetterlingsähnlich entspannt zum Boden sinken gelassen. Aus dieser Position heraus drücken Übende das Becken nach oben und halten die Stellung eine Weile, bis sie Anspannung in den Beinen spüren.

Dann wird das Becken langsam wieder auf dem Boden abgesenkt. Die Füße liegen weiterhin aneinander und die Knie sind weiterhin schmetterlingsartig entspannt geöffnet. Bei manchen Übenden zeigt sich unter Umständen bereits jetzt ein erstes Zittern oder Schütteln in den Beinen. Dieses soll nicht unterdrückt, sondern los- und zugelassen werden, solange es sich angenehm anfühlt.

Übende können nun die Knie langsam aufeinander zubewegen, sodass diese allmählich wieder in eine aufrechte Position gelangen. Dabei verstärkt sich möglicherweise das neurogene Zittern.

Auf diese Art wird weiter verfahren, bis die Fußflächen etwa hüftbreit auf dem Boden stehen, die Knie aber noch einen leichten Auswärtstrend haben. Das Zittern, Schütteln oder Schlenkern besteht dabei in der Regel weiter. Wer sich dabei wohlfühlt, kann es weiter zulassen. Möglicherweise breitet sich das Zittern bis ins Becken und in den unteren Rücken hin aus.

Das neurogene Zittern fällt dabei nicht bei allen Menschen und nicht an allen Tagen gleich aus. Während manche ein eher zartes Zittern verspüren, entwickelt sich bei anderen unter Umständen eine Art heftiges Schütteln, bei dem sich die Beine oder der restliche Körper deutlich bewegen. Auch die Dauer des Zitterns kann sehr unterschiedlich sein.

Das Zittern kann jederzeit abgebrochen werden

Wer die Übung beenden will, lässt die Knie aufeinander zukippen und die Beine flach auf den Boden gleiten – und spürt den Auswirkungen des neurogenen Zitterns noch kurz nach. Möglicherweise kommen dabei auch Gefühle hoch.

Zu Beginn sollte neurogenes Zittern nicht länger als 15 Minuten angewendet werden. Wer bereits geübter ist, kann den Zitterreflex häufig auch ohne die Vorübungen herbeiführen. Viele berichten, dass sie sich nach dem neurogenen Zittern sehr entspannt fühlen.

Wichtig: Wer Traumatisches erlebt hat, bei dem macht neurogenes Zittern unter Umständen das Erlebte wieder präsenter. Deshalb sollten Betroffene, die bislang ihr Trauma in keiner Weise gesprächstherapeutisch aufgearbeitet haben, diese Methode besser nicht auf eigene Faust ausprobieren. Neurogenes Zittern kann jedoch eine Traumatherapie ergänzen – am besten mit professioneller Anleitung.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Winkler, S.: "Neurogenes Zittern – eine Ressource für die Entspannung". Entspannungsverfahren, Nr. 39, S. 7-17 (2022)
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