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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hotels und Restaurants "Das könnte vielen Betrieben das Genick brechen"
Noch sind die Biergärten voll, die Hotels gut gebucht. Angesichts der hohen Inflation könnte sich das jedoch bald ändern – und zum Problem für das Gastgewerbe werden.
Das Bier in der Kneipe: 5,20 Euro statt 4,10 Euro. Eine Übernachtung im Hotel: 79 Euro statt 69 Euro. Das Wiener Schnitzel im Restaurant: 23,50 Euro statt 17,90 Euro. Die Inflation macht auch vor dem Gastgewerbe nicht Halt.
Längst haben fast alle Betreiber von Restaurants, Bars und Hotels in Deutschland die Preise angehoben – schließlich müssen sie ebenfalls für vieles mehr bezahlen. Vor allem die Personalkosten sind stark gestiegen, aber auch die Einkaufspreise für Speisen und Getränke.
Bislang, so zeigen es die Umsatzstatistiken, sind die meisten Deutschen noch gewillt, mehr auszugeben, die gestiegenen Endpreise zu bezahlen. Das jedoch könnte sich bald ändern, wie die Chefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, warnt.
Hohe Inflation trübt Konsumstimmung
Nicht zuletzt aufgrund der drohenden Gaskrise und damit verbundenen steigenden Energiekosten dürfte das Geld der Verbraucher schon in Kürze nicht mehr ganz so locker sitzen. Gerade in der Freizeit, beim Essengehen und beim Urlaub könnten viele Menschen jetzt sparen – und damit dem Gastgewerbe Probleme bereiten.
"Bei nicht wenigen Gästen ist schon jetzt eine gewisse Konsumzurückhaltung zu spüren", sagte Hartges t-online. "Wenn alles teurer wird, sparen die Menschen auch an Urlauben und Restaurantbesuchen. Der Herbst dürfte für viele Betriebe erneut mit größten Herausforderungen verbunden sein."
Die Inflationsrate in Deutschland lag im Juni bei 7,6 Prozent. Teurer wurden neben Gas, Strom und Benzin vor allem Lebensmittel. Laut verschiedenen Umfragen schränken sich viele Menschen deshalb schon jetzt im Alltag ein. Auch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) meldete zuletzt: Die Kauflaune der Verbraucher ist auf ein Rekordtief gefallen.
"Sehnsucht nach Entspannung ist groß"
Diese Entwicklung beobachtet auch Dehoga-Chefin Hartges. Zwar seien die Biergärten und Restaurants derzeit noch gut besucht, die Hotels ordentlich gebucht, sagt sie: "Die Menschen wollen nach Corona wieder raus, die Sehnsucht nach Entspannung ist groß."
Gleichzeitig jedoch würden wegen der Inflation bei vielen Betrieben die Sorgen wachsen. "Die Personalkosten und Einkaufspreise für Lebensmittel sind bereits in erheblichem Umfang gestiegen und die Energiekosten explodieren", erklärt Hartges. Wenn zugleich noch die Einnahmen wegbrächen, werde es für viele Unternehmer eng.
Hartges rät den betroffenen Betrieben je nach Zielgruppe entgegenzukommen. "Das typische Wirtshaus in Bayern, in dem Stammgäste zwei-, dreimal die Woche einkehren, muss insbesondere auch den Geldbeutel seiner Gäste im Blick haben und Angebote machen, die sich die Gäste weiter leisten können."
Ampelstreit um abgesenkte Mehrwertsteuer
Dennoch sei es logisch, dass jeder Gastronom und Hotelier die Kostensteigerungen durch Preisanpassungen auffangen müsse. Hartges: "Zur Zukunftssicherung seines Betriebes und der Arbeitsplätze muss er Gewinne erwirtschaften."
Umso wichtiger sei es deshalb, dass der Staat die Branche unterstütze – oder ihr zumindest keine Steine in den Weg lege, etwa durch eine Anhebung der aktuell noch auf 7 Prozent abgesenkten Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie.
In der Ampelregierung gab es darüber unlängst Streit. Zwar sind sich die Regierungsfraktionen einig, die während der Corona-Pandemie beschlossene Absenkung der Steuer über das laufende Jahr hinaus abermals zu verlängern. Die Grünen jedoch sprachen sich zuletzt gegen eine dauerhaft niedrigere Mehrwertsteuer aus, die FDP ist hingegen dafür.
Gastronomen profitieren von geringerer Steuer
Hartges appelliert deshalb an den Bund: "Die Mehrwertsteuer von aktuell 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie muss dauerhaft bleiben. Eine Steuererhöhung auf 19 Prozent würde eine schlagartige Verteuerung bedeuten, die sich viele Menschen derzeit nicht leisten können. Das könnte vielen gastronomischen Betrieben das Genick brechen."
Nicht zuletzt aufgrund der steuerlichen Gleichbehandlung von Essen sei ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent notwendig. Auf diese Weise würde die Gastronomie, bei der die Gäste die Speisen vor Ort essen, mit Angeboten von Lieferdiensten gleichgesetzt, die Essen "to go" anbieten.
- Gespräch mit Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin Dehoga-Bundesverband