E-Mail an Mitarbeiter Bericht: Musk schließt Twitter-Pleite nicht aus
Dem Kurznachrichtendienst Twitter droht womöglich der Konkurs. Das schließt offenbar auch der neue Besitzer Elon Musk nicht mehr aus.
Elon Musk hat nach US-Medienangaben auch eine Pleite beim Kurznachrichtennetzwerk Twitter nicht ausgeschlossen. Dies soll er in einer internen E-Mail an Mitarbeiter angemerkt haben, berichtet unter anderem Bloomberg. "Ein Konkurs ist nicht ausgeschlossen", wird er zitiert. In den vergangenen Tagen kam das Unternehmen immer mehr unter Druck, auch weil sich wichtige Werbepartner nach der Übernahme durch Musk abgewandt haben.
Twitter könne im kommenden Jahr einen negativen Cash-Flow von mehreren Milliarden Dollar aufweisen, berichtete die Nachrichtenseite The Information am Donnerstag. Sollte der Konzern nicht mehr Geld einnehmen als er ausgebe "ist eine Pleite nicht ausgeschlossen", hieß es weiter. Auch eine Mitarbeiterin des Branchen-Newsletters Platformer zitierte auf Twitter eine entsprechende Aussage von Musk.
Eine Stellungnahme des Tesla-Chefs selbst lag zunächst nicht vor. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr von einem Insider, dass er ein Treffen mit der Belegschaft abhielt. Musk hatte Twitter Ende Oktober für 44 Milliarden Dollar übernommen. Er setzte unmittelbar darauf den bisherigen Chef Parag Agrawal und andere hochrangige Manager vor die Tür. Außerdem feuerte er rund die Hälfte der zuvor etwa 7.000 Beschäftigten.
Einige große Werbepartner wie Volkswagen und General Motors sowie der italienische Autokonzern Stellantis hatten angekündigt, ihre Werbung pausieren zu wollen. Diskussionen gab es auch um die Einführung eines kostenpflichtigen blauen Hackens, der bisher für verifizierte Konten bei Twitter stand.
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Home-Office-Regel wird zurückgenommen
Zuvor hatte Musk die Beschäftigten bereits in einer E-Mail vor schwierigen Zeiten gewarnt. Die wirtschaftliche Lage sei "schlimm", besonders für ein Unternehmen, das von Werbeeinnahmen abhänge. In dem Memo kündigte Musk auch neue Richtlinien in Sachen Homeoffice an – künftig ist Heimarbeit demnach nur noch mit seiner ausdrücklichen persönlichen Erlaubnis zulässig.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen laut dem Memo, aus dem US-Medien übereinstimmend zitierten, mindestens 40 Stunden pro Woche im Büro erscheinen. Vor der Übernahme durften Twitters Beschäftigte von überall aus arbeiten. Musk gilt als ausgesprochener Gegner des Homeoffice-Trends, das hatte er bereits bei seinem Elektroautokonzern Tesla deutlich gemacht.
Behörde könnte einschreiten
Nach Informationen der Washington Post droht noch weiteres Ungemach. Drei für die Sicherheit und Privatsphäre zuständige Mitarbeiter haben offenbar Twitter verlassen. Das wiederum könnte die amerikanischen Behörden auf den Plan rufen: Denn 2019 hatte Twitter, noch unter alter Führung, ein Abkommen mit der US-Regierung geschlossen.
Darin verpflichtet sich der Kurznachrichtendienst, sich an bestimmte Sicherheitsregeln und den Datenschutz zu halten. Dies könnte mit dem Weggang der Führungskräfte nicht mehr umgesetzt werden. Die zuständige Federal Trade Commission hatte der Washington Post gesagt, es verfolge die Entwicklungen bei Twitter mit großer Sorge. Wenn Twitter das Abkommen nicht einhalten würde, könne man einschreiten.
In seiner Einigung mit der FTC stimmte Twitter zu, Mitarbeiter zu ernennen, die für Datenschutz und Sicherheit verantwortlich sind. Das schloss auch einen Manager mit ein, der dafür verantwortlich wäre, zu bescheinigen, dass das Unternehmen die Vorschriften einhält. Die Abgänge werfen die Frage auf, ob eine solche Befehlskette noch vorhanden ist und ob die dort noch anwesenden Personen die Autorität und die Beziehungen haben, um sicherzustellen, dass die Anordnung durchgesetzt wird.
Bedenken wegen blauen Haken
Auch die Posse um die blauen Häkchen könnte ein Nachspiel haben. Twitter hatte am Mittwoch die von Musk angekündigte Neuordnung bei der Vergabe der Verifikations-Häkchen umgesetzt. Bisher wurden sie von Twitter nach einer Prüfung Prominenten, Politikern und Unternehmen zugestanden. Nach dem neuen System bekommt das Häkchen jeder, der 8 Dollar (7,85 Euro) pro Monat in einem Abo bezahlt. Eine Identitätsprüfung gibt es nicht.
Das Häkchen sieht dabei in beiden Fällen gleich aus. Ob man es mit einem früheren tatsächlich verifizierten Account oder mit einem neuen gekauften Häkchen zu tun hat, erfährt man nur aus dem Text nach Anklicken des Symbols.
Einige Nutzer machten von der neuen Funktion Gebrauch, um täuschend echt aussehende Fake-Accounts anzulegen: Etwa von Basketball-Star LeBron James, der Spielefirma Nintendo und Ex-US-Präsident Donald Trump.
Erste Nutzer gehen zu Mastodon
Derweil kann sich Mastodon, die Open-Source-Alternative zu Twitter, über großen Zulauf freuen. Der in Deutschland gegründete Kurznachrichtendienst verzeichnet seit der Twitter-Übernahme von Elon Musk Rekordwerte bei der Registrierung von neuen Nutzern. Seit dem 27. Oktober, einen Tag vor der Musk-Übernahme, wurden knapp 500.000 neue Profile erstellt, wie Firmengründer Eugen Rochko auf seinem Profil schreibt.
"Das ist ziemlich cool", freut er sich über den Zuwachs. Die Gesamtzahl der monatlich aktiven Nutzer sei auf über eine Million gestiegen (Stand: 7. November). Damit ist der Abstand zu Twitter mit seinen 238 Millionen Nutzern pro Tag aber noch riesig. Auch t-online ist jetzt unter dem Namen @tonline@mastodon.social dort zu finden.
- bloomberg.com: "Musk Tells Twitter Staff Bankruptcy of the Social Network Possible" (englisch)
- washingtonpost.com: "Twitter privacy executives quit, sparking FTC alarm" (englisch)
- Nachrichtenagentur Reuters