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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ohne Einbußen Rente mit 63: Jetzt lohnt sich der Hinzuverdienst
Lange durften Frührentner nicht unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wurde. Das ist nun anders – und lohnt sich tatsächlich.
Es war eine kleine Rentenrevolution: Seit 2023 gibt es neue Regeln beim Hinzuverdienst, die es auch Frührentnern ermöglichen, zwei Einkommen zu beziehen – ungekürzte Rente plus Gehalt. Die Stiftung Warentest hat an zwei Modellfällen durchgerechnet, wie Sie Frührente und Job jetzt am attraktivsten kombinieren.
Dabei haben sich die Tester angeschaut, wie sich das Einkommen einer Besserverdienerin mit gekürzter Frührente und das eines Normalverdieners mit abschlagsfreier Frührente in den kommenden 20 Jahren entwickeln würde, wenn sie sich für eines dieser vier Szenarien entscheiden würden:
- Frührente mit komplettem Ausstieg aus dem Berufsleben direkt zu Rentenbeginn
- Vollzeitarbeit bis zum Beginn der regulären Altersrente ohne vorzeitigen Rentenbezug
- Frührente und Vollzeitjob bis zur Regelaltersgrenze
- Frührente und Teilzeitjob bis zur Regelaltersgrenze
Modellfall 1: Die Besserverdienerin
Die Beispiel-Arbeitnehmerin hat immer überdurchschnittlich verdient und bekommt 2023 5.392 Euro brutto im Monat für ihren Vollzeitjob. Netto bleiben ihr davon rund 3.300 Euro. Da sie auf 35 Beitragsjahre kommt, kann sie mit 63 Jahren im September 2023 die vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte beziehen. Allerdings muss sie als 1960 Geborene Abschläge von 12 Prozent auf ihre Rente hinnehmen – und zwar lebenslang. Lesen Sie hier mehr zur Rente mit 63 und den möglichen Abschlägen.
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Nur wenn die Besserverdienerin mindestens 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt hätte, könnte sie abschlagsfrei in Frührente gehen. Dann allerdings erst mit 64 Jahren und vier Monaten, da sich auch die Altersgrenzen für diese vorgezogene Altersrente für besonders langjährig Versicherte (besser bekannt als "Rente mit 63") für die Jahrgänge ab 1953 nach hinten verschieben.
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Die Frage, die sich für die Modell-Arbeitnehmerin nun stellt: Kann sie mit der Kombination aus Frührente und Vollzeitjob die lebenslang niedrigere Rentenzahlung wettmachen, die sich ergibt, weil sie früher mit Abschlägen in Rente geht?
Ja, durchaus. Arbeitet sie neben der Frührente so lange Vollzeit weiter, bis sie mit 66 Jahren und vier Monaten ihre Regelaltersgrenze erreicht hat, steigert sie ihr Einkommen in diesen drei Jahren und vier Monaten nach Steuern und Sozialabgaben um insgesamt 47.477 Euro. Um mit einer höheren regulären Altersrente auf diese Summe zu kommen, müsste die Besserverdienerin den Berechnungen zufolge mindestens 90 Jahre alt werden.
Auch die Kombination aus Frührente und Teilzeitjob wäre für sie eine Überlegung wert. Zwar hätte sie dadurch nach 20 Jahren insgesamt 51.973 Euro weniger Einnahmen erzielt als mit Frührente plus Vollzeitjob, aber immerhin 74.429 Euro mehr, als wenn sie lediglich mit 63 in Frührente ginge und gar nicht mehr arbeiten würde.
Modellfall 2: Normalverdiener
Der Beispiel-Arbeitnehmer hat immer durchschnittlich verdient und bekommt 2023 3.595 Euro brutto im Monat. Das macht netto 2.360 Euro. Anders als die Besserverdienerin erfüllt er die Voraussetzungen für eine Rente für besonders langjährig Versicherte. Das bedeutet, er kann als ebenfalls 1960 Geborener ab Januar 2025 mit 64 Jahren und vier Monaten eine Frührente ohne Abschläge beziehen (siehe Tabelle oben).
Für ihn zeigt die Rechnung der "Finanztest"-Experten: Er erhöht sein verfügbares Einkommen um 8 Euro im Monat gegenüber einer regulären Altersrente, wenn er sich für die abschlagsfreie Frührente plus Vollzeitjob bis zur Regelaltersgrenze entscheidet. Zusätzlich erhöht er sein Einkommen in den zwei Jahren zwischen dem Beginn der Frührente und dem Erreichen der Regelaltersgrenze im Januar 2027 um 26.924 Euro (nach Steuern und Sozialabgaben).
Steuerliche Vorteile
Dass die Altersrente später sogar höher ausfällt, liegt nach Angaben der Experten an zwei Faktoren: Dank seiner 45 Beitragsjahre und der Möglichkeit, abschlagsfrei in Frührente zu gehen, schmälert sich seine reguläre Rente nicht. Und mit dem Hinzuverdienst sichert er sich noch die gleiche Anzahl Rentenanwartschaften, als würde er ohne Rente weiterarbeiten. Zudem bringt ihm die Frührente steuerliche Vorteile.
"Weil sein Renteneintritt durch den vorzeitigen Rentenbezug zwei Jahre früher liegt, stellt er sich steuerlich besser als bei einer Regelaltersrente", heißt es in "Finanztest" (Ausgabe 07/2023). "Sein steuerlicher Rentenfreibetrag liegt 2 Prozentpunkte höher. Er fällt, je später Versicherte in Rente gehen."
Der Rentenfreibetrag stellt sicher, dass Rentner nur auf einen Teil ihrer Rente Steuern zahlen müssen. Für den Beispiel-Frührentner liegt er im Jahr 2025 bei 15 Prozent. Würde er erst zwei Jahre später in Rente gehen, läge er nur noch bei 13 Prozent – 87 Prozent der Rente wären dann steuerpflichtig. Bis zum Jahr 2040 sollen Neurentner 100 Prozent ihrer Bezüge versteuern.
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Merke: Wer auf 45 Versicherungsjahre kommt und ohnehin bis zur Regelaltersgrenze weiterarbeiten möchte, sollte immer Frührente beantragen. Denn das rentiert sich allein wegen des derzeit noch bestehenden Steuervorteils.
Gut zu wissen
Auch wer bereits reguläre Altersrente bezieht, kann nebenbei hinzuverdienen. Das war schon immer möglich, ohne dass die Rente gekürzt wurde. Mehr zum Hinzuverdienst bei Rente lesen Sie hier.
Und auch die Kombination aus Frührente und Teilzeit würde ihn nicht schlechter stellen, als ginge er nicht in Frührente. Denn dann läge die spätere Netto-Regelaltersrente zwar 18 Euro niedriger, das verfügbare Einkommen würde sich bis dahin dank des Teilzeitjobs aber auf über 4.000 Euro mehr erhöhen.
Um diese Summe wieder hereinzuholen, müsste der Normalverdiener 18,5 Jahre regulär in Rente sein. Dann wäre er 84 Jahre und zehn Monate alt – was deutlich über der durchschnittlichen Lebenserwartung liegt.
- test.de: "Früher in Rente: Rente mit 63 – jetzt unbegrenzt dazuverdienen" (Stand: 21.6.2023)