Neuer Bundesbank-Chef Dieser Mann soll sich nun mit Christine Lagarde anlegen
Es ist keine leichte Aufgabe, die Joachim Nagel bald übernimmt: Der Ökonom wird Präsident der Bundesbank – als Nachfolger von Jens Weidmann. Besonders die Inflation könnte zum Problem werden, warnen Experten.
Der einstige Bundesbankvorstand Joachim Nagel krönt seine Karriere als Nachfolger von Jens Weidmann an der Spitze der deutschen Zentralbank. Bundesfinanzminister Christian Lindner teilte am Montag auf Twitter mit, Bundeskanzler Olaf Scholz und er schlügen den 55-jährigen Ökonomen für den Posten vor: "Er ist eine erfahrene Persönlichkeit, die die Kontinuität der Bundesbank sichert."
Die privaten Banken begrüßten die Ernennung, von der die Nachrichtenagentur Reuters wie auch das "Handelsblatt" vorab erfahren hatten. Sie passe "zur Rolle Deutschlands als Stabilitätsanker in Europa", erklärte Bankenpräsident Christian Sewing. Weidmann räumt Ende des Jahres aus persönlichen Gründen seinen Posten vorzeitig. Zwischenzeitlich war auch die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel als mögliche Nachfolgerin gehandelt worden.
Nagel "ein exzellenter Nachfolger für Jens Weidmann"
Nagel ist derzeit in Basel als Manager bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) tätig – eine Art Zentralbank der Zentralbanken. Das Bundesbank-Eigengewächs kehrt nun quasi zu seinen Wurzeln zurück. Der gebürtige Karlsruher durchlief bei der deutschen Zentralbank 17 Jahre lang verschiedene Stufen seiner Karriere.
Seine Wahl dürfte an der Bundesbank-Spitze einen reibungslosen Übergang ermöglichen, wenn Weidmann nach mehr als zehn Jahren am Steuerrad die Kommandobrücke verlässt.
Nagel sei ein Fachmann, der innerhalb der Bundesbank hoch angesehen sei, sagte der frühere Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret t-online. "Joachim Nagel ist ein exzellenter Nachfolger für Jens Weidmann. Er ist erfahren, gut vernetzt und kann sofort anfangen", so Dombret. "Das ist gut für die Bundesbank und gut für Deutschland."
Auch ZEW- Ökonom Friedrich Heinemann bläst ins gleiche Horn. "Nagel ist zuzutrauen, dass er weiterhin die deutsche Bundesbanktradition in die Debatten im EZB-Rat tragen wird, ohne dabei ideologisch fixiert zu sein", sagte er.
Inflation stieg zuletzt
Weidmann war in den vergangenen Jahren wiederholt auf Konfrontationskurs zur Mehrheitsmeinung in der Europäischen Zentralbank (EZB) geraten. So auch zuletzt, als er mit zwei weiteren Kollegen im Rat Teile der jüngsten Beschlüsse nicht mittrug.
Stein des Anstoßes war das sogenannte Pandemie-Notprogramm PEPP: Fällige Tilgungsbeträge sollen noch bis mindestens Ende 2024 reinvestiert werden – aus Sicht der Kritiker eine zu lange Festlegung auf eine lockere Linie. Zudem warnte Weidmann bei anderer Gelegenheit offen, die EZB solle die Inflationsrisiken "nicht ignorieren und wachsam bleiben".
Im November stieg die Teuerung in der Euro-Zone auf ein Rekordniveau von 4,9 Prozent. Damit ist sie weit über das Ziel der EZB von 2,0 Prozent hinausgeschossen und wird laut den Prognosen der Notenbank auch nächstes Jahr darüber liegen.
Warnung vor "massiven Inflationsrisiken"
Auch mit Blick auf diese Sorgen twitterte Finanzminister Lindner, angesichts von Inflationsrisiken wachse die Bedeutung einer stabilitätsorientierten Geldpolitik. "Im Euroraum bestehen massive Inflationsrisiken. Insofern kommt es mehr denn je auf eine stabilitätspolitische Orientierung an", meint auch Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer.
Aber Nagel werde wie Weidmann auf einen EZB-Rat treffen, dessen Mehrheit einer lockeren Geldpolitik zuneige. Leicht wird es Nagel also dort nicht haben.
Der promovierte Volkswirt Nagel saß in seiner langen Bundesbank-Karriere insgesamt sechs Jahre im Vorstand. Dort war er unter anderem für das wichtige Ressort Märkte zuständig, das die konkrete Umsetzung der Geldpolitik steuert. 2017 wechselte Nagel zur Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und dann im Jahr 2020 zur BIZ, wo er Deputy Head of Banking ist.
- Nachrichtenagentur Reuters
- Gespräch mit Andreas Dombret