Intel-Chef prognostiziert Das Schlimmste steht der Industrie beim Chipmangel noch bevor
Der Chipmangel bremst die wirtschaftliche Erholung bei vielen Autobauern aus – und er dürfte sich noch verschärfen. Das prognostiziert der Chef des Chip-Riesen Intel und erklärt die Hintergründe für die anhaltende Krise.
Der Chip-Riese Intel rechnet damit, dass sich die globale Halbleiter-Knappheit in den kommenden Monaten noch zuspitzt und bis ins Jahr 2023 hinein andauern kann. "Während ich erwarte, dass die Talsohle bei den Engpässen in der zweiten Jahreshälfte durchschritten wird, wird es noch ein oder zwei Jahre dauern, bis die Industrie die Nachfrage vollständig erfüllen kann", sagte Intel-Chef Pat Gelsinger am Donnerstag.
Die Halbleiterknappheit macht derzeit dem gesamten Automobilbau zu schaffen. Immer wieder mussten Autobauer die Produktion drosseln oder zeitweise wegen des Chipmangels aussetzen. Zuletzt hat die Chipkrise den Autobauer BMW in Leipzig ausgebremst.
In dem sächsischen Werk habe in dieser Woche nur an einem von fünf Tagen produziert werden können, sagte Sprecher Kai Lichte am Donnerstag. Rund 4.000 Autos hätten wegen des Produktionsstopps nicht gebaut werden können.
Intel will Kapazitäten ausbauen – Übernahmen nicht ausgeschlossen
Intel ist dabei, Produktionskapazität aufzubauen. Zu Gelsingers Plan gehört dabei, den Konzern verstärkt auch zum Auftragsfertiger für andere Chip-Entwickler zu machen. Man sei in Gesprächen mit rund 100 potenziellen Kunden, sagte er. Namen wurden nicht genannt.
Übernahmen zum Ausbau der Kapazitäten seien für Intel aktuell nicht von entscheidender Bedeutung, aber auch nicht ausgeschlossen, betonte Gelsinger. Vor einigen Tagen hatte es in Medienberichten geheißen, Intel habe Gespräche über eine Übernahme des Auftragsfertigers Globalfoundries für rund 30 Milliarden Dollar geführt.
Rückschläge bei der Entwicklung
Der Chef von Globalfoundries, Thomas Caulfield, stellte jedoch wenig später klar, dass es keinen Verkauf an Intel geben werde. Gelsinger zeigte sich überzeugt, dass es eine Konsolidierung in der Branche geben werde.
Intel hat ein Problem in seiner Fertigung: Die Einführung modernerer Produktionsprozesse verzögert sich wegen Rückschlägen bei der Entwicklung. Zugleich wächst die Konkurrenz – nicht nur durch den kleineren Erzrivalen AMD , sondern zum Teil auch durch bisherige Kunden wie Apple , die eigene Chips entwickeln.
Aktuell profitiert Intel weiterhin vor allem von der erhöhten PC-Nachfrage in der Corona-Pandemie. Der Konzern verkaufte im vergangenen Quartal allein 40 Prozent mehr Notebook-Prozessoren als ein Jahr zuvor. Mit dem Arbeiten und Lernen von Zuhause aus bekam der lange Zeit schwächelnde PC-Markt einen bis heute andauernden Schub.
Konzernumsatz unverändert
Zugleich ging im vergangenen Quartal aber das Geschäft mit Rechenzentren im Jahresvergleich zurück, wie Intel am Donnerstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Der Konzernumsatz blieb demnach mit 19,6 Milliarden Dollar (16,6 Milliarden Euro) praktisch unverändert. Auch der Gewinn war mit einem Minus von 0,8 Prozent auf 5,06 Milliarden Dollar auf Vorjahresniveau.
Die Erlöse der PC-Sparte des Konzerns stiegen angesichts gesunkener Durchschnittspreise verkaufter Chips deutlich weniger stark als die Stückzahlen – um 6,4 Prozent auf 10,1 Milliarden Dollar. Der Umsatz im Geschäft mit Rechenzentren sank binnen eines Jahres um 9,3 Prozent auf 6,45 Milliarden Dollar. Intel bekam zuletzt mehr Konkurrenz in dem Bereich.
Der Intel-Umsatz im vergangenen Quartal übertraf die Erwartungen der Analysten. Und das Unternehmen hob seine Erlöseprognose für das laufende Jahr um eine Milliarden Dollar auf 73,5 Milliarden an. Anleger ließen die Intel-Aktie im nachbörslichen Handel dennoch zeitweise um gut zwei Prozent fallen.
- Nachrichtenagentur dpa