Chinesen auf Einkaufstour Berlin fordert Schutzwall gegen China-Übernahmen
China auf Shoppingtour in Deutschland und Europa: Seit längerem kaufen Investoren aus dem Reich der Mitte gezielt Hightech-Firmen auf, um die eigene Industrie in Fernost zu stärken. Die Bundesregierung will dem höhere Hürden setzen und fordert von der EU-Kommission jetzt endlich Taten. Das Thema drängt, denn die Zahl der Übernahmen nimmt weiter zu.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hat den Druck in der Frage nun nochmals erhöht. Nachdem Deutschland, Frankreich und Italien dazu bereits vor Monaten gemeinsam in Brüssel vorstellig geworden sind, drängt die Ressortchefin nun auf eine Ausweitung der Kompetenzen der EU-Staaten, um von Peking forcierte Firmenübernahmen in letzter Konsequenz zu stoppen.
Die zahlreichen Firmenkäufe durch chinesische Investoren und der damit verbundene Kapitalzufluss belegten zwar die Attraktivität des Standortes Europa und sicherten auch in Deutschland Wachstum, Wertschöpfung und Arbeitsplätze, schreibt Zypries an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Zugleich aber warnt sie: Es sei zu erkennen, dass China sich bei Übernahmen in Europa und Deutschland einseitig auf "industrielle Hoch- und Schlüsseltechnologien" konzentriere.
Zugleich bleibe der chinesische Markt europäischen Investoren weiterhin in vielen Bereichen verschlossen. "Offene Märkte dürfen aber keine Einbahnstraße sein", betont die SPD-Politikerin. Die EU-Staaten sollten die Möglichkeit bekommen, in Einzelfällen "nicht marktkonforme, also inbesondere staatlich gelenkte oder subventionierte strategische Erwebe von Unternehmen", die Schlüsseltechnologien entwickeln oder herstellen, zu prüfen und notfalls zu untersagen.
Mehr Übernahmen durch chinesische Investoren
Zypries hatte ihre Forderungen schon im Februar mit ihren Amtskollegen aus Paris und Rom an EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström geschickt – mit der Bitte um konkrete Vorschläge der Kommission. Seitdem ist aus Berliner Sicht nicht mehr allzuviel passiert. Zypries betont in dem Brief aber, sie sei dankbar, dass Juncker sich des Themas mittlerweile persönlich angenommen habe.
Der Handlungsdruck in der Frage wächst: 2016 gab es in Deutschland einer Studie von Ernst & Young zufolge 68 Übernahmen durch chinesische Käufer. Gesamtpreis: 12,6 Milliarden US-Dollar. Das waren mehr Übernahmen als in den vorangegangenen zehn Jahren zusammen. So kaufte der chinesische Midea-Konzern trotz Bedenken der Politik den Augsburger Roboterhersteller Kuka. Die China-Übernahme des Spezialmaschinenbauers Aixtron platzte dagegen, weil der damalige US-Präsident Barack Obama wegen Sicherheitsbedenken Nein sagte. Und Zypries betont: "2017 ist die Zahl der Übernahmen durch chinesische Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr bereits deutlich gestiegen."
Bundesregierung baute Vetorecht aus
Die Bundesregierung hatte erst kürzlich ihr nationales Vetorecht gegen die Übernahme strategisch wichtiger Firmen durch ausländische Investoren ausgebaut. Besser geschützt werden nun weitere Rüstungsfirmen, deren Produkte etwa zur "elektronischen Kriegsführung sowie die zu deren Herstellung notwendige Ausrüstung eine zunehmend herausragende Bedeutung" hätten. Ebenso hält die Regierung ihre schützende Hand über Telekom-Anbieter, die Cloud-Anwendungen anbieten.
Das Wirtschaftsministerium kann eine Übernahme prüfen, wenn ein ausländischer Interessent mit Sitz außerhalb der EU mindestens 25 Prozent der stimmberechtigten Anteile kauft. Das gilt vor allem für strategisch wichtige Branchen wie Telekommunikation/IT, Rüstung oder Strom- und Wasserversorgung, wo Sicherheits- und Landesinteressen oder die Versorgung bedroht sein könnten. Jährlich schaut sich das Ministerium etwa 40 bis 50 ausländische Investitionen in Deutschland an.
Wirtschaftsverbände hatten die Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes – unmittelbar nach dem G20-Gipfel in Hamburg, wo Gastgeber Deutschland für freie Weltmärkte eintrat – massiv kritisiert. Dies schrecke Investoren ab.