BGH verhandelt Darf die Wohnung an Touristen vermietet werden?
Darf eine Wohnungseigentümerin ihre Unterkunft kurzzeitig vermieten, wenn andere Parteien im Haus dagegen sind? Für Städte mit wenig Wohnraum könnte das Urteil weitreichende Konsequenzen haben.
Eine Frau möchte ihre Wohnung an Feriengäste vermieten – aber die Nachbarn machen dagegen geschlossen Front. Sie wollen nicht ständig neue Leute im Haus. Gestritten wird längst vor Gericht. Seit Freitag beschäftigt der Fall aus Papenburg im Emsland in letzter Instanz den Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH). Ihr Urteil wollen die Richter am 12. April verkünden. (Az. V ZR 112/18)
Worum genau geht es?
In der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind kurzzeitige Vermietungen ausdrücklich erlaubt – bis zum 29. März 2017: An diesem Tag beschließt die Eigentümerversammlung mit Dreiviertel-Mehrheit, dass die acht Wohnungen künftig nicht mehr täglich oder wöchentlich wechselnden Feriengästen überlassen werden dürfen, auch nicht anderen Leuten, die nur kurz in der Gegend sind. Die Klägerin will das nicht akzeptieren. Sie ist der Meinung, dass der Beschluss nicht gilt.
Welche Spielregeln gelten unter Wohnungseigentümern?
Das wichtigste Dokument ist die sogenannte Teilungserklärung. "Sie ist gewissermaßen die Verfassung der WEG", erläutert Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund. Üblicherweise wird sie ganz am Anfang vereinbart. Änderungen müssen grundsätzlich alle zustimmen.
Weil das sehr unflexibel ist, enthalten viele Teilungserklärungen aber Öffnungsklauseln. Darin steht, dass bestimmte Regelungen auch schon mit einer festgelegten Mehrheit verändert werden dürfen. So eine Klausel haben sich die Ferienwohnungsgegner zunutze gemacht.
Warum könnte das problematisch sein?
Der BGH hat 2010 in einem ähnlichen Streit aus Berlin entschieden, dass die Eigentümer einem der ihren das Vermieten an Touristen und Geschäftsreisende nicht einfach so verbieten können. Bis dahin war umstritten, ob dies noch – zulässige – Wohnnutzung oder gewerbliche Nutzung ist. Die Richter entschieden sich für die erste Lesart: Die Wohnung diene ja auch den Gästen als Unterkunft.
Grundsätzlich kann jeder Eigentümer laut Urteil seine Wohnung nutzen, wie er will – solange er die anderen damit nicht über die Maße beeinträchtigt.
Was geht noch, was nicht?
Dass zu Kurzzeit-Gästen keine persönliche Beziehung entsteht und im Haus fremde Leute ein- und ausgehen, ist nach dem Urteil von 2010 kein Hindernisgrund. So etwas könne einem auch mit anderen Nachbarn passieren. Es sei auch nicht unbedingt gesagt, dass Touristen mit der Anlage weniger pfleglich umgehen.
Wann das Maß überschritten sein kann, zeigt eine andere Entscheidung von 2012: Damals sprach der BGH Berliner Mietern Mietminderung zu, weil in dem Haus in immer mehr Wohnungen junge Stadttouristen wohnten, die nachts Partys feierten, wegen der fehlenden Rezeption an der Wohnungstür klingelten, den Fahrstuhl blockierten und das Treppenhaus zumüllten.
Und der Streit in Papenburg?
Das Urteil von 2010 enthält noch eine wichtige Bedingung: Kurzzeitige Vermietung ist zulässig – "wenn die Teilungserklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben".
Die Frage ist allerdings, ob die Papenburger WEG dies nachträglich und gegen die Stimme der betroffenen Eigentümerin tun durfte. 2014 hat der BGH etwa einen mit Zweidrittelmehrheit gefassten WEG-Beschluss gekippt, der dazu geführt hätte, dass die Eigentümer im Erdgeschoss künftig ihren Garten auf eigene Kosten selbst pflegen müssen.
Auch ein generelles Vermietungsverbot wäre nicht möglich, wie die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann in der Karlsruher Verhandlung sagte. "Wir haben hier nicht so einen krassen Fall." Beim Eigentum müsse es aber einen Kern geben, der mehrheitsfest sei.
Was kann sonst gegen das Vermieten an Feriengäste sprechen?
In etlichen Kommunen mit Wohnungsnot gelten inzwischen sogenannte Zweckentfremdungsverbote für Wohnraum. Wer etwa in Berlin seine eigene Wohnung an Feriengäste vermieten will, wenn er nicht da ist, braucht dafür eine Genehmigung mit Registriernummer.
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Bei Unterkunftsvermittlern im Internet wie Airbnb muss diese Nummer angegeben werden. Auswärtige mit einer Zweitwohnung in der Hauptstadt dürfen diese an höchstens 90 Tagen im Jahr an Feriengäste vergeben.
- Nachrichtenagentur dpa