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Lasten fair aufteilen: Wie die gesetzliche Rente künftig aussehen müsste


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Faire Lastenteilung
Wie die gesetzliche Rente künftig aussehen müsste

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 15.06.2021Lesedauer: 4 Min.
Ein Senioren-Ehepaar (Symbolbild): Das Rentensystem muss reformiert werden.Vergrößern des Bildes
Ein Senioren-Ehepaar (Symbolbild): Das Rentensystem muss reformiert werden. (Quelle: getty-images-bilder)

Die nächste Bundesregierung wird die Rente reformieren müssen. Statt markiger Ankündigungen muss ein fairer Lastenausgleich gefunden werden.

Es ist das Hui-Buh-Gespenst der Sozialpolitik. Wie in der Geisterbahn springt "Die Rente mit 68" von Zeit zu Zeit aus einem Winkel hervor, erschreckt die vergnügungssüchtige Gesellschaft ordentlich, und verschwindet dann genauso plötzlich in der Versenkung.

Doch diesmal wird es bleiben. Denn an einer Reform der Rente kommt die nächste Bundesregierung nicht vorbei. Und doch ist es falsch, deshalb den größtmöglichen Schrecken zu verbreiten.

Besser wäre es, zuerst einmal auf die Spielräume für die einzelnen Gruppen im Rentensystem zu schauen.

Lebenserwartung künftig besser berücksichtigen

Erstens, die Rentner: Den heutigen Rentnern etwas wegzunehmen, wäre nicht nur falsch, es wäre auch ungerecht. Denn wer einmal im Ruhestand ist, hat kaum noch Möglichkeiten, zusätzlich für die eigene Alterssicherung zu arbeiten und zu sparen.

Dennoch ist ein Beitrag auch dieser Gruppe zur Sanierung der Rentenfinanzen möglich und nötig: Wenn man zum Beispiel künftig berücksichtigen würde, dass besser gestellte Senioren in der Regel deutlich länger leben als solche mit einem niedrigen Alterseinkommen.

Bisher passiert das nicht, obwohl die Wohlhabenden im Vergleich zu den Unglücklicheren ihrer Alterskohorte fast sieben Jahre länger leben, und auch deshalb deutlich bessergestellt sind: Auf die Lebenszeit gerechnet, bekommen sie aus der Rentenversicherung viel mehr heraus.

Würde man also künftig die Lebenserwartung angemessen bei der Berechnung der Rentenanpassungen berücksichtigen, würden die Altersbezüge bessergestellter Rentnerinnen vorsichtiger angehoben als die der anderen.

Gesundheitsvorsorge und Weiterbildung für Jüngere

Zweitens, die nächsten Rentner: Auch in ihre Ansprüche kann und sollte der Staat nur sehr behutsam eingreifen. Denn erstens können auch 55-Jährige nur noch begrenzt zusätzlich für das Alter vorsorgen, wenn sich die Bedingungen ändern. Zweitens arbeiten diejenigen, die demnächst das Rentenalter erreichen, ohnehin schon ein Jahr länger als die Generation ihrer Eltern.

Das gesetzliche Rentenalter liegt heute bei knapp 66 Jahren. Gut wäre allerdings, wenn die meisten es erreichen würden: in Wirklichkeit gehen Arbeitnehmerinnen durchschnittlich mit knapp 62 Jahren in Rente.

Statt also ausführlich über die Rente mit 68 zu philosophieren, wäre es besser dafür zu sorgen, dass mehr Beschäftigte bis zum vorgesehenen Renteneintrittsalter arbeiten können. Gesundheitsvorsorge und Präventionsmaßnahmen können dabei helfen. Regelmäßige Weiterbildungen auch in der Generation 50 plus wären notwendig, außerdem mehr Möglichkeiten, in den letzten Jahren des Erwerbslebens in eine vielleicht weniger anstrengende Arbeit zu wechseln.

Aufhebung des gesetzlichen Rentenalters wäre gut

Vor allem aber muss der Vorruhestand beendet werden. Immer noch entledigen sich Unternehmen ihrer älteren Beschäftigten, indem sie sie mit einem Zuschuss von der Personalabteilung in die Frührente verabschieden. Weil das in Konjunkturkrisen und im Strukturwandel den Arbeitsmarkt entlastet, schließen Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften dafür sogar Tarifverträge.

Wem es ernst ist mit dem Gerede vom Generationenvertrag, muss diese Verabredungen schleunigst kündigen. Das gesetzliche Rentenalter einfach aufzuheben, wäre auch eine gute Idee. Denn viele ältere Arbeitnehmer würden gern weiterarbeiten, dürfen aber nicht. Ihr Fleiß würde allen nutzen. Auch in dieser Generation sollte die unterschiedliche Lebenserwartung einzelner Gruppen künftig berücksichtigt werden.

Junge Menschen besser ausbilden

Drittens, die junge Generation: Für die Jüngeren ist erst einmal wichtig, dass der Beitragssatz einigermaßen erträglich bleibt und das Rentenniveau, das sie erwarten können, nicht zu stark sinkt. Sonst werden sie irgendwann nicht mehr bereit sein, in die Rentenkasse einzuzahlen und sich stattdessen beispielsweise in die Selbstständigkeit abmelden. Außerdem geht es für sie um die Sicherung der eigenen Altersvorsorge.

Deshalb braucht man für diese Gruppe viele Wege: Je mehr Jüngere einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, desto besser für die Rentenkasse und die anderen Sozialkassen.

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Es wäre also vernünftig, möglichst viele junge Menschen so gut auszubilden, dass sie anschließend auch eine Arbeit finden. Teilzeitbeschäftigte sollten sich endlich aus ihren Mini-Verträgen lösen können: Die meisten von ihnen würden gern ein paar Stunden mehr arbeiten, scheitern aber bisher an mangelnder Flexibilität der Arbeitsabläufe und -verträge.

Zusätzliche Einwanderung ist notwendig

Dennoch werden die Jüngeren höhere Versicherungsbeiträge schultern müssen. Gerade deshalb muss auch an die Rente gedacht werden, die die jungen Leute später einmal erwarten. Zum Beispiel, indem schon bald zusätzlich zum Rentensystem ein Staatsfonds aufgelegt wird, wie ihn das Münchner Ifo-Institut vorgeschlagen hat: Dafür würde ein Teil des Bundeshaushalts eingezahlt, ein Teil als Kredit aufgenommen. Im Alter würden die heute jungen Leute aus diesem Topf eine zusätzliche Auszahlung bekommen, um drohende Altersarmut zu lindern.

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All das würde das System stabilisieren, aber nicht sanieren. Mehr Einwanderung von Arbeitssuchenden ist zusätzlich nötig, vermutlich auch ein dauerhaft größerer Zuschuss aus dem Bundeshaushalt.

Die Überlegung, zusätzliche Gruppen wie Selbstständige oder Beamte in die Rentenversicherung einzubeziehen, muss sorgfältig zu Ende geführt werden: Die Konsequenzen wären nämlich nicht nur auf der Einnahme- sondern auch auf der Ausgabenseite beträchtlich.

Diese Diskussion wird schwierig und schmerzhaft. Sie kann nur dann gelingen, wenn am Ende möglichst alle die Lastenteilung als gerecht empfinden.

Es wäre gut, das Gespenst aus der Geisterbahn in Rente zu schicken. Jetzt. Bevor der Wahlkampf richtig anfängt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Im August erscheint ihr neues Buch: Die Kanzlerin. Portrait einer Epoche. Sie können es jetzt schon vorbestellen.

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