Arbeitszeiten-Urteil "Überstunden sind die Voraussetzung für Erfolg im Job"
Jede Arbeitsstunde muss aufgezeichnet werden: Der Europäische Gerichtshof will so Arbeitnehmerrechte verbessern. Doch ist Mehrarbeit wirklich so schlimm?
Mehr Kontrolle für Arbeitnehmer: Das will der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil bewirken. Zukünftig sollen Arbeitgeber alle Arbeitszeiten aufzeichnen. So soll sichergestellt werden, dass in Unternehmen Ruhezeiten eingehalten werden. Doch sind Überstunden wirklich notwendig?
Wer keine Überstunden machen will, hat die falsche Einstellung
Überstunden sind der Parmesan auf der Pasta. Die Kurkuma im Curry. Ohne wird es öde. Sie sind die Voraussetzung für Erfolg im Job – und für Spaß an der Arbeit.
Kollegen mit der richtigen Einstellung brennen für ihre Arbeit. Sie vergessen, auf die Uhr zu schauen, weil ihnen die Arbeit derartig Spaß macht. Sie sind an spannenden Projekten beteiligt, weil sie eigene Dinge jenseits des Alltags umsetzen – und keine Angst vor der Mehrarbeit haben.
Überstunden sind die Grundlage für Karriere. Die Vorstellung, dass jemand mehr leistet, obwohl er früher nach Hause geht, ist ein Märchen, das von den Stiftfallenlassern erfunden wurde. Leute, die mehr arbeiten, leisten in aller Regel mehr. Sie werden auch schneller besser.
Überstunden zeigen: Ich will meine Arbeit richtig machen, nicht nur so lala, weil jetzt Dienstschluss ist.
Überstunden schweißen die Mitarbeiter zusammen; dann, wenn alle am Limit arbeiten und sich noch besser unterstützen müssen. Die Schoner haben sich dann längst aus dem Staub gemacht und das Team im Stich gelassen.
Den Begriff Überstunden verwenden viele Kollegen übrigens gar nicht. Er klingt ihnen viel zu negativ. Sie waren damit beschäftigt, ihren Traum zu verwirklichen – und wer will so etwas aufrechnen?
Ständige Überstunden sind Ausbeutung
Ich hätte gerne ein Gütesiegel für Unternehmen, so wie für Bio-Hühnereier. Auf dem Siegel soll stehen: "Wir arbeiten ohne Überstunden".
Wenn ein Betrieb nur funktioniert, wenn Arbeitnehmer ständig Mehrarbeit leisten, ist es nämlich ein schlecht geführtes Unternehmen.
Zum einen scheint es größere wirtschaftliche Probleme zu geben, wenn es ein Betrieb nicht schafft, langfristig mit dem zu planen, was er hat: den vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden. Kann ich wirklich den Diensten eines Unternehmens vertrauen, das nicht mal die Grundlagen des guten Wirtschaftens beherrscht?
Zum anderen ist es nicht zuletzt eine moralische Frage. Ob es um Kreativberufe oder Angestellte im Supermarkt geht: Kann ich eine Leistung wirklich genießen, wenn sie nur durch Ausbeutung zustande kommt? Längst nicht jeder kann es sich nämlich leisten, sich gegen Überstunden zu wehren – und einen Rauswurf zu riskieren.
Ein Überstundensiegel würde das Problem nicht zur Gänze lösen. Es würde aber Aufmerksamkeit schaffen – auch in Unternehmen, die das Siegel nicht tragen. Dann denken Kunden möglicherweise nicht nur an gequälte Hühner in engen Ställen, sondern auch an die Kassiererin, die für wenig Geld zu viele Stunden arbeitet.
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