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Arbeitszeugnisse: Was darf im Zeugnis stehen?


"Selbstständige Arbeitsweise"
Arbeitszeugnis: Was muss drinstehen und was nicht?

t-online, dpa, sia

Aktualisiert am 11.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Zeugnis vom Arbeitgeber: Im Arbeitszeugnis kommt es genau auf die Formulierung an.Vergrößern des Bildes
Zeugnis vom Arbeitgeber: Im Arbeitszeugnis kommt es genau auf die Formulierung an. (Quelle: suedraumfoto/imago-images-bilder)

Wer sich einen neuen Job suchen will oder auch muss, braucht ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Was aber, wenn Chef und Mitarbeiter nicht gerade im Guten auseinandergehen? Lesen Sie, was in ein Arbeitszeugnis gehört und wie ehrlich die Bewertung des Vorgesetzten sein darf.

Seinem Ärger im Arbeitszeugnis nach Herzenslust und ganz offen Luft machen – das darf der Chef definitiv nicht. Nach der aktuellen Rechtsprechung sollten Arbeitszeugnisse immer wohlwollend im Interesse des Mitarbeiters formuliert sein, so dass sie dessen weiteren Berufsweg nicht behindern. Die Regel gilt selbst dann, wenn die tatsächlichen Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers vielleicht gar kein Lob rechtfertigen.

Das Landesarbeitsgerichts Nürnberg hatte beispielsweise einer Frau Recht gegeben, die mit ihrem Ex-Arbeitgeber vor Gericht um einen Passus stritt, der ihr Verhalten bewertete (Az.: 7 Sa 641/08). Sie bestand auf der Formulierung "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war jederzeit einwandfrei". Der Arbeitgeber hingegen wollte den Satz nicht in das Zeugnis aufnehmen, das Zeugnis sei dann falsch und sittenwidrig.

Arbeitsleistung darf falsch bewertet werden

Nach Einschätzung der Richter ist das jedoch nur der Fall, wenn ein Zeugnis einen falschen Eindruck von der Redlichkeit und Zuverlässigkeit eines Bewerbers erwecke. Werde aber nur die Arbeitsleistung falsch bewertet, könne sich ein neuer Arbeitgeber in der Probezeit selbst einen Eindruck darüber verschaffen, ob der Mitarbeiter den Anforderungen entspricht.

Sicher könnte der Chef, um der schlechten Leistung oder dem unangemessenen Verhalten des Mitarbeiters Ausdruck zu verleihen, beides im Arbeitszeugnis einfach nicht bewerten. Doch auch das kann sich negativ auswirken, sagt Arbeitsrechtler Ulf Weigelt auf "zeit.de". Denn fehle ein fester Bestandteil des Arbeitszeugnisses wie die Bewertung des Sozialverhaltens, müsse der Arbeitgeber damit rechnen, dass der Angestellte eine Berichtigung verlange.

Spezielle Sprache enthüllt die Wahrheit

Dennoch ist niemand sicher davor, im Zeugnis schlecht benotet zu werden. Dem Experten zufolge reichen beispielsweise Formulierungen wie "Das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war insgesamt zufriedenstellend" oder "Er/Sie wurde als umgängliche/r Kollege/Kollegin geschätzt" aus, um deutlich zu machen: Das Sozialverhalten dieses Jobkandidaten ließ zu wünschen übrig.

Und selbst was positiv klingt, kann einen Haken haben: Der Satz "Sein/Ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war stets einwandfrei" lasse etwa zwischen den Zeilen erkennen, dass der Arbeitnehmer zu den Kollegen ein besseres Verhältnis gehabt habe als zu seinen Vorgesetzten, erläuterte Weigelt.

Grundsätzlich sollte ein Arbeitszeugnis neben der fachlichen Qualifikation, den tatsächlich erbrachten Leistungen und dem Engagement für das Unternehmen auch das Verhältnis zu gleichgestellten Mitarbeitern und Führungskräften sowie eine Schlussformel umfassen.

Kündigungsgrund gehört nicht ins Zeugnis

Im Sinne der gesetzlich vorgeschriebenen wohlwollenden Darstellung des Mitarbeiters sollte im Arbeitszeugnis etwa nicht stehen, warum das Unternehmen sich von dem Mitarbeiter getrennt hat. Weigelt zufolge sollten Chefs auch darauf verzichten, sich im Zeugnis über das Gehalt, Krankheiten und die Gewerkschafts- oder Betriebsratszugehörigkeit des ausscheidenden Kollegen zu äußern.

Diebstahl am Arbeitsplatz darf erwähnt werden

Ebenfalls nicht ins Zeugnis gehört, wenn der Mitarbeiter einer Straftat – etwa eines Diebstahls – verdächtigt wird. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschieden (Az.: Sa 359/05). Anders sieht es aus, wenn der Mitarbeiter am Arbeitsplatz geklaut hat, das Vergehen also in Zusammenhang mit der Arbeit steht. In dem Fall darf der Arbeitgeber den Diebstahl im Zeugnis erwähnen.

Laut Arbeitsrechtlern kann aber schon der Hinweis auf das vorzeitige Ende eines Arbeitsverhältnisses im Zeugnis deutlich machen, das etwas im Argen lag. Formulierungen wie "Wir waren bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seiner/ihrer Vertrauenswürdigkeit überzeugt" oder "Er/Sie war gegenüber Kollegen ehrlich" zeigen dann deutlich, dass der Mitarbeiter den Arbeitgeber bestohlen hat.

Zeugnisbrauch regelt allgemein übliche Einträge

Nicht nur was in einem Arbeitszeugnis steht, kann zu Ärger führen – auch fehlende Angaben können Probleme machen. Denn: Arbeitgeber müssen beim Schreiben von Zeugnissen beachten, was dort üblicherweise hineingehört. Das ist der sogenannte Zeugnisbrauch.

Fehlen allgemein übliche Einträge, haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein berichtigtes Zeugnis. Je nach Branche und Job kann der Zeugnisbrauch aber unterschiedlich ausfallen. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Az.: 12 Sa 936/16) hervor, auf das der Bund-Verlag hinweist.

Ein Beispiel aus der Anwaltsbranche

Die Klägerin in dem Fall war Assistentin in einer Anwaltskanzlei. Ende 2015 verließ sie ihren Arbeitgeber und erhielt ein Zeugnis, in dem ihrer Meinung nach zwei Einträge fehlten: einmal der Hinweis auf eine selbstständige Arbeitsweise, der für Jobs wie ihren in Nordrhein-Westfalen aber Standard sei. Und zweitens eine Bewertung ihres Verhaltens gegenüber Vorgesetzten. Weil die beiden Einträge fehlten, befürchtete die Klägerin Nachteile bei der Jobsuche: Denn Arbeitgeber könnten aus dem Fehlen negative Rückschlüsse ziehen.

Das Gericht gab der Klägerin Recht, aber nur teilweise: Die Beurteilung ihres Verhaltens gegenüber Vorgesetzten muss der Arbeitgeber tatsächlich erwähnen. Das wegzulassen, könne vom Zeugnisleser als Warnhinweis verstanden werden – das wäre ein sogenanntes beredtes Schweigen.

"Selbstständige Arbeitsweise" kein üblicher Eintrag

Den Hinweis auf selbstständige Arbeitsweise muss die Kanzlei dagegen nicht zwingend ins Zeugnis schreiben. Denn eine Umfrage bei den Rechtsanwaltskammern in Düsseldorf, Köln und Hamm habe gezeigt, dass dieser Eintrag eben kein allgemeiner Zeugnisbrauch sei, so das Gericht. Fehlt der Eintrag, ist das deshalb auch nicht unbedingt ein Nachteil für den Arbeitnehmer.

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