Beruf & Karriere Rotstift beim Weihnachtsgeld oft unzulässig
Weihnachten steht vor der Tür und der Duft der Freude und Besinnlichkeit lässt, wie in jedem Jahr, die Geldbörse locker sitzen. Geschenke, Leckereien und Dekorationsartikel - es wird viel gekauft. Denn ein Großteil der Bundesbürger darf sich zum Jahresende auf ein hübsches Sümmchen vom Chef freuen. Doch Vorsicht: laut einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind die Chancen auf Weihnachtsgeld in diesem Jahr ungleich verteilt.
Auf viele Arbeitnehmer warten empfindliche Abstriche, weil der Betrieb spart - andere werden sogar komplett leer ausgehen. Doch der Rotstift des Arbeitgebers ist nicht immer rechtens, wie der Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA), Michael Henn, erklärt.
Angestellte sollen um ihr Geld kämpfen
"Erstaunlich viele Leute wissen nicht, was ihnen beim Weihnachtsgeld eigentlich zusteht", sagt auch der Arbeitsrechtsexperte Christian Götz von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Vor allem langjährig Beschäftigten oder Teilzeitkräften kann häufig richtig viel Geld durch die Lappen gehen. Henn rät, vor allem plötzliche Kürzungen oder Streichungen beim Bonus nicht stillschweigend hinzunehmen, sondern dies prüfen zu lassen.
Tarifverträge regeln Ansprüche
Einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es zwar nicht. Es ist eine freiwillige Leistung. In Wirtschaftszweigen mit Tarifvertrag müssen sich Beschäftigte allerdings keine Sorgen machen. Das Extra ist je nach Branche als fester Prozentsatz vom Monatseinkommen festgeschrieben. In manchen Betriebsvereinbarungen sind feste Beträge, etwa 200 Euro pro Mitarbeiter, vereinbart.
In Firmen ohne Tarifbindung ist der eigene Arbeitsvertrag wichtig. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ist es Sache des Chefs, ob und in welcher Höhe er eine Gratifikation spendiert. Heißt es im Vertrag, das Extra werde freiwillig "ohne jeden Rechtsanspruch" gezahlt, muss das Personal Streichungen hinnehmen. Steht da aber, es handele sich um eine "freiwillige, stets widerrufliche Leistung", muss der Arbeitgeber zahlen, auch wenn er den Rotstift angesetzt hatte. "In alten Verträgen ist das häufig so drin", betont Henn. Arbeitnehmer können dann eine Nachzahlung fordern.
Wenn das Gewohnheitsrecht bindet
Hat die Firma seit drei Jahren freiwillig gleich viel Weihnachtsgeld gezahlt, ohne daran Bedingungen zu knüpfen, kann sich die Belegschaft auch dieses Jahr darauf freuen. Dann bindet das Gewohnheitsrecht den Chef. Er kann allerdings den Rückzug antreten, indem er über drei Jahre hinweg bei der Zahlung darauf hinweist, dass sie künftig nur noch freiwillig fließt. Aufgepasst: Widerspricht der Mitarbeiter dieser Neuregelung, kann er sie stoppen. Reagiert er nicht, hat er sie akzeptiert (BAG, Az.: 10 AZR 612/96). Kein Gewohnheitsrecht besteht, wenn die Firma jedes Jahr zahlte, die Summen aber unterschiedlich hoch ausfielen (BAG, Az.: 10 AZR 516/95). Steht das Unternehmen am Rand des Bankrotts, darf es ebenfalls das Weihnachtsgeld kappen (BAG, Az.: 2 AZR 411/54).
Chef kann Weihnachtsgeld zurückfordern
Rückzahlungspflichten bestehen nur dann, wenn dies ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Dann kann es sein, dass ein Mitarbeiter Leistungen bis knapp unter einem Monatsgehalt zurückerstatten muss, wenn er bis 31. März die Firma verlässt. Ein "echtes" 13. Monatsgehalt muss nicht zurückgezahlt werden.
Auszahlung von Weihnachtsgeld gilt für alle Mitarbeiter
Zahlt eine Firma vorbehaltlos Weihnachtsgeld, dann haben alle Mitarbeiter Anspruch darauf, sagt Götz. Auch Teilzeitkräfte oder Werkstudenten. Nur Unterschiede in der Höhe der Zahlung gehen in Ordnung. Ein willkürlicher Ausschluss von der Sonderzahlung darf nicht sein. Der Chef kann allerdings Einzelne wegen ihrer besonderen Leistung mit einer individuellen Gratifikation belohnen (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az.: 4 Sa 1133/99).
Es gibt auch Sonderfälle
Junge Eltern im Erziehungsurlaub haben oft Pech. Das Weihnachtsgeld darf gestrichen werden, wenn das Arbeitsverhältnis während des ganzen Jahres im Erziehungsurlaub "ruhte" (BAG, Az.: 10 AZR 840/98). Anders kann es bei Abwesenheit im Mutterschutz aussehen. Diese Wochen gelten als Beschäftigungszeit, so dass im Normalfall Weihnachtsgeld zu zahlen ist (BAG, Az.: 10 AZR 258/98). Auch Mitarbeiter in Teilzeit haben ein Anrecht darauf. Ihr Extra darf aber entsprechend gekürzt werden (BAG, Az.: 6 AZR 159/89). Wird Gehalt gepfändet, ist Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des Monatsgehaltes, höchstens aber 500 Euro, unpfändbar.