Kanzler Scholz Bund will angeschlagene Meyer Werft retten
Die finanziell in Schieflage geratene Meyer Werft soll nach Aussage von Kanzler Olaf Scholz gerettet werden. Der Bund trage "einen Teil der Lösung mit", sagte er.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der angeschlagenen Meyer Werft in Papenburg Hilfe zur Rettung zugesagt. "Wenn alle mitziehen – und daran habe ich keinen Zweifel – dann trägt der Bund seinen Teil zur Lösung bei", sagte Scholz (SPD) am Donnerstag bei einer Betriebsversammlung in Papenburg. Es seien noch Details zu klären, weil noch die Zustimmung des Bundestages und der EU-Kommission fehlten. "Aber der Bund trägt einen Teil der Lösung mit", versicherte der Kanzler.
Der Bund, das Land Niedersachsen und die Eigentümer hätten in den vergangenen Wochen mit den Banken verhandelt, sagte der Kanzler. "Wir lassen die Meyer Werft nicht allein." Die Werft sei nicht irgendein Unternehmen, sondern ein "industrielles Kronjuwel", dessen Problem auch nicht in der Qualität seiner Produkte liege.
Scholz bezeichnete die Werft zudem als systemrelevant für die maritime Wirtschaft in Deutschland. Dies gilt als eine Voraussetzung dafür, dass die EU-Kommission den staatlichen Beihilfen zustimmt. "Ich bin sicher: Es geht weiter mit der Meyer Werft hier in Papenburg. Meine Unterstützung habt Ihr", betonte der Kanzler. Zuvor hatte sich schon Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) optimistisch gezeigt, dass die Werft gerettet werden kann.
Eigenkapitalzuschuss und Bürgschaften im Gespräch
Bund und Land wollen den Insidern zufolge zusammen 400 Millionen Euro Eigenkapital zuschießen, mit Bürgschaften Bankkredite absichern und vorübergehend mindestens 80 Prozent der Werft übernehmen. Dazu müssten noch einige Details geklärt werden. Zudem müssten die Haushaltsausschüsse in Berlin und Hannover noch zustimmen.
Teil des Deals seien Bedingungen wie ein Vorkaufsrecht für die Familie Meyer, wenn die öffentliche Hand in etwa drei bis vier Jahren wieder aussteigt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Insiderkreisen. Zudem gebe es bestimmte Garantien in puncto Jobsicherheit für die Beschäftigten. Die finale Lösung soll bis etwa Mitte September stehen.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Reinhard Houben, hält den absehbaren Staatseinstieg für "vertretbar", weil er nur temporär sei. "Es gibt eine klare Exit-Strategie, 2027 ist der Staat wieder raus", sagte Houben am Donnerstag t-online. "Für uns ist klar: Am Ende des Engagements muss die schwarze Null stehen, der Bund darf keine Verluste machen."
Der Vizechef der Liberalen im Bundestag, Christoph Meyer, verwies derweil darauf, dass noch "einige offene Fragen mit der EU-Kommission und den Banken zu klären" seien. Zudem gelte: "Die Hauptverantwortung liegt beim Land Niedersachsen, der Bund kann bei dieser regionalen wirtschaftspolitischen Frage nur nachgelagert tätig sein", so Meyer zu t-online.
Weil: "Der Ball ist noch nicht im Tor"
Wegen des während der Pandemie weltweit zusammengebrochenen Tourismusmarktes hatte die Werft in Absprache mit ihren Kunden bestehende Aufträge zeitlich gestreckt. Allerdings sehen die Verträge keine Preisanpassungen an die inzwischen drastisch gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise vor. Wegen der Verluste war aus Sicht der Banken die Kreditwürdigkeit des Unternehmens nicht mehr gegeben.
Im Schiffsbau werden 80 Prozent des Kaufpreises erst bei Ablieferung des Schiffes bezahlt. Den Bau muss die Werft daher zwischenfinanzieren. Bis 2027 benötigt die Werft fast 2,8 Milliarden Euro.
Die Auftragsbücher der Werft sind allerdings voll. Erst vor wenigen Tagen wurde der größte Auftrag der Unternehmensgeschichte über vier Kreuzfahrtschiffe für den US-amerikanischen Disney-Konzern abgeschlossen. Kürzlich wurde auch mit dem Bau von Konvertern begonnen, die für die Weiterleitung des auf hoher See erzeugten Windstroms auf das Land notwendig sind.
Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil sagte bei der Betriebsversammlung zur geplanten Rettung: "Der Ball ist noch nicht im Tor." Aber es werde hart an der finalen Lösung gearbeitet. "Wir planen ein massives Engagement", sagte er mit Bezug auf Niedersachsen, nannte aber keine Zahlen. Es handele sich um das größte Engagement, das das Land Niedersachsen jemals für die Rettung eines Unternehmens übernommen habe.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters