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Öffentlicher Dienst: Dieser Tarifabschluss kann sich sehen lassen


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Öffentlicher Dienst
Dieser Tarifabschluss kann sich sehen lassen

  • Florian Schmidt
MeinungVon Florian Schmidt

23.04.2023Lesedauer: 3 Min.
Teilnehmer einer Verdi-Kundgebung: Am kommenden Freitag soll es für zahlreiche Angestellte im öffentlichen Dienst wieder auf die Straße gehen.Vergrößern des Bildes
Teilnehmer einer Verdi-Kundgebung: Im Tarifstreit um die Gehälter im öffentlichen Dienst gab es zuletzt immer wieder Streiks. (Quelle: IMAGO/kolbert-press/Ant Palmer)

Lange haben Bund, Kommunen und Verdi gerungen, jetzt ist der Tarifabschluss da. Und der ist nicht schlecht – für beide Seiten.

Mehr ist immer mehr, das gilt beim Geld besonders. Doch reicht das "Mehr" beim Lohn aus, um das "Mehr" bei den Lebenshaltungskosten wenigstens auszugleichen, bestenfalls zu übertreffen?

Gespannt haben angesichts dieser Frage bis zuletzt nicht nur die rund 2,5 Millionen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst auf die teils zähen Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Vertretern von Bund und Kommunen geblickt. Denn auch wer ganz woanders arbeitet, weiß: Das, was da herauskommt, dürfte bald abfärben auf die Abschlüsse in anderen Branchen.

Jetzt ist das Ergebnis da. Und es kann sich durchaus sehen lassen.

Die Beschäftigten bei Bund und Kommunen bekommen diesen Juli 1.250 Euro steuer- und abgabenfrei ausgezahlt. In der Folge erhält jeder monatlich 220 Euro brutto gleich netto mehr. Ab März 2024 steigen die Löhne dann für alle um brutto 200 Euro je Monat, hinzu kommt ein weiteres Plus von 5,5 Prozent, das im Falle von Geringverdienern aufgestockt wird. (Mehr dazu lesen Sie hier.)

220 Euro mehr sind für viele Menschen viel Geld

Nur 5,5 Prozent? Auf den ersten Blick entspricht das bei Weitem nicht dem, was Verdi für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gefordert hatte. In den Tarifkampf gezogen war die Gewerkschaft zu Beginn mit dem Wunsch nach 10,5 Prozent mehr Lohn, bei einer Laufzeit von wohlgemerkt nur zwölf Monaten.

Doch so ist das nun einmal: Am Ende steht wie immer ein Kompromiss – der in diesem Fall geradezu elegant beweist, wie sich das Instrument der Inflationsprämie nutzen lässt, damit am Ende jeder mehr hat. Und zwar ohne, dass dabei die Lohnkosten dauerhaft und unverhältnismäßig explodieren, was am Ende zu weiter steigenden Inflationsraten führen kann.

Jedoch der Reihe nach.

Durch die gestückelte Auszahlung der steuer- und abgabefreien 3.000 Euro hat jeder, der beim Bund oder in den Kommunen arbeitet, pro Monat schon einmal 220 Euro in der Tasche. Das ist viel Geld, besonders für jene Menschen, die im öffentlichen Dienst wenig verdienen, Putzkräfte zum Beispiel oder auch Erzieher.

Lohnplus zwischen 8 und fast 17 Prozent

Für sie ist diese Pauschale besonders gerecht, da sie ihnen prozentual mehr zugutekommt als jenen in höheren Diensten: Wer aktuell als Reinigungskraft etwa 2.242 Euro im Monat verdient, hat so ein monatliches Lohnplus von rund 10 Prozent. Wer hingegen in leitender Funktion in einer Bundesbehörde 6.792 Euro erhält, bekommt bis nächstes Jahr zwar anteilig deutlich weniger hinzu, aber immerhin noch 3,2 Prozent mehr.

Sicher, letzter Wert allein gleicht die Inflationsrate aus dem vergangenen Jahr von 6,9 Prozent nicht gänzlich aus. Doch im kommenden Jahr gibt es dann ja abermals mehr Geld: Ein dauerhaftes Plus von 200 Euro (brutto) pro Person sowie 5,5 Prozent mehr für alle, wobei Geringverdiener noch einmal aufgestockt werden sollen, sodass mindestens 340 Euro mehr dabei herumkommen.

Nach Berechnungen des Ökonomen Reinhard Bispinck, der früher für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung gearbeitet hat, ergibt das je nach Entgeltgruppe ein dauerhaftes Lohn-Plus zwischen 8,16 Prozent (in der höchsten Tarifgruppe 15Ü, Stufe 5) und stolzen 16,87 Prozent (Gruppe E1, Stufe 2). Im ungewichteten Durchschnitt über alle Entgeltgruppen entspricht das einem Plus von rund 11,6 Prozent.

Die Inflationsprämie wirkt

Das wiederum ist dann gar nicht so schlecht und teils sogar weit mehr als die einstige Verdi-Forderung. Und: In allen Entgeltgruppen dürften solche Lohnzuwachsraten schon im nächsten Jahr weit oberhalb der dann zu erwartenden Inflationsrate liegen.

Die meisten Experten gehen nämlich davon aus, dass die Teuerungsrate schon im laufenden Jahr deutlich zurückgehen wird. 2024 dann rechnet auch die Europäische Zentralbank damit, dass sich die Inflationsrate wieder dem gewünschten Wert um die 2 Prozent pro Jahr nähert.

Prämie erfüllt ihren Zweck

Und hier liegt der Knackpunkt, der Grund, weshalb der jetzt gefundene Tarifabschluss so vernünftig ist: Die Inflationsprämie, so genutzt wie hier im Falle des öffentlichen Dienstes, erfüllt exakt ihren Zweck. Sie hilft kurzfristig und sie hilft jenen besonders, die es wirklich nötig haben, um die Probleme der Inflation aus dem vergangenen und auch aus diesem Jahr abzumildern.

Später, wenn die Inflation wieder auf ein Normalmaß geschrumpft ist, greift dann wieder der übliche Lohnmechanismus. Der wird durch das Plus von 5,5 Prozent die öffentlichen Kassen zwar immer noch sehr belasten, insgesamt aber wohl verkraftbar sein.

Vor allem aber sorgen solche moderaten Zuwachsraten nicht dafür, dass sich die Inflation durch stetig steigende Personalkosten und daraus resultierende höhere Preise verselbstständigt. Die Verdi-Mitglieder wären deshalb gut beraten, die Tarifeinigung anzunehmen.

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