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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neue Studie Android-Handys sammeln viel mehr Daten als iPhones
Smartphones sammeln selbst dann Daten, wenn sie nicht aktiv genutzt werden. Laut einer Studie aus Irland gehen iPhones dabei jedoch deutlich sparsamer vor als das Google Betriebssystem Android.
Android-Nutzer haben beim Smartphone-Kauf die größere Auswahl und Preisspanne. Apple-Fans hingegen schwören auf die Zuverlässigkeit der Geräte. Seit einiger Zeit wirbt der iPhone-Konzern aber vor allem mit dem Thema Datenschutz um das Vertrauen der Nutzer – und setzt mit seinen verschärften Auflagen App-Entwickler und Konkurrenten massiv unter Druck.
Eine Studie aus Irland scheint nun zu bestätigen, dass zwischen den beiden dominanten Smartphone-Betriebssystemen erhebliche Unterschiede im Umgang mit Nutzerdaten bestehen. So senden und empfangen zwar sowohl iPhones als auch Android-Geräte im Hintergrund permanent Daten – auch wenn der Besitzer gerade keine App aktiv nutzt und unabhängig von den Privatsphäre-Einstellungen. Unter iOS verlassen aber im Vergleich deutlich weniger Daten das Gerät als bei dem Google-Betriebssystem Android.
Alle 4,5 Minuten werden Daten übermittelt
Der Computerwissenschaftler Douglas Leith vom Trinity College in Dublin hat sich für seine Untersuchung genau angesehen, wie viele Daten das Gerät in verschiedenen Situationen aussendet, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt oder dies beeinflussen kann. Übermittelt werden beispielsweise Sensordaten, Telefonnummer, Gerätenummer, Standort und lokale Netzwerkinformationen.
Selbst im Leerlauf nehmen die Geräte im Schnitt alle 4,5 Minuten Kontakt zu einem Server der Betriebssystem-Hersteller auf. Auch vorinstallierte Hintergrund-Dienste und Apps wie Safari oder Chrome, Siri oder Google Assistant, die Google-Suchleiste oder sogar die Wecker-App tragen ihren Anteil daran.
Insgesamt kommt Leith zu dem Ergebnis, dass Android im Vergleich zu Apples Betriebssystem iOS etwa die 20-fache Menge an Daten produziert. So fallen beim Start eines Android-Geräts etwa 1 Megabyte (MB) an, bei einem iPhone sind es nur 42 Kilobyte (KB). Innerhalb von zwölf Stunden im Leerlauf sendet Android ebenfalls 1 MB aus, iOS hingegen nur 52 KB.
Das sagen Google und Apple zu der Studie
Google weist die Vorwürfe zurück und wirft dem Forscher eine fehlerhafte Messmethodik vor. Durch den Versuchsaufbau könnten bestimmte Datenströme, die auch von den iOS-Geräten ausgehen, nicht erfasst worden sein. In einer Stellungnahme teilte der Konzern dem Technik-Magazin "ArsTechnica" mit: "Nach unseren Recherchen liegen diese Ergebnisse um eine Zehnerpotenz daneben, und wir haben unsere methodischen Bedenken vor der Veröffentlichung mit dem Forscher geteilt."
Auch Apple äußerte sich auf Nachfrage von "ArsTechnica" skeptisch und ließ über einen Sprecher mitteilen, dass die Studie zumindest teilweise auf Missverständnissen beruhe. Der Konzern betont, dass Apple seine Nutzer nicht gegen deren ausdrücklichen Wunsch tracken könne.
Ist die Datensammelei alternativlos?
Google weist außerdem darauf hin, dass der permanente Datenaustausch bei internetfähigen, ständig verbundenen Geräten nun mal in der Natur der Sache liege. Die Forschungsarbeit umreiße lediglich "wie Smartphones funktionieren". Der in der Studie geschilderte Informationsaustausch helfe dabei "sicherzustellen, dass iOS oder Android-Software aktuell ist, dass die Dienste wie beabsichtigt funktionieren und dass das Smartphone sicher und effektiv läuft".
Deshalb gebe es auch keine Möglichkeit für Nutzer, jeglichem Datentransfer zu widersprechen. Bestimmte Telemetrie- und Konfigurationsdaten werden beispielsweise benötigt, um das Betriebssystem zu aktualisieren oder um Sicherheitslücken und andere Probleme zu beheben. Selbst Leith kommt im Prinzip zu einem ähnlichen Ergebnis: "Derzeit gibt es wenige, wenn überhaupt irgendwelche, realistische Optionen, um den Datenaustausch zu verhindern", schreibt er. Trotzdem warnt er vor den Gefahren der Datensammelei.
Ganz neu ist die Erkenntnis, dass Smartphones auch im Ruhezustand Daten an Apps und Betriebssystem-Hersteller übermitteln, übrigens nicht. Bereits 2019 veröffentlichte die "Washington Post" einen großen Bericht über die heimlichen Datentransfers von Apples iPhones. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder ähnliche Untersuchungen. Geändert hat sich seither nur, dass sich große Tech-Konzerne wie Facebook, Google und Apple durch einen immer restriktiveren Umgang mit Nutzerdaten einerseits als datenschutzfreundliche Unternehmen inszenieren und andererseits ihre Vormachtstellung gegenüber kleineren Konkurrenten ausbauen konnten.