Handy-Spielsucht erkennen Candy Crush, Farmville und Co.: Ab wann Sie süchtig danach sind
Ob während der Bahnfahrt, im Wartezimmer oder abends auf dem Sofa: Viele spielen nebenbei Mini-Games auf dem Handy. Sind sie dann schon süchtig?
Vor einigen Tagen gestand Lena Meyer-Landrut, dass sie süchtig nach Smartphone-Spielen ist. Sie spiele mehrere Spiele und schrecke dabei auch nicht vor teuren In-App-Käufen zurück, erklärt die Sängerin in dem SWR3-Podcasts "1 plus 1 – Freundschaft auf Zeit".
Doch gibt es die Handy-Spielsucht wirklich? Und wenn ja, ab wann gilt man als süchtig?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Internet- und Video-Spielsucht, worunter auch die Nutzung von Smartphone-Apps fällt, 2018 als Krankheit ("Gaming Disorder") offiziell anerkannt.
Was sind die Symptome einer Spielsucht?
Laut WHO weisen folgende Symptome auf eine mögliche Sucht hin:
- Betroffene verlieren die Kontrolle über ihr eigenes Spielverhalten.
- Betroffene ordnen alle anderen Aspekte des Lebens dem Online-Spielen unter.
- Betroffene spielen trotz negativer Konsequenzen (beispielsweise Verlust sozialer Kontakte, der Berufes/des Ausbildungsplatzes, Anhäufung von Schulden) weiter.
Und: All diese oder ähnliche Symptome halten mehr als zwölf Monate an.
"Erfolglose Abstinenzversuche, also zu versuchen, das Verhalten zu steuern oder zu kontrollieren und dabei erfolglos zu bleiben, das ist ein ganz zentrales Sucht-Merkmal", erklärt Klaus Wölfling, Psychologischer Leiter der Ambulanz für Spielsucht an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in einem Interview mit SWR3.
Welche Folgen hat die Sucht nach Handyspielen?
Laut Medizinern kann eine Sucht nach Spiele-Apps unter anderem folgende gesundheitliche Auswirkungen haben:
- leichte Reizbarkeit
- depressive Verstimmungen
- soziale und familiäre Probleme
- Dehydrierung
- Fehl-/Mangelernährung
- Schlafmangel
- Tod (Herzversagen sowie als Folge der oben genannten Probleme)
Warum Handyspiele süchtig machen
Psychologe Hans-Jürgen Rumpf von der Uniklinik Lübeck erklärt in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, dass Handyspiele vor allem aufgrund ihrer ständigen Verfügbarkeit schnell süchtig machen können. "Der Nutzer hat es immer dabei. Will er nur Nachrichten checken, winkt das Spiel schon mit einer Benachrichtigung. Das ist ein Reiz, den der Spieler kaum ausschalten kann."
Ein weiterer Aspekt ist auch, dass Nutzer aus der realen Welt flüchten möchten, so Rumpf. "Sie spielen, wenn sie gelangweilt sind, gestresst oder traurig. Dann bringen sie weniger Leistung, was sie noch öfter herunterzieht – und sie nehmen wieder das Handy in die Hand", so der Experte. "Das ist zu Beginn ein langsamer Kreislauf, der plötzlich sehr schnell werden kann."
Was kann gegen Handy-Spielsucht helfen?
Meist hilft nur eine ambulante Therapie oder der Aufenthalt in einer therapeutischen Klinik gegen die Sucht.
Ist die Sucht nach Smartphone-Spielen noch nicht zu stark manifestiert, kann es auch helfen, die entsprechenden Apps zu deinstallieren oder sich ein Bildschirm-Limit zu setzen, das nicht umgangen werden kann – beispielsweise indem man den Entriegelungs-Code selbst nicht kennt, sondern nur eine sehr vertraute Person. Die Spielsüchtigen müssen dann erst eine gewisse Schamgrenze überschreiten, bevor sie die entsprechende Person bitten, den Entriegelungs-Code in das Smartphone einzutippen. Und das wäre vielen oftmals zu peinlich.
Was ist der Unterschied zwischen Handy-Spielsucht und Glücksspielsucht?
Wölfing erklärt, dass der Kernunterschied zwischen der Handy-Spielsucht und der Glücksspielsucht der monetäre Einsatz sei. Zudem entwickelt sich die Sucht nach Spiele-Apps über einen längeren Zeitraum hinweg. Beim Glücksspiel seien die Kurven rascher.
Wie viele sind betroffen?
Eine genaue Zahl, wie viele Handy-Spielsüchtige es gibt, ist nicht bekannt. Oftmals wissen die Betroffenen nicht, dass sie süchtig sind – oder sie wollen es sich nicht eingestehen. Meist begeben sich die Süchtigen auch erst in Behandlung, wenn der Druck bereits sehr hoch ist.
Allerdings geben 58 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 13 Jahren in einer Umfrage des Medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest aus dem Jahr 2022 an, dass sie fast täglich oder mehrmals pro Woche Handyspiele nutzen.
Die Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geht jedoch davon aus, dass nur zwischen ein und zwei Prozent der Jugendlichen süchtig nach Smartphone-Spielen ist.
- sueddeutsche.de "Exzessives Spielen wird zur Krankheit erklärt"
- swr3.de "Lena Meyer-Landrut: Süchtig nach Handy-Spielen?"
- Medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest "KIM-Studie 2022"
- statista.com "Welche der folgenden Funktionen nutzt du mit deinem Smartphone/Handy?"