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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Internes Dokument von EU-Expertengruppe Die EU will WhatsApp-Chats mitlesen
Die EU-Kommission plant offenbar eine starke Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen von digitalen Endgeräten. Sogar Haushaltsgeräte sind betroffen.
WhatsApp, Telefone, Sprachassistenten von Google oder Apple und sogar smarte Kühlschränke in Wohnungen sollen in Zukunft überwacht werden können, wenn es nach der EU-Kommission geht. Das geht aus einem vertraulichen Vorschlagspapier hervor, das eine Expertengruppe im Auftrag der EU-Kommission erstellt hat. Dieses Dokument liegt t-online vor.
In dem Papier werden auf 28 Seiten 42 Punkte für eine verschärfte Überwachung vorgeschlagen. Auch an der möglichen Umsetzung dieser Pläne wird schon gearbeitet. Datenschützer schlagen Alarm. Sie befürchten durch die Pläne einen nie dagewesenen Einschnitt in die Privatsphäre eines jeden EU-Bürgers.
"Hintertüren" für Ermittler
Der Entwurf ist überschrieben mit: "Recommendations from the High-Level Group on Access to Data for Effective Law Enforcement". Auf Deutsch also: Empfehlungen der Expertengruppe, wie der Zugriff auf digitale Daten geregelt werden kann, um eine effektive Strafverfolgung zu gewährleisten. Die Kommission will so gegen die organisierte Kriminalität vorgehen und auch Terrorismus frühzeitig erkennen und bekämpfen. Die Gesetzgebung könne so an die neuen technischen Möglichkeiten der Kriminellen angepasst werden, die immer mehr im digitalen Raum agieren und mögliche Taten planen.
Die Expertengruppe beschreibt darin, wie die Sicherheitsbehörden ausgestattet werden müssten und wie die Hersteller gezwungen werden sollen, Hintertüren für die Ermittler zu schaffen. So sollen Ermittler zum Beispiel in Zukunft die Verschlüsselung von Messengerdiensten wie WhatsApp aufheben können. Mit einem sogenannten "Generalschlüssel", der von den Anbietern vorgehalten werden soll. Für die Entschlüsselung der Daten wird vermutlich ein richterlicher Beschluss nötig sein. Kooperieren Hersteller wie Apple, Google oder Meta nicht, sollen auch Strafen möglich sein.
Derzeit ist es Ermittlern nicht möglich, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengerdiensten zu umgehen. Die Daten werden auf dem Telefon des Senders verschlüsselt und erst beim Empfänger entschlüsselt. Eine Hintertür gibt es nicht. Ermittler können also nur versuchen, die Telefone zu entsperren und dann die Chats auszuwerten. Das kann sehr lange dauern und muss nicht klappen.
Doch der Expertengruppe geht es nicht nur um das Mitlesen von Chats. Auch das "Internet of things", also das Internet der Dinge haben sie im Blick. In dem Papier heißt es: "Es sollte sichergestellt werden, dass es eine große Standardisierung gibt und dass diese auch das Internet der Dinge, darunter beispielsweise auch vernetzte Autos wie alle Formen der Konnektivität, umfasst." Damit wären auch Heimassistenten wie Google Home, Alexa oder der Apple Assistent sowie smarte Kühlschränke oder ähnliche Geräte betroffen. Hier soll es auch möglich sein, Daten abzugreifen und sie im Zweifel auch zu verwenden.
In Punkt 27 von 42 fordert die Expertengruppe erneut die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Eine gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet Anbieter von Telekommunikations- und Internetdiensten, die Verkehrsdaten aller Nutzer über einen vorgegebenen Zeitraum zu speichern und diese im Bedarfsfall an Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben. Je nach Ausgestaltung des Systems kann es sich dabei um Verkehrsdaten wie die IP-Adresse, Telefonkontakte oder auch Standortdaten handeln.
"Alles, was wir tun, soll ohne Schranken einsehbar werden"
WhatsApp und auch andere verschlüsselte Messengerdienste wären also nicht mehr sicher und offen zugänglich. Zum einen für die Ermittlungsbehörden, zum anderen aber möglicherweise auch für autoritäre Regime, die in den Besitz dieses "Generalschlüssels" kommen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die anlasslose und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung bislang als europarechtswidrig eingestuft und sie gilt deshalb in Deutschland nicht. Die Expertengruppe will jetzt offenbar einen neuen Vorstoß auf EU-Ebene starten. So könnte die deutsche Entscheidung ausgehebelt werden.
Auf Anfrage kommentiert Digitalexpertin Anja Hirschel von der Piratenpartei, dass die Pläne "ein nie dagewesener, maßloser Sprung direkt in eine vollüberwachte Gesellschaft" seien. "Alles, was wir tun, wohin wir uns bewegen und mit wem wir kommunizieren, soll jederzeit und ohne Schranken einsehbar werden." Dies dürfe nicht zugelassen werden.
- Papier der Expertengruppe
- Anfrage Anja Hirschel