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AfD war oft beteiligt | Diese zehn Fake-News-Fälle fielen Forschern auf


AfD war oft beteiligt
Diese zehn Fake-News-Fälle fielen Forschern auf

Es sind Fälle, die Wut, Angst und Empörung schürten. Wissenschaftler haben zehn Falschmeldungen zusammengestellt, die im vergangenen Jahr besonders große Kreise zogen.

27.03.2018|Lesedauer: 6 Min.
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Für eine Studie haben Wissenschaftler der "Stiftung Neue Verantwortung" untersucht, welche "Fake News" im vergangenen Jahr die meisten Menschen erreicht haben. Wer hat die "Fake News" geglaubt? Wer hat sie geteilt? Und wie gut funktioniert das "Debunking", also das Entlarven und Richtigstellen von absichtlich verbreiteten Fehlinformationen? Die Ergebnisse haben die Studienautoren nun vorgestellt. t-online.de hat sie sich erklären lassen und stellt hier die 10 Fälle vor, die den Wissenschaftlern besonders aufgefallen sind:

Faule Eier: Eine Studie hat zehn Fake News untersucht, die vor der Bundestagswahl eine besondere Rolle gespielt haben.Vergrößern des Bildes
Faule Eier: Eine Studie hat zehn Fake News untersucht, die vor der Bundestagswahl eine besondere Rolle gespielt haben. (Quelle: imago-images-bilder)

"1000 Migranten randalieren auf Fest in Schorndorf" – 500.000 Interaktionen

Diese Falschmeldung geht auf eine Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Aalen zurück. Darin war von 1000 Feiernden mit zum Großteil Migrationshintergrund die Rede. Es soll während des Festes zu sexuellen Übergriffen und Randalen gekommen sein. In einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa wurden daraus "1000 Randalierer". Andere Medien übernahmen die Fehlinformation ungeprüft. t-online.de hatte die dpa-Meldung zunächst übernommen und am Tag darauf durch eigene Recherchen ein differenzierteres Bild gezeichnet. Problematisch sei hier gewesen, dass die dpa die Meldung und die Zahl der Randalierer erst drei Tage später deutlich korrigiert habe.

Bei einer solchen Berichtigung werten die Autoren Berichte danach als "schlechten Journalismus". Manche Medien, Blogs und Politiker stellten aber die Zahlen trotz Hinweisen nicht richtig: Fake News. AfD-Vertreter und parteinahe Medien konstruierten aus dem Bericht eine "islamische Grabschparty", so die Studie.

  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake News: Die Forscher haben ermittelt, dass die Richtigstellung nur halb so viel Verbreitung fand wie die Falschmeldung. Vergleicht man die Interaktionen bei der Richtigstellung mit denen der "Fake News" ergibt sich daraus eine Quote von 1:2. Auch die irreführenden Berichte seriöser Medien hatten doppelt so viele Interaktionen wie die späteren korrekten Berichte.
  • 30 Prozent aller Befragten glaubten die Falschmeldung. Unter AfD-Wählern waren es 44 Prozent.

Polizist erblindet durch Böllerwurf bei G20-Demo, 260.000 Interaktionen

Die Polizei Hamburg twitterte "Augenverletzung durch einen vor dem Gesicht explodierten Böller", "bild.de" machte daraus "Verliert er sein Augenlicht? – Randalierer wirft Polizist Böller ins Gesicht" mit einem Foto, das einen Mann unverpixelt vor einem knieenden Polizisten zeigt. Was wie ein Fahndungsaufruf nach dieser Person aussah, hatte auf einer Facebookseite "Bürgerprotest Hannover" alleine 50.000 Reaktionen bekommen, noch mehr als bei der Bild.

Der Mann wurde aber nicht verdächtigt, die Polizei Hamburg mahnte, die Internetfahndung einzustellen – und erklärte: "Es ist kein Polizist erblindet oder hat eine schwerwiegende Augenverletzung erlitten." Die Studienautoren nennen den Fall "misinterpreted Content", "falsch interpretierten Inhalt." Transparent korrigiert wurde der Fehler bei bild.de nicht.

  • Verbreitung Richtigstellung der Polizei vs Fake-News: 1:7. Sieben Mal mehr Menschen haben mit der Falschmeldung interagiert als mit der Richtigstellung.
  • Die Meldung glaubten: Zu dieser Meldung wurden die Wähler nicht befragt.

"Flüchtlinge machen Urlaub in ihren Heimatländern", 235.000 Interaktionen

Das baden-württembergische Innenministerium wertete Reisen von Asylbewerbern in ihre Heimatländer (150 Fälle) aus – und sprach von "Heimaturlaub", der Fragen nach dem Schutzstatus aufwerfe. Das fand sich dann auch in Schlagzeilen wieder. Recherchen ergaben dann, dass darunter viele Fälle von Asylbewerbern waren, die dauerhaft heimgekehrt sind. Außerdem gab es keine Belege zu den Gründen der Reise.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erklärte, dass es für einen vorübergehenden Aufenthalt im Herkunftsland "auch nachvollziehbare Gründe" wie einen Sterbefall gebe.

Für die Studienautoren hat der Fall "besondere Brisanz", weil sich das CDU-geführte Innenministerium in Stuttgart zum Katalysator der "Fake News" gemacht und mit der auf reiner Spekulation basierenden Aussagen "der Kommunikation der AfD dankbar den Boden bereitet" habe.

  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake-News: 1:6
  • Die Meldung glaubten: 29 Prozent aller Befragten, 43 Prozent der AfD-Wähler.

"Margot Käßmann bezeichnet alle Deutschen als Nazis", 190.000 Interaktionen

Eine Pressemitteilung der Landeskirche von Hannover wurde zunächst von epochtimes.de verkürzt wiedergegeben und aus dem Zusammenhang gerissen. Wörtlich hieß es in der Pressemitteilung: "Die Forderung der rechtspopulistischen Partei (gemeint ist die AfD, Anmerkung der Redaktion) nach einer höheren Geburtenrate der 'einheimischen' Bevölkerung entspreche dem 'kleinen Arierparagrafen der Nationalsozialisten: Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern. Da weiß man, woher der braune Wind wirklich weht.'"

Epochtimes.de zitierte sie nur ab "Zwei deutsche Eltern...", fertig war die Botschaft, sie habe Deutsche mit deutschen Eltern- und Großeltern als Nazis bezeichnet.

  • Verbreitung von Richtigstellung vs Fake News: 1:1,6
  • Die Meldung glaubten: 11 Prozent aller Befragten, 25 Prozent aller AfD-Anhänger.

"Flüchtlinge bekommen kostenlosen Führerschein", mehr als 90.0000 Interaktionen

Eine frei erfundene Meldung taucht immer wieder auf: Kurz vor der Bundestagswahl streute das Hetzportal halle-leaks.org, was schon mehrfach widerlegt worden war. Zusammengefasst ist dort zu lesen: Asylbewerber bekommen ihren Führerschein vom Amt bezahlt. Das stimmt so aber nicht. Bezahlt wird er nämlich nur, wenn es sich um eine Qualfizierungsmaßnahme der Agentur für Arbeit handelt – wie sie auch bei Deutschen und entsprechenden Voraussetzungen bezahlt wird.

  • Verbreitung von Richtigstellung vs Fake News: 1:13
  • Die Meldung glaubten: 14 Prozent aller Befragten, 41 Prozent aller AfD-Anhänger.

"Vergewaltigungsfälle durch Zuwanderer um 90 Prozent gestiegen", 90.000 Interaktionen

Das CSU-geführte bayerische Innenministerium wollte kurz vor der Bundestagswahl eigentlich Zahlen präsentieren, wie sicher Bayern ist – und führte dabei vor (PDF), dass die Zahl der Vergewaltigungsfälle durch Zuwanderer im ersten Halbjahr um 60 Vorfälle oder 90,9 Prozent gestiegen war. In der Berichterstattung ging völlig unter, dass nach der Verschärfung des Strafrechts die Erfassungsmethode geändert worden war und sich auch das Anzeigeverhalten geändert haben könnte.

Auch bei deutschen Tatverdächtigen hatte es einen erheblichen Anstieg gegeben, insgesamt war die Zahl der Fälle um 222 auf 685 gestiegen. "Ohne Kontext nicht zu verstehen", kommentieren die Studienautoren. Journalisten seien gefordert, veröffentlichte Zahlen von Ministerien kritisch zu prüfen. Bayerns Justizministerium schob später nach, die Zahl überfallartiger Vergewaltigungen sei um drei auf 71 gestiegen, die Zahl der tatverdächtigen Zuwanderer von neun auf 17.

  • Verbreitung von Richtigstellung vs Fake News: 1:4
  • Die Meldung glaubten: Nicht erhoben.

"59 Prozent aller Migranten haben keinen Schulabschluss", 70.000 Interaktionen

Die "Bild" stellte eine ein Jahr alte Umfrage in der Überschrift völlig falsch dar. Bei einer Befragung unter arbeitssuchenden Flüchtlingen zählte die Zeitung alle, die keine Angaben gemacht hatten (24 Prozent), zur Gruppe "keinen Schulabschluss" – und übertrug den Wert einfach auf alle Flüchtlinge. Migranten, die bereits Arbeit gefunden haben, waren gar nicht Teil der Befragung.

Unter den Top-Verbreitern waren neben Focus Online auch Russia Today und Frauke Petry. Die Meldung fiel auch deshalb auf fruchtbaren Boden, weil lange überzogene Vorstellungen zur Schulbildung der Flüchtlinge verbreitet worden waren.

  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake-News: 1:10
  • Die Meldung glaubten: 56 Prozent aller Befragten, 75 Prozent der AfD-Wähler.

"360.000 Euro vom Staat für syrischen Geschäftsmann", 50.000 Interaktionen

AfD-Chef Jörg Meuthen ermpörte sich am Tag vor der Bundestagwahl über einen syrischen Geschäftsmann, der angeblich mit vier Frauen und 23 Kindern lebe und dafür 360.000 Euro vom Staat erhalte. Mimikama.at hat aber bereits zuvor belegt, dass die Rechnung nicht plausibel ist.

Es ist richtig, dass der Mann in Deutschland in einem Haushalt mit einer Frau und einem Teil der Kinder lebt, während die anderen Frauen in anderen Orten leben. Weil nur eine Ehe anerkannt wird, bilden diese Frauen mit ihren Kindern eigene Bedarfsgemeinschaften – ein Sonderfall.

Die Berechnung durch einen Ex-Finanzbeamten für den weitgehend unbekannten "Deutschen Arbeitgeberverband Markt & Freiheit" sind Schätzungen und laut mimikama.at deutlich zu hoch gegriffen Zahlen. Meuthen hätte wohl auch einen Aufreger gelandet, wenn er vager formuliert hätte. 35.000 Interaktionen bekam er auf sein Posting. Der bereits zuvor erschienene mimikama-Artikel erhielt nur zwei.

  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake-News: 1:25.000
  • Die Meldung glaubten: Nicht erhoben

Deutsche können mit App Migranten wählen lassen, 35.000 Interaktionen

Im Netz tauchte kurz vor der Wahl eine Seite "VoteBuddy.de" auf, die eine Weitergabe des Wahlrechts an Migranten ermöglichen sollte. Dahinter steckte eine Aktion der Aktivistengruppe "Peng-Kollektiv", die App funktionierte (plangemäß) nicht. Bevor die Macher sich zu erkennen gaben, hatte es in rechten Blogs schon weit verbreitete Empörungsartikel gegeben. Allerdings hatte auch der rechte YouTuber Hagen Grell den erfolgreichsten Beitrag mit Zweifeln an der Aktion erstellt.

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  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake-News: 1:4
  • Die Meldung glaubten: 6 Prozent aller Befragten, 7 Prozent der AfD-Wähler.

"Polizei lässt Straftaten von Migranten vertuschen", 8000 Interaktionen

Dieses Beispiel ist ein Sonderfall, weil die Richtigstellung erfolgreicher war als die Falschmeldung. Es für die Studienautoren beispielhaft, dass sich eine schnelle Reaktion von Behörden bezahlt machen kann: Kurz nach Auftauchen einer gefälschten Dienstanweisung an die Polizei NRW, Straftaten von Migranten nicht zu verfolgen, ging das Innenministerium schon an die Öffentlichkeit.

Die Studienautoren hielten fest, dass "sogar Erika Steinbach", die bei der Verbreitung von fast allen Fake-News beteiligt gewesen sei, hier ihren Beitrag gelöscht und eine halbherzige Richtigstellung gebracht habe.

  • Verbreitung Richtigstellung vs. Fake-News: 3:1
  • Die Meldung glaubten: Nicht erhoben
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