Was Amazons Lautsprecher alles mithört Ist Alexa eine Spionin? Das sollten Sie wissen
Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Digitale Sprachassistenten wie Amazon Echo liefern Antworten, erledigen Aufgaben und helfen im Alltag. Dafür sind sie immer auf Empfang. Muss das sein?
Wenn es um Sprachassistenten wie Amazon Echo oder Google Home geht, dann fallen schnell Begriffe wie "Überwachung", "Wanze", "Lauschsprecher" – egal ob im Gespräch mit Freunden oder in Foren und Kommentarspalten im Internet. Auch der Vergleich mit George Orwells düsterem Zukunftsroman "1984" ist nicht weit weg.
In dem Roman werden alle Menschen von sogenannten "Teleschirmen" und versteckten Mikrofonen überwacht, die jedes private Gespräch aufzeichnen. Ist Alexa genau das – Realität gewordene Totalüberwachung, die Haushalte abhört und ausspioniert? Fragen wir zunächst Alexa selbst:
Um Sprachassistenten zu bedienen, sind weder Bildschirm noch Tastatur nötig. Bei Lautsprechern wie Amazon Echo oder Google Home reicht das Aktivierungswort "Alexa" oder "Ok, Google". Danach werden auf Befehl Musik, Hörbücher, Radiosender oder Nachrichten abgespielt, das Licht eingeschaltet oder die Einkaufsliste verwaltet. Auch immer mehr Smartphones lassen sich per Sprache steuern.
"Alexa, bist du eine Spionin?"
Allein die Tatsache, dass Alexa auf diese Frage eine relativ ausführliche Antwort liefert ("Nein, …") und gleich noch die Datenschutzerklärung zum Lesen auf die Alexa-App schickt, zeigt: Es ist ein Thema, das Nutzer, Kritiker und auch Amazon selbst umtreibt.
t-online beantwortet die wichtigsten Fragen:
Hört Alexa wirklich ständig zu und zeichnet alles auf?
Ja und nein. Bis zu sieben Mikrofone sind momentan in den Standard-Lautsprechern von Amazon verbaut, um Stimmen und Sprachbefehle zu erkennen. Das Gerät versteht Kommandos und Wörter auch, wenn sie aus einigen Metern Entfernung im Wohnzimmer oder einem angrenzenden Raum kommen. Dafür ist Alexa immer auf Empfang. Das bedeutet laut Amazon aber nicht, dass alles aufgezeichnet wird.
Amazon unterscheidet zwischen zwei unterschiedlichen Phasen; dem passiven Mithören und dem aktiven Aufzeichnen. Der Konzern erklärt das Verfahren so: Alexa wartet permanent auf das Aktivierungswort – je nach Einstellung hört sie auf "Alexa", "Echo", "Amazon" oder "Computer". Erst dann wird laut Amazon das Gerät in den Aufnahmemodus schalten, die gesprochene Anfrage in die Cloud schicken und eine Antwort liefern. Das passive Mithören lasse sich außerdem abschalten (mehr dazu unter "Was kann ich tun ...?").
Tatsächlich bestätigen Messungen, dass im Mithörmodus nur kleine Datenpakete über das Internet an Amazon gesendet werden. Das Gerät prüfe damit in regelmäßigen Abständen, ob die Verbindung zum Internet und zu den Amazon-Servern noch steht, teilt der Konzern mit. Erst nach der Aktivierung werden größere Datenpakete ausgetauscht.
Hören Menschen die Alexa-Aufzeichnungen an?
Kann sein. Im April 2019 hat Amazon einen Bericht von Bloomberg bestätigt, wonach überall auf der Welt Mitarbeiter einzelne Sprachaufzeichnungen anhören, abtippen und das nutzen, um die Spracherkennung zu verbessern.
Amazon schreibt in einer Stellungnahme, Beschäftigte hätten keinen direkten Zugang zu Informationen, durch die eine Person oder ein Account bei diesem Verfahren identifiziert werden könnten. Alle Informationen würden streng vertraulich behandelt. Laut Bloomberg sehen die Amazon-Mitarbeiter aber eine Account-Nummer, den Vornamen des Nutzers und die Seriennummer des Geräts.
Habe ich Kontrolle über die Aufzeichnungen und Daten?
Ja und Nein. Die aufgezeichneten Sprachpakete sammelt Amazon in der Alexa-App. Dort können Nutzer sie sehen, anhören, bewerten und auch löschen. In der Liste wird deutlich, wo die Spracherkennung noch Schwächen hat und wann Alexa falsch aktiviert wurde. Das kann zum Beispiel passieren, wenn in Hörweite Namen wie "Alexander" oder "Alexandra" fallen. Diese Sprachaufnahmen können Nutzer aktiv löschen und damit auch den Algorithmus trainieren.
Sobald die Datenpakete abgeschickt worden sind, schwindet der Nutzereinfluss. Denn die Anfragen werden nicht im Gerät verarbeitet, sondern auf Amazons Servern, die auch im Ausland stehen können. In den Alexa-Nutzungsbedingungen heißt es dazu unter Punkt 1.3: "Alexa verarbeitet und speichert ihre Alexa Interaktionen, wie ihre Spracheingaben, Musikwiedergabelisten und ihre Alexa To-do- und Einkaufslisten in der Cloud."
Mit Punkt 2.1 überträgt Amazon dem Nutzer außerdem ein Großteil der Verantwortung. Dort steht: "Wenn Sie einen Dienst Dritter verwenden, tauschen wir unter Umständen entsprechende Informationen mit diesem Dienst aus, z.B. Ihre Postleitzahl, wenn Sie nach dem Wetter fragen." Bei der Verwendung dieser Dienste "sind Sie verantwortlich für sämtliche Informationen, die Sie diesem Dritten bereitstellen." Und weiter: "Amazon ist für Dienste Dritter nicht verantwortlich oder haftbar."
Was kann ich tun, um Alexas Mithören zu steuern?
Nutzer haben mehrere Möglichkeiten, die Funktionen von Alexa einzuschränken und ihre Privatsphäre zu schützen – je nach Nutzungssituation und Vertrauen. Hier einige Tipps:
- Auf den Leuchtring achten: Ist das Aktivierungswort gefallen, beginnt der Ring blau zu leuchten und Alexa hört zu. Wenn Daten übertragen werden, wandern die Lichtpunkte im Kreis – beim Echo Show ist es ein Leuchtstreifen.
- Einen Ton aktivieren, sobald die Sprachübertragung startet: Dadurch wird deutlicher, ab welchem Zeitpunkt die Aufnahme startet und Daten übertragen werden. Einstellung in der Alexa-App über Menü -> Einstellungen -> [Gerätename] -> Töne -> Anfragetöne "Start der Anfrage" und "Ende der Anfrage" aktivieren.
- Regelmäßig prüfen, was übertragen wird: In der Alexa-App über Menü –> Einstellungen -> Verlauf die Liste anwählen. Dort lassen sich die Aufzeichnungen anhören, bewerten und löschen.
- Das Mikrofon zeitweise ausschalten: Alle Echos haben auf der Oberseite einen Knopf mit einem durchgestrichenen Mikrofon oder einem durchgestrichenen Kreis. Dadurch lassen sich die Mikrofone abstellen, zu erkennen am roten Leuchtring. Die Sprachsteuerung funktioniert dann nicht.
- Sprachsteuerung per Knopf: Die Echo-Modelle ohne Bildschirm haben auf der Oberseite einen Knopf mit einem kleinen Punkt in der Mitte. Hält man diesen gedrückt, nimmt der Assistent direkt Befehle entgegen. Das Aktivierungswort "Alexa" braucht man dann nicht. Das funktioniert auch bei ausgeschaltetem Mikrofon.
- Stromstecker ziehen: Wer sich unwohl fühlt und trotzdem nicht auf den digitalen Assistenten verzichten möchte, kann natürlich auch den Strom abschalten und das Gerät gezielt nur dann verbinden, wenn es genutzt werden soll. Nachteil: Es ist viel Arbeit, kostet Zeit und macht es schwer, Alexa spontan zu nutzen.
- Eigene Recherchen
- amazon.com Alexa-Nutzungsbedingungen bei Amazon
- amazon.com: Häufig gestellte Fragen zu Alexa mit Antworten von Amazon
- Verbraucherzentrale zum Datenschutz bei Alexa
- Bloomberg.com: Bericht über mithörende Amazon-Mitarbeiter