Undurchsichtige Löschpraxis Facebook entfernt nur unregelmäßig Hasskommentare
Sogenannte Hasspostings sind auf Social-Media-Plattformen wie Facebook verboten. Zudem gibt es gesetzliche Vorgaben. Doch ein Medienbericht zeigt nun: Das Unternehmen nimmt es mit der Löschung nicht ganz so genau.
Eigentlich sollten soziale Netzwerk wie Facebook sogenannte Hasskommentare löschen, wenn Nutzer sie melden. Doch wie eine Recherche der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) zeigt, bleibt auf Facebook jeder sechste gemeldete Hasskommentar stehen.
Die Zeitung hat 69 Hasskommentare gegen eine Politikerin bei Facebook über die sogenannte NetzDG-Beschwerde gemeldet. Die Kommentare waren zuvor von einer Juristin als rechtswidrig eingeordnet worden. Zudem hat die "SZ" noch 70 "illegale Kommentare wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsstandards von Facebook zur Löschung vorgeschlagen", wie die Zeitung schreibt.
Unterschiedliche Meldemethoden
NetzDG steht für Netzwerkdurchsetzungsgesetz – auch Facebook-Gesetz genannt. Plattformen müssen laut dem Gesetz "offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen und Nutzer über die Entscheidung informieren. Zudem müssen Anbieter, die im Jahr mehr als 100 Beschwerden erhalten, einen Transparenzbericht erstellen
Nutzer können kritische Kommentare auf Facebook zum einen über den Meldebutton bei Facebook melden. Hier prüft Facebook, ob die der gemeldete Kommentar gegen seine Gemeinschaftsstandards verstößt. Zum anderen können Nutzer Verstöße gegen die NetzDG melden können. Ein Formular dazu finden Sie hier.
Facebook versucht, seinen Pflichten nicht nachzukommen
Das Ergebnis der Recherche der "SZ": Auf 56 von 70 gemeldeten illegalen Kommentare, die gegen die Gemeinschaftsstandards verstießen, reagierte Facebook mit einer Rückmeldung, etwas mehr davon löschte das Unternehmen auch. Am Ende blieben laut der "SZ" hier elf Kommentare übrig.
Bei den 69 Kommentaren, die auch nach Ansichten einer Juristin gegen das NetzDG verstießen, löschte Facebook 47 nach einer Woche. Zwölf Kommentare blieben zunächst auf der Seite. Die griffen eine Grünen-Politikerin mit Worten wie "Fickfehler" oder "Ich kotz auf dich du grüne Fotze" an. Erst auf zusätzliche Nachfrage der "Süddeutschen Zeitung" an die Pressestelle von Facebook wurden hier sechs weitere Kommentare gelöscht.
Und nicht nur das: In vielen Fälle löschte Facebook solche Kommentare mit der Begründung, dass sie gegen die Gemeinschaftsstandards des Unternehmens verstießen – obwohl die "SZ" sie als Verstoß gegen das NetzDG gemeldet hatte. Die Juristin Josephine Ballon erklärt im Gespräch mit der "SZ", dass Facebook so handele, um sich "der Geltung des NetzDG zu entziehen".
Kommentare machen Betroffenen zu schaffen
Denn wenn Facebook Beschwerden gegen seine Gemeinschaftsstandards verarbeitet, muss er beispielsweise die Inhalte nicht in einem Transparenzbericht dokumentieren, wie es bei Postings, die gegen das NetzDG verstoßen, vorgegeben ist.
Ballon kritisiert zudem, dass Facebook nicht immer klar machen, warum manchmal Hasskommentare auf der Website verbleiben dürfen. Das hätte zur Folge, dass viele Betroffene gar nicht mehr Kommentare melden, so Ballon.
Im Gespräch mit der "SZ" erklärt Ballon zudem, dass sich Betroffene wie Politiker oder Journalistinnen als Folge aus dem öffentlichen Diskurs zurückzögen. "Wir sehen, dass es natürlich den Betroffenen nahegeht, sie auch mit psychischen Einschränkungen zu kämpfen haben", so Ballon.
- Süddeutsche.de: "Löschen nach Gutsherrenart"
- Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz