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Nordrhein-Westfalen: Schulministerium kauft Brockhaus-Lizenz und erntet Spott


Digitalisierung
NRW-Schulministerium kauft Brockhaus-Lizenz und erntet Spott

Von t-online, str

19.02.2021Lesedauer: 2 Min.
Brockhaus-Lexika: Das Bildungsministerium in Nordrhein-Westfalen hat eine Dreijahreslizenz für die Online-Enzyklopädie erworben.Vergrößern des Bildes
Brockhaus-Lexika: Das Bildungsministerium in Nordrhein-Westfalen hat eine Dreijahreslizenz für die Online-Enzyklopädie erworben. (Quelle: fossiphoto/imago-images-bilder)
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Wer braucht schon Wikipedia, wenn man auch Geld ausgeben kann? In Nordrhein-Westfalen sollen Schüler künftig mit der Online-Version der Brockhaus-Enzyklopädie lernen. Die Lizenzen dafür werden aus Steuergeldern finanziert. Das sorgt für Irritationen.

Das Land Nordrhein-Westfalen will im Rahmen einer Offensive zur Stärkung des Schulunterrichts in der Corona-Krise insgesamt 2,6 Millionen Euro für digitale Lernmittel ausgeben. Das teilte das Bildungsministerium unter der zuständigen Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag mit. Doch schon die erste Anschaffung – eine Dreijahreslizenz für eine Online-Version der Brockhaus-Enzyklopädie – sorgt für Diskussionen.

Schließlich gibt es mit der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia eine bekannte und kostenlose Alternative, die von vielen Schülern bereits genutzt wird. Auch für kleinere Kinder gibt es mit Klexikon.de eine frei verfügbare Lösung, die auch außerhalb des Unterrichts genutzt werden kann.

Ministerium hebt Brockhaus-Vorteile hervor

Dem Bildungsministerium in Nordrhein-Westfalen geht es bei seiner Anschaffung laut eigenen Worten aber vor allem um die Förderung eines "effizienten und verantwortungsvollen Umgangs mit Informationen, Daten und Medien". In der Pressemitteilung wirbt die Landesregierung für das erworbene Digital-Paket der Traditionsmarke Brockhaus.

Das Online-Nachschlagewerk umfasse die Enzyklopädie, ein Jugend- und Kinderlexikon und sei damit "der umfassendste fachlich betreute lexikalische Bestand im deutschsprachigen Raum". Das Pakete enthalte außerdem Audio- und Videoinhalte, einen Online-Kurs "Richtig Recherchieren" und verschiedene Zusatzfunktionen.

"Damit Lernende eine Vielzahl von Informationen sicher bewerten können, brauchen sie neben altersgerechten Einstiegsinformationen in übersichtlicher, konzentrierter und schülergerechter Form vor allem objektive Inhalte", heißt es zur Begründung, warum die Wahl auf das digitale Nachschlagewerk von Brockhaus fiel.

Kritik: Keine nachhaltige Investition

Der Medienexperte Leonhard Dobusch hält das für Unsinn und hat den Lizenzkauf aus Steuermitteln auf Twitter und in einem Beitrag für "netzpolitik.org" kritisiert. Gerade anhand von Plattformen wie der Wikipedia lasse sich gut zeigen, wie Wissen diskursiv hergestellt werde. Doch statt Kindern und Jugendlichen einen reflektierten Umgang mit den Online-Quellen beizubringen, werde den Schulen mit dem Online-System von Brockhaus nun eine proprietäre und kostenpflichtige Lösung vorgesetzt, die nur den Anschein von Objektivität erwecke.

Das sei weder didaktisch noch ökonomisch nachhaltig, so Dobusch. "Nach Ablauf der drei Jahre wird der Druck groß sein, die Lizenz zu verlängern, weil sonst die bis dahin erworbenen Kompetenzen der Lehrkräfte im Umgang mit der proprietären Enzyklopädie verloren wären", schreibt er.

Angesichts des wachsenden Angebots an digitalen Lernmitteln unter freier Lizenz wirkt die Rückkehr zur Brockhaus-Enzyklopädie geradezu aus der Zeit gefallen, findet nicht nur Dobusch. Dass ausgerechnet ein FDP-geführtes Ministerium lieber auf eine Traditionslösung setzt, statt auf freies Wissen und freie Software – zwei wesentliche Errungenschaften der Digitalisierung – wurde am Freitag auf Twitter mitunter auch mit viel Spott kommentiert.

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