Vorwurf der Kriegsverharmlosung Bundeswehr wirbt mit provokanten Plakaten um Nachwuchs
Erneut ist die Bundeswehr mit einem Stand auf der Gamescom vertreten. Erneut gibt es Ärger. Ein Werbeplakat, das militärische Einsätze mit Ballerspielen vergleicht, erntet heftige Kritik.
Seit Jahren wirbt die Bundeswehr auf der Gamescom in Köln um neue Rekruten. Auch dieses Jahr ist die Armee auf der Computerspielemesse mit einem Stand präsent. Das macht sich auch in der Kölner Innenstadt bemerkbar: Großformatige Plakate lassen den Betrachter wissen, wo der Stand in Halle 5 zu finden ist.
Doch nicht nur Gamescom-Besucher wurden auf die Aktion aufmerksam. Im Netz lösten Fotos von diesen Plakaten einen Sturm der Entrüstung aus. Kritiker werfen der Werbekampagne vor, Krieg und gefährliche Einsätze in Krisengebieten zu verharmlosen.
Ein Poster trägt die Zeile "Mehr Open World geht nicht!" – eine Anspielung auf beliebte Computerspiele, in denen der Spieler eine offene Welt erkunden kann. Ein zweites Poster zeigt die Schemen von Soldaten in voller Montur. Im Hintergrund zeichnet sich ein Panzer mit schwerem Geschütz ab. Die Optik erinnert stark an Blockbustertitel wie "Call of Duty" und "Battlefield", zwei der meist verkauften Shooter-Spiele. Mittendrin prangt der Werbeslogan "Multiplayer at its best!" und die Web-Adresse Bundeswehrkarriere.de.
In Multiplayer-Games müssen Spieler in Teams gegen einen virtuellen Gegner oder ein anderes Spieler-Team antreten. Der Poster-Slogan soll wohl andeuten, dass Berufssoldaten in ihrem Alltag einen ähnlichen Teamgeist erleben.
Problematische Darstellung
Soldaten erleben ihren Einsatz also als eine Art Multiplayer-Kriegsspiel? Viele finden diesen Vergleich problematisch. Ganz offensichtlich appelliert das Heer mit der Kampagne an eine Zielgruppe, die eine Affinität zu Ego-Shootern hat.
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Laut Bundeswehr soll die Kampagne auf der Spielemesse ein ernstes Thema ansprechen. "Die Kernfrage, die wir dabei stellen ist: Krieg spielen oder für den Frieden kämpfen?“, teilte eine Bundeswehr-Sprecherin auf Nachfrage mit. "Mit der Plakatierung wollen wir junge Erwachsene im Umfeld der Gamescom zum Nachdenken bringen, wofür sie ihre Zeit beziehungsweise Zukunft einsetzen."
Während die Überschrift absichtlich im Stil einer Spielewerbung gehalten sei, erkenne man darin auf den zweiten Blick "die Werte der Bundeswehr", so die Sprecherin. Um das zu verdeutlichen, würden im Kleingedruckten des Plakates "Sinnfragen" aufgeworfen, wie "An deine Grenzen gehen statt in deinem Level festhängen?" oder "Echte Kameradschaft statt Singleplayer-Modus?" Im Kern gehe es also um "Kameradschaft und der Einsatz für eine freie Welt".
Den Kritikern ist das nicht genug. Denn auch das Kleingedruckte verschweige die Gefahren des Soldatenlebens oder spiele sie herunter.
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Nicht zum ersten Mal eckt die Bundeswehr mit einer Werbekampagne an. Im Mai gab es Ärger auf der Blogger-Konferenz Republica. Auch dort wollte die Bundeswehr mit einem eigenen Stand um Rekruten werben. Die Veranstalter lehnten das ab, woraufhin sich uniformierte Soldaten vor dem Gelände positionierten – aus Protest, wie sie sagten.
Die Bundeswehr wirbt auf allen Kanälen
Die Bundeswehr hat ein Nachwuchsproblem – und sie gibt viel Geld aus, um es zu lösen. YouTube, Twitter, Facebook, Instagram, Snapchat – die Armee wirbt inzwischen auf allen Kanälen um den Nachwuchs. Für Konzeption, Produktion und Social-Media-Betreuung der Kampagne zur Gamescom seien rund 102.300 Euro Budget eingeplant worden, teilte die Pressestelle mit.
Auf der Gamescom in Köln ist das deutsche Militär bereits seit Anfang an vertreten, also seit 2009. "So wie andere Arbeitgeber auch, wollen wir dort mit IT-affinen jungen Menschen ins Gespräch kommen und Ihnen die beruflichen Chancen bei der Bundeswehr nahebringen", heißt es dazu aus der Presseabteilung.
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Auf der Gamescom selbst sind die umstrittenen Plakate nicht zu sehen. Dort zeigt die Bundeswehr unter anderem seine Fahrzeuge. Besucher können in einem Spiel ihre Reaktionszeit trainieren oder durch eine Virtual-Reality-Brille einen Flug in einem Kampfjet erleben.