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Videosprechstunde mit dem Arzt | Telemedizin wird in Deutschland immer wichtiger


Videosprechstunde mit dem Arzt
Telemedizin wird in Deutschland immer wichtiger

Von dpa
05.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Eine Ärztin zeigt ein Telemedizin-Projekt für Hauterkrankungen: Der deutschen Telemedizin steht eine Liberalisierung bevor (Symbolbild).Vergrößern des Bildes
Eine Ärztin zeigt ein Telemedizin-Projekt für Hauterkrankungen: Der deutschen Telemedizin steht eine Liberalisierung bevor (Symbolbild). (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa-bilder)

Die Bundesärztekammer könnte die Auflagen für Telemedizin in Deutschland bald erheblich lockern. Neue Anbieter und große Konzerne stehen in den Startlöchern. In den USA sind Videosprechstunden beim Arzt längst Standard.

Bislang war es in Deutschland nicht möglich, sich ausschließlich per Videosprechstunde von einem Arzt beraten zu lassen. Doch das könnte sich bald ändern: Der Vorstand der Bundesärztekammer möchte auf dem Deutschen Ärztetag eine Öffnung des Fernbehandlungsverbots vorschlagen, so Franz Bartmann, Vorsitzender des Ausschusses Telemedizin der Bundesärztekammer. Den Prüfauftrag dazu hatte der Ärztetag 2017 erteilt.

Noch steht das Fernbehandlungsverbot der Telemedizin im Weg: Es besagt, dass Ärzte neue Patienten nur nach persönlichem Gespräch behandeln dürfen. Dementsprechend können Patienten sich nicht per Videosprechstunde von einem Arzt beraten lassen, bei dem sie zuvor nicht in Behandlung waren.

Vorbild für eine Lockerung ist Baden-Württemberg. Dort hat die Landesärztekammer zwei Modellprojekte genehmigt, mit denen Ärzte auch unbekannte Patienten online beraten dürfen. Der Hintergrund: In vielen ländlichen Regionen nähert sich die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte dem Pensionsalter. In wenigen Jahren dürfte diesen Gegenden ein erheblicher Ärztemangel bevorstehen. Die Telemedizin könnte die Folgen dieses Mangels abmildern.

"Der Markt ist wahnsinnig umkämpft"

Beteiligt an dem Modellversuch ist das Münchner Start-up "Teleclinic", das über seine gleichnamige App Videoberatung bei mehr als 200 Ärzten vermittelt. "Das ist ein wahnsinnig umkämpfter Markt", sagte Teleclinic-Mitgründer Patrick Palacin kürzlich bei einem Pressegespräch des US-Konzerns IBM. "Deutschland ist so ein bisschen hinten dran."

Die Blicke richten sich vor allem auf die Vereinigten Staaten: "In den USA sitzen mit Doctor on demand und MDLive zwei IT-gesponsorte Mitbewerber", sagte Palacin. Beide Konkurrenten erhalten erhebliche Unterstützung: Doctor on Demand gehört zu Google Ventures, MDLive hängt mit Microsoft zusammen. Start up-Mitbegründer Palacin rechnet damit, dass sich der deutsche Markt ähnlich entwickelt: "Wir sind nicht blauäugig, wir schätzen: Drei bis fünf Jahre, und Google kommt hier rein."

Deutsches Gesundheitswesen einzigartig und komplex

Allerdings gibt es auch Hindernisse für Google & Co. "Die Einzigartigkeit und Komplexität des deutschen Gesundheitswesens stellt eine hohe Eintrittshürde dar", sagte Felix Schirmann, Mediziner und Leiter des operativen Geschäfts beim Berliner Start-up "Patientus", einem Portal für Online-Sprechstunden.

Stoßen ausländische Unternehmen in der Telemedizin auch auf den deutschen Markt vor? "Ein klares Jein", sagt Felix Schirmann. Abgesehen von der Komplexität des hiesigen Gesundheitswesens seien es die Patienten in den USA gewohnte, für ihre Behandlung zu zahlen – das ist in Deutschland anders. "Ich glaube aber, dass die großen ausländischen Technologiekonzerne durchaus interessiert sind. Am Ende werden die Patienten buchstäblich mit dem Smartphone abstimmen."

Entscheidend ist auch, ob und inwieweit die Patienten in Deutschland willig sind, Krankheits- und Gesundheitsdaten mit großen IT-Konzernen zu teilen: "Ein wichtiger Aspekt wird sein, wie die Patienten bei Plattformen von Internet-Anbietern das Thema Datenschutz in diesem besonders sensiblen Bereich beurteilen", sagte der Telemedizin-Experte Bartmann von der Bundesärztekammer.

Reine Online-Ärzte wird es auch künftig nicht geben

Schirmann geht davon aus, dass der Ärztetag das Fernbehandlungsverbot lockern wird. Trotzdem glaubt er nicht, dass es künftig reine Online-Ärzte geben wird: "Videosprechstunden werden den traditionellen Arztbesuch ergänzen, aber nicht ersetzen."

Neben dem Fernbehandlungsverbot gibt es ein zweites Hemmnis für die deutsche Telemedizin: Die Videosprechstunde ist für Ärzte schlecht bezahlt. Deswegen greifen Ärzte bislang kaum auf diese Möglichkeit zurück.

Trotzdem gehen nicht nur Start-up-Manager davon aus, dass das Interesse der Bürger an der Telemedizin steigen wird. In der Politik ist die Kritik an der Vergütung angekommen. "Insgesamt ist damit zu rechnen, dass Patienten zunehmend ihren Arzt nach telemedizinischen Angeboten fragen", sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Für den Arzt könne die Telemedizin die Patientenbindung sogar stärken, für die Patienten ermögliche das größere Flexibilität. "Dies erfordert jedoch entsprechende Abrechnungsmöglichkeiten, für die ich mich auf Bundesebene weiterhin einsetzen werde", sagte Huml.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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