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KI gegen Raketen: Ukrainisches Start-up ortet russische Marschflugkörper


Alte Technologie mit KI gepaart
Ukrainisches Start-up spürt russische Marschflugkörper auf

Von t-online, jnm

Aktualisiert am 13.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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Mehrere Kalibr-Marschflugkörper kurz nach ihrem Start im Schwarzen Meer: Ein Start-up hilft dabei, die tieffliegenden Raketen rechtzeitig zu entdecken. (Quelle: IMAGO/Russian Defence Ministry)
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Ein kleines ukrainisches Start-up spielt aktuell eine zunehmend wichtige Rolle bei der Erkennung anfliegender russischer Raketen. Dabei hilft ihnen die KI.

Ein bedrohliches Donnern, wie das eines tief fliegenden Jets, gefolgt von einem singenden Sirren. Die Geräuschkulisse eines tief vorbeifliegenden russischen Marschflugkörpers klingt vertraut und doch fremd zugleich.

Zahllose Handyvideos zeigen die gespenstischen Szenen von passierenden russischen Raketen auf dem Weg zu ihren ukrainischen Zielen. Anders als ballistische Raketen fliegen viele Marschflugkörper den größten Teil ihrer Reise sehr tief, oft in Höhen von 20 bis 100 Metern und meist unterhalb der Schallgeschwindigkeit.

Die niedrige Flughöhe macht es vor allem für Radarsysteme schwierig, diese rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Abwehrmaßnahmen einzuleiten. Zudem gibt es etliche Regionen in der Ukraine, die nicht von der Radarüberwachung abgedeckt werden.

Start-up greift ukrainischer Flugabwehr unter die Arme

Unterstützung erhält die ukrainische Flugabwehr dabei nun zunehmend vom Zvook AI-Projekt, einem System, das neben Marschflugkörpern auch niedrig fliegende Helikopter, Drohnen und Kampfjets an ihren Motorgeräuschen erkennen und orten kann.

Dahinter steckt eine alte Technik: Schon während des Zweiten Weltkriegs hätten Menschen an Schallposten versucht, anfliegende V1-Raketen rechtzeitig zu erlauschen, erzählt Pavlo Tsyupka, einer der Mitbegründer von Zvook, dem ukrainischen Onlinemagazin "Pravda". Mithilfe spezieller Spiegel habe man dabei die Geräusche aus der Lauschrichtung verstärkt.

Zvook ist die digitale Variante solcher Horchposten: Empfindliche Mikrofone werden mit entsprechenden Spiegeln kombiniert und mehrere solcher Geräte dann zu sogenannten Mikrofon-Arrays zusammengeschaltet. So lässt sich die Flugrichtung eines erlauschten Flugobjekts ermitteln.

Doch damit die Erkennung schnell und automatisch funktioniert, musste zuvor ein spezielles KI-System entwickelt und auf die gewünschten Laute trainiert werden. Die Mikrofon-Arrays schicken nun die aufgezeichneten Signale kontinuierlich über ein sicheres Datennetzwerk an ein dezentrales Rechnernetzwerk, das die Analyse übernimmt und die Ergebnisse bei einem Treffer an die zuständigen Stellen im ukrainischen Militär weiterleitet.

Anfangs lag die Erkennungsrate nur bei 50 Prozent

Technisch ist das eine große Herausforderung. Den Machern zufolge seien etwa 99,9 Prozent der Geräusche von vornherein uninteressant. Die übrigen 0,1 Prozent müssten aus dem Signal herausgefiltert und analysiert werden.

KI-Systeme können eine solche Aufgabe schnell und präzise erledigen. Doch zuvor müssen auch sie trainiert werden – und das braucht eine möglichst hohe Zahl an Aufnahmen der Geräusche, die erkannt werden sollen. Dafür standen anfangs nur die Geräusche aus Handyaufnahmen zur Verfügung – sie hatten jedoch nicht dasselbe Klangprofil wie das Geräusch, das die Zwook-Mikrofone aufzeichnen, zudem war die Qualität der Handymikrofone schlecht.

Zu Beginn der Entwicklung lag die Erkennungsrate deshalb bei nur etwa 50 Prozent – viel zu niedrig für einen halbwegs fehlerfreien Betrieb. Erst nachdem die Macher die Unterstützung des ukrainischen Militärs gewinnen konnten und ihre Anlagen auf den Funkmasten der Netzbetreiber installieren durften, gelang es ihnen, über Wochen und Monate ausreichend Audiomaterial von russischen Marschflugkörpern zu sammeln.

Zvool als Ergänzung mit wichtigem Vorteil

Diese mussten zunächst noch von Menschen erkannt und isoliert werden. Doch der wachsende Fundus an passenden Aufnahmen erlaubte schließlich ein effektives Training der KI. Mittlerweile sei das System sehr zuverlässig und werde durch den fortwährenden Betrieb nur noch besser.

Zvook ist deshalb zwar längst kein Ersatz für Radaranlagen, aber eine wichtige Ergänzung. So ist es vergleichsweise schnell und einfach zu fertigen – und anders als ein Radar, das aktiv Strahlung aussendet und so zum Ziel gegnerischer Angriffe werden kann, funktionieren die Zvook-Mikrofone rein passiv.

Aktuell sei etwa eine mittlere zweistellige Zahl der Systeme im Einsatz, Bedarf bestünde für etwa 600. Doch schon jetzt helfe Zvook dabei, die Routen von Marschflugkörpern in bestimmten Regionen grob nachzuzeichnen – und so dazu beizutragen, dass diese nicht ihr Ziel erreichen, sondern vorher abgefangen werden können.

Hinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es fälschlicherweise, dass Schallposten während des zweiten Weltkriegs auf anfliegende V2-Raketen gelauscht hätten. Es waren allerdings die mit Unterschallgeschwindigkeit fliegenden V1-Raketen. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten diesen zu entschuldigen.

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