Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Elon Musk tritt zurück Nehmt ihm das Spielzeug weg!
Das war's dann. Oder doch nicht? Elon Musk will als Chef von Twitter zurücktreten. Doch das Problem ist viel größer.
Warum Elon Musk als Twitter-Chef zurücktreten will, darüber lässt sich spekulieren. Hat er die Lust an seinem neuen Spielzeug verloren? Oder war es die Einsicht, dass er dem Unternehmen mit seinem Gebaren schadet? Oder doch eine Reaktion auf den gesunkenen Tesla-Aktienkurs?
Es ist egal. Klar ist, er bleibt Besitzer des Unternehmens. Und damit behält er auch die Macht im Konzern. Nun können Sie sagen: Wen interessiert das? Hierzulande haben sowieso relativ wenige Menschen einen Twitter-Account. Und für Ihr tägliches Leben spielt Twitter vielleicht eine untergeordnete Rolle.
Das Problem aber ist: Twitter ist in den vergangenen Jahren zu einem weltweiten Kommunikationsmedium avanciert. Es hat quasi Pressemitteilung, Stammtischgespräch und Podiumsdiskussion gleichzeitig abgelöst. Oder zumindest ein digitales Pendant dazu erschaffen. Twitter ist heute so wichtig wie Telefonleitungen.
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Was folgt daraus? Es ist gefährlich, wenn zu viel Macht in der Hand eines Einzelnen liegt. Vor allem dann, wenn jegliche staatliche Ordnung zu träge auf das Gebaren einzelner Unternehmer reagiert. Musk hat gezeigt, dass er nicht in der Lage ist, als Unternehmer verantwortungsvoll zu handeln. Muss er ja auch nicht. Im Gegenteil, er befindet sich mit seiner Exzentrik in guter Gesellschaft: Apples Steve Jobs, Amazons Jeff Bezos oder Facebooks Mark Zuckerberg agierten in der Vergangenheit ähnlich.
Ausgewachsenes Demokratie-Defizit
Musk schrieb zuletzt auf Twitter: "Those who want power are the ones who least deserve it." Übersetzt heißt das: "Diejenigen, die Macht wollen, sind diejenigen, die sie am wenigsten verdienen." Solche Sätze zeugen von wenig Demut und von Größenwahn. Man darf Musk ein ausgewachsenes Defizit an demokratischem Grundverständnis attestieren. Er wertet mit diesem Satz diejenigen ab, die nicht seiner Meinung sind. Der demokratische Diskurs scheint ihm geradezu lästig zu sein. Die anderen "verdienen es nicht", eine Meinung zu haben.
Wenn so jemand kritische Infrastrukturen kontrolliert, wird es gefährlich. Musk lässt missliebige Accounts sperren, öffnet die Tore für Fake News und löscht Inhalte, die ihm nicht passen.
Ein weiser Mann hat einmal gesagt, der einzige Sinn von Unternehmen sei, Gewinne zu erwirtschaften. Ethisches Verhalten kann man von ihnen verlangen, aber sie werden sich nur ethisch verhalten, wenn es ihnen wirtschaftlich nutzt. Um das Gebaren von Unternehmen und Unternehmern in die richtige Richtung zu lenken, bedarf es Anreize und Regulierungen des Gesetzgebers.
Digitale Infrastrukturen schützen
Es ist deshalb höchste Zeit, digitale Infrastrukturen genauso zu behandeln wie alle anderen zentralen Bereiche des öffentlichen Lebens: Telefonleitungen, Gesundheitswesen, Bildung, Straßen. Auch die überlassen wir (zumindest hierzulande) nicht der Privatwirtschaft allein.
Der Rücktritt von Elon Musk, die ganze Entwicklung von Twitter, seit er es gekauft hat, muss uns eine Warnung sein. In den USA (wo die meisten großen Tech-Firmen angesiedelt sind) muss dringend ein Umdenken stattfinden. Das Zusammenwirken von Staat und digitalen Großkonzernen erinnert dort immer noch an den Wilden Westen. Jeder macht, was er will, und am Ende muss irgendjemand die Scherben aufkehren.
Im Fall von Twitter gefährdet dies auch die Demokratie im Ganzen. Es wird deshalb höchste Zeit, Elon Musk sein Spielzeug wegzunehmen.
- Eigene Recherchen