TV-Tipp Gefährliche Erinnerung

Berlin (dpa) - Was, wenn die eigenen Erinnerungen nicht stimmen? Und was, wenn sie vielleicht unter Hypnose sogar manipuliert wurden? Das Erste widmet dem Thema einen Spielfilm, der am Samstag (11. Mai) um 20.15 Uhr zu sehen ist: In "Hartwig Seeler – Gefährliche Erinnerung" soll Privatdetektiv Seeler die verschwundene Evelyn Kepler suchen.
Die Eltern vermissen die erwachsene Tochter, die sonst sehr zuverlässig ist und sie fast jeden Sonntag besucht. Auch ihr Chef sagt: "Sie war die Verlässlichkeit in Person." Doch Evelyns Wohnung ist leer. Sie wirkt steril, keine Fotos sind auf Regalen oder an Wänden zu sehen.
Die Ermittlungen des früheren Polizisten Seeler führen ihn schnell auf eine kroatische Insel, wo in einer Art Zeltlager meditiert, therapiert und hypnotisiert wird. Im Mittelpunkt steht Aljoscha, eine Art Guru. Das Ganze wirkt schon wegen vieler Rituale wie eine Sekte.
Hier findet Seeler die vermisste Frau - allerdings ist die Frage, wie sie dorthin gekommen ist, nicht gleich zu beantworten. Ein dunkles Geheimnis scheint die Familie Kepler zu belasten. Seeler selbst, der den Tod seiner Frau bei einem Autounfall noch nicht verarbeitet hat, wird ebenso hypnotisiert. Und auch bei ihm werden Erinnerungen geweckt. Aber ist denen zu trauen?
"Grundsätzlich interessiert mich sehr, was Gehirnforscher und Psychologen über den Menschen herausfinden", sagt Regisseur und Drehbuchautor Johannes Fabrick im ARD-Interview. "Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis ich auf die Arbeit von Julia Shaw gestoßen bin. Sie hat experimentell belegt, dass man Gedächtnisinhalte manipulieren, ja, falsche Erinnerungen von Ereignissen, die sich nie zugetragen haben, einpflanzen kann." Unsere Existenz beruhe auf unserem Gedächtnis - doch was bleibe, wenn wir nicht einmal dem trauen können? "Die einzige Gewissheit ist die Ungewissheit", sagt Fabrick. Für ihn ist das die Kernaussage des Films.
Während der anderthalb Stunden fahren die Gefühle gleich mehrerer Figuren Achterbahn. Intensität gewinnt der Film vor allem durch die Großaufnahmen ihrer Gesichter. Matthias Koeberlin spielt Seeler. Der Zuschauer sieht ihn suchend, fragend, zweifelnd, weinend. Caroline Hellwig alias Evelyn durchlebt emotionales Chaos bei ihrer Begegnung mit Aljoscha. Und auch Heilerin Amanda (Friederike Becht) lässt peu à peu immer weiter hinter ihre an sich freundliche Fassade blicken.
"Ich brauche Schauspieler, die gerne in die Tiefe gehen, die einen Sinn für Zwischentöne und das schicksalhafte Innenleben ihrer Figuren haben", sagt Regisseur Fabrick. "Für "Hartwig Seeler" habe ich sie gehabt." Hauptdarsteller Koeberlin beschreibt den traumatisierten Seeler als einen Reisenden - nach Kroatien und zu sich selbst: "Seine Entwicklung, seine Zweifel, die Ängste und die Erlösung, die er verspürt, machen ihn für mich zu einer äußerst spannenden Figur." Mit sanfter, manchmal fast flüsternder Stimme entschleunigt und beruhigt Seeler immer wieder auch emotional aufgewühlte Situationen.
Ein starker Kontrast zu der zwischenzeitlich tragischen Geschichte ist die Landschaft, in der Fabrick das Geschehen inszeniert, die fast schon idyllisch erscheint: eine Insel mit Wasserfällen, viel Grün, Meer, Sonnenschein.