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"Tatort"-Star Ulrike Folkerts über Gehältern: "Niemand redet gern darüber"


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"Tatort"-Star Ulrike Folkerts
"Niemand redet gern darüber"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

Aktualisiert am 02.01.2025Lesedauer: 5 Min.
"Tatort" aus dem SWR: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) muss einen entführten Achtjährigen finden.Vergrößern des Bildes
"Tatort" des SWR: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) muss einen entführten Achtjährigen finden. (Quelle: SWR/Benoît Linder)
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Sie ist seit 35 Jahren ein "Tatort"-Star in der ARD: Ulrike Folkerts. Mit t-online spricht sie über astronomische Gagen, Verjüngungstrends und die Demokratie.

Mit mehr als 80 "Tatort"-Fällen und 35 Jahren Erfahrung als ARD-Kommissarin gibt es wenig, was Ulrike Folkerts noch überrascht. Im Interview mit t-online gibt es dann aber doch eine Stelle, bei der die Darstellerin der Lena Odenthal stutzig wird: Als es um die Gagen ihrer Kollegen geht.

Warum die 63-Jährige dazu eine klare Meinung hat, wie sie über die Krise der Öffentlich-Rechtlichen denkt und welchen Ratschlag sie ihrem 27-jährigen Ich geben würde, erzählt Folkerts im Interview.

t-online: Frau Folkerts, wenn Sie "dienstälteste Kommissarin" hören: Was geht Ihnen da durch den Kopf?

Ulrike Folkerts: "Dienstälteste Kommissarin" heißt für mich, sie hat viel Erfahrung, ist kompetent und hat Vorbildfunktion. Insgesamt ein sehr positives Image. Und sie ist länger da als alle anderen.

Seit 35 Jahren sind Sie Lena Odenthal. Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie schon ans Aufhören gedacht und wieso sich dann doch immer dagegen entschieden?

An das Aufhören denke ich schon lange nicht mehr. Ich liebe meine Rolle im Ludwigshafener "Tatort", habe wunderbare Kolleginnen und Kollegen, ein tolles Team, welches mich seit so vielen Jahren begleitet. Das ist mehr als nur ein Job für mich, da steckt viel Herzblut drin. Ich habe mich für unser Format eingesetzt, an mir als Schauspielerin gearbeitet. Diese Rolle ist schon lange ein Teil meines Lebens geworden. Und die Zuschauer goutieren das, indem sie einschalten. Das finde ich ein super Feedback.

Wenn wir schon bei rein hypothetischen Szenarien sind: Wen könnten Sie sich als Ihre Nachfolgerin vorstellen?

Lena Odenthal kann man nicht ersetzen.

In Ihrem neuen Fall "Der Stelzenmann" drängen sich jedenfalls zwei neue Nachwuchsermittler in den Vordergrund: Haben Sie Sorge, bald einem Verjüngungsprozess zum Opfer zu fallen?

Nein, ich habe keine Sorge. Der Trend, jünger und diverser bei den Öffentlich-Rechtlichen zu werden, hat auch uns ereilt. Ich finde, die Verantwortlichen des SWR und auch die Drehbuchautoren plus Regie haben da ganz wunderbare Figuren geschaffen, die sehr behutsam an der Seite von Lena und Johanna wachsen werden. Wir werden ein Team mit unterschiedlichen Ansichten und Aussichten.


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Das ist insofern beunruhigend, als weniger gedreht wird und Jobs wegfallen.


ulrike folkerts


"Natürlich sind alle, die uns jetzt ersetzen, billiger. Weil wir vor 25 Jahren ja noch ordentliche Gagen ausgehandelt haben. Heute kriegen jüngere Leute nicht das Geld, das wir gekriegt haben", sagte Ihre Kollegin Annalena Schmidt nach ihrem Abschied. Wie denken Sie darüber?

Sie hat recht, das ist der Trend. Ob er aufgeht und die Zuschauer das mögen, wird sich zeigen.

Zuletzt gab es viele Veränderungen im "Tatort"-Kosmos, die ARD ist aufgrund der Reformpläne zum Sparen gezwungen – und musste vor das Verfassungsgericht ziehen, weil die Länder eine Beitragserhöhung verweigern. Inwiefern besorgen Sie diese Entwicklungen?

Das ist insofern beunruhigend, als weniger gedreht wird und Jobs wegfallen. Die Sendeanstalten der ARD schließen Werkstätten, Kostümfundus und besetzen Stellen, die frei werden, nicht mehr neu. In den Werkstätten wurden etwa ganze Inneneinrichtungen für Filme gebaut. Im Kostümfundus sind Schätze der letzten Jahrzehnte aufbewahrt und in bestem Zustand durch Menschen, die dort gearbeitet haben. Das sind Handwerksberufe. Jetzt muss alles ausgeliehen werden. Ist das billiger?

Sagen Sie es mir ...

Es bleibt spannend, wohin die Veränderungen gehen. Niemand redet gern darüber, das ist mir schon aufgefallen.

Warum ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk aus Ihrer Sicht unersetzlich?

Wir hätten sonst keine vielfältige und objektive Berichterstattung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Bildungsauftrag, heißt, er fördert den gesellschaftlichen Diskurs und die Meinungsvielfalt, sorgt dafür, dass Informationen verbreitet werden, Lebensvielfalt sichtbar wird und wir eine kulturelle Bereicherung erleben können. All dies dient am Ende auch dem Erhalt unserer Demokratie. Er ist absolut unersetzlich!

Was würden Sie heute Ihrem 27-jährigen Ich gerne zuflüstern, nachdem es vom Theater Oldenburg auf die große "Tatort"-Bühne ging?

"Du hast das Glückslos gezogen, vertrau Dir und sieh nach vorn."

Mit "Die Neue" nahm Ihre "Tatort"-Karriere 1989 ihren Anfang: Wie blicken Sie heute auf diese Lena Odenthal zurück?

Diese Rolle war ein Glücksfall und hat mein Leben verändert. Lena war damals die einzige Kommissarin in der "Tatort"-Reihe, und Lena durfte mit großer Klappe draufgängerisch sein. Sie hat sich, wie ich auch, weiterentwickelt, ist erwachsener, diplomatischer und erfahrener geworden.

Wie haben Sie selbst die Entwicklungen in der Filmbranche für Frauen in den vergangenen Jahren erlebt?

Allein die Anzahl an Kommissarinnen ist bemerkenswert. Es gibt tatsächlich mehr weibliche Hauptrollen, trotzdem arbeiten wir uns in bestimmten Formaten noch an Klischees ab. Außerdem gibt es eine große Diskussion darüber, wo die Geschichten für ältere Frauenrollen sind.

Wie meinen Sie das?

Die Statistik beweist, dass die Anzahl der Rollenangebote für Schauspielerinnen ab spätestens 50 Jahren immer weniger wird. Daran muss man etwas ändern. Wir sind viele, wir sind gut, wir haben Geschichten zu erzählen.

Ihr neuer "Tatort" beschäftigt sich auch mit der Frage, wie nachhaltig ein Trauma einen Menschen verändern und beschädigen kann. Was hat Sie an der Geschichte besonders berührt?

Jede Form von Gewalt, Missbrauch oder Entführung, die einen jungen Menschen, wie in unserem Film, in Angst und Schrecken versetzt, ist die Hölle für das weitere Leben, wenn man keine Hilfe erfährt. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Gewaltspirale fortsetzt, wenn sie nicht unterbrochen wird. Das hat mich nachhaltig berührt, aber auch erschreckt.


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Wir müssen uns für unsere Demokratie einsetzen, für unsere Kultur, für Gleichberechtigung, für Vielfalt, für ein Miteinander.


ulrike folkerts


Sie haben sich nie gescheut, Dinge anzusprechen, die unbequem sind. Wo sehen Sie heute die größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft – und was macht Ihnen trotzdem Mut?

Die größte Herausforderung ist, die vielen Probleme, Kriege, Naturkatastrophen dieser Welt nicht zu sehr an sich heranzulassen. Über diese Dinge zu denken und zu sprechen, vergrößert sie noch. Mir scheint es klüger, im Kleinen, im persönlichen Bereich Lösungen für die Dinge des Lebens zu suchen und somit aktiv beteiligt zu sein, etwas zu verändern. Wir müssen uns für unsere Demokratie einsetzen, für unsere Kultur, für Gleichberechtigung, für Vielfalt, für ein Miteinander und das tue ich, wo ich kann, und stoße auf große Begeisterung. Die meisten Menschen engagieren sich längst ehrenamtlich oder auch aktiv in sozialen Bereichen. Das ist Gold wert und macht mir Mut.

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Sie sind ein Stück deutsche Fernsehgeschichte, erreichen zuverlässig hohe Millionenreichweiten mit Ihren ARD-Einsätzen, und dennoch: Am Ende sind es andere TV-Kommissare, die mehr verdienen als Sie. Wurmt Sie das?

Dass Männer mehr verdienen als Frauen, wenn sie den gleichen Job machen, das geht gar nicht. Das wurmt mich sehr.

Was denken Sie, wenn Sie in den Medien lesen, dass so manch "Tatort"-Kollege bis zu 250.000 Euro pro Folge kassiert?

Wo haben Sie das denn her? Das glaube ich nicht! Und wenn das so ist, dann herzlichen Glückwunsch: Da kann ja auch ordentlich gespendet werden. (lacht)

Verwendete Quellen
  • Interview mit Ulrike Folkerts
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