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Netflix-Nazi-Thriller "München": Ob das damals wirklich so ablief?


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Netflix-Nazi-Thriller
"München": Ob das damals wirklich so ablief?

Thomas Stechert

20.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Neues Nazi-Historien-Spektakel von Netflix: George MacKay als Hugh Legat in "München".Vergrößern des Bildes
Neues Nazi-Historien-Spektakel von Netflix: George MacKay als Hugh Legat in "München". (Quelle: Netflix)

Erneut spielt ein deutscher Schauspieler Adolf Hitler. Im Netflix-Thriller "München" ist der Berliner Ulrich Matthes als Nazi-Diktator zu sehen, der von den Briten vom Kriegskurs abgebracht werden soll. Bleibt die Frage: Wie viel Fiktion verträgt die Geschichte?

Der Brite Hugh Legat (George MacKay) und der Deutsche Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner) sind Freunde. Gemeinsam studieren sie 1932 am College in Oxford und philosophieren darüber, wie die Zukunft Europas aussehen könnte. Jahre später sind beide im diplomatischen Dienst ihrer Länder tätig. Hugh arbeitet, unter dem damaligen britischen Premierminister Neville Chamberlain (Jeremy Irons) für die Downing Street Nummer 10 und Paul untersteht dem Berliner Reichsaußenministerium. Die Weltgeschichte hat die Gespräche und Ideen der jungen Männer eingeholt.

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Der britische Schriftsteller Robert Harris – auf dessen 2017 veröffentlichten Buch "Munich" der Film basiert – ist ein Meister darin, Geschichte und Fiktion miteinander zu verbinden. Die Handlung um Hugh und Paul wird mit den Ereignissen rund um das Münchner Abkommen vom September 1938 verwoben, bei dem die Tschechoslowakei das Sudetenland an das Deutsche Reich abtreten musste. Das damalige Ziel: Appeasement-Politik mit Adolf Hitler betreiben. Für Hugh und Paul steht nichts Geringeres als das Schicksal Europas auf dem Spiel.

Hitler – der Antimensch

Den "Führer der Deutschen" mimt der in West-Berlin geborene Schauspieler Ulrich Matthes, der nach seiner brillanten Leistung vor 18 Jahren als Joseph Goebbels in "Der Untergang" erneut einem Nazi-Verbrecher ein Filmgesicht gibt. Matthes Talent als Akteur ist über jeden Zweifel erhaben, aber dennoch tappt auch seine Hitler-Darstellung in die Falle des zu Diabolischen. Hitler als Antimensch. Mit stechend blauen Augen stiert er sein Gegenüber an, als würde er ihm jeden Moment das Leben aus dem Körper saugen.

Natürlich ist die Person Adolf Hitler allein aufgrund ihrer Optik und dem inszenierten Gehabe, das sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt hat, künstlerisch außerhalb von Parodie und purer Bösartigkeit nur schwer zu erfassen. In diesem Punkt wird wohl die Darstellung des 2019 verstorbenen Schweizer Schauspielers Bruno Ganz, der in "Der Untergang" an Matthes Seite den Nazi-Diktator verkörperte, die unangefochtene Messlatte bleiben.

Matthes Hitler ist dennoch gut gespielt, will aber nicht so recht ins Gesamtgefüge des Filmes passen. George MacKay und Jannis Niewöhner geben als Hugh und Paul die Prototypen des nach der Etikette lebenden Engländers und des desillusionierten Deutschen. Und Oscar-Preisträger Jeremy Irons spielt bravourös die tragische Figur des Neville Chamberlain, der um jeden Preis einen Krieg im Herzen Europas verhindern wollte.

Dass MacKay, Niewöhner und Irons gegenüber Matthes die leichteren Rollen haben, soll nicht unerwähnt bleiben. In einer Nebenrolle: das deutsche Ausnahmetalent August Diehl, der es in den letzten Jahren immer mehr versteht, in diversen Produktionen, wenn auch nur mit kleinen Auftritten, wie das sprichwörtliche Salz in der Suppe zu sein.

"Wehret den Anfängen!"

Über weite Strecken gelingt "München"-Regisseur Christian Schwochow, der in einem Interview sagte, er wolle die Geschichte aus der Sichtweise der Menschen von damals und nicht aus der von heute erzählen, eine hervorragende Arbeit. Auch wenn seine beiden Hauptprotagonisten gelegentlich zu modern ausfallen und die Handlungsstränge vor allem beim Aufeinandertreffen von Hugh und Paul mit Chamberlain und Hitler zu konstruiert wirken, bleibt es unterm Strich eine erstklassige, cineastische Geschichtsstunde.

So wie Schwochow, der sagt vor dem Film über das Münchner Abkommen nicht viel gewusst zu haben, dürfte es vielen Zuschauern ergehen. Verhandlungen, die einen Krieg verhindern sollten? Verträge mit den Nazis?

1938 wollten viele Europäer einfach nicht wahrhaben, welcher Wahnsinn sich da in Berlin zusammenbraute. "München – Im Angesicht des Krieges" ist deshalb auch eine Warnung an die Gegenwart. Das Geschwür des Nationalismus breitet sich wieder in Europa aus. Der Gedanke der Gemeinschaft bröckelt. Schon vor über 2000 Jahren sagte der römische Dichter Ovid: "Wehret den Anfängen!"

"München Im Angesicht des Krieges" ist ab dem 21. Januar im Streaming-Angebot von Netflix zu finden.

Verwendete Quellen
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