Deutsche Sage Nibelungen als TV-Mehrteiler geplant
Worms (dpa) - Sie ist eine der Lieblingsgeschichten der Deutschen und gehört zu Europas großen Mythen: die Nibelungensage. Die Erzählung über Königstochter Kriemhild, Drachentöter Siegfried und den heldenhaften Hagen, deren Anfänge bis zur Völkerwanderung reichen, zieht seit Generationen Leser in ihren Bann.
Alljährlich begeistern an historischer Stätte in Worms die Nibelungen-Festspiele auf einer Freiluft-Bühne Tausende Zuschauer. Als Intendant amtiert seit 2015 der Geschäftsführer der Produktionsfirma UFA, Nico Hofmann. Er arbeitet daran, die Sage als Mehrteiler ins Fernsehen zu bringen.
"Die Idee ist sehr weit", erzählt Hofmann in Worms, wo die Arbeiten vor der Festspiel-Premiere des Stücks "Überwältigung" am 12. Juli auf Hochtouren laufen. Als Schritt hin zu einem möglichen TV-Mehrteiler sei ein Exposé von etwa 50 Seiten jetzt fertig. "Ich möchte nächstes Jahr ins Verkaufen gehen. Für ein solches Projekt braucht man vier oder fünf Partner." Gut möglich, dass es ein rein europäisches Projekt werde. "Wir diskutieren gerade, wie wir Nibelungen in Europa finanzieren und werden die Amerika-Achse wohl nicht benutzen."
Wenn der 59-Jährige über die Nibelungen spricht, ist schnell seine Leidenschaft für den Stoff spürbar. Mit der gleichen Begeisterung, mit einem guten Ensemble und einer überzeugenden Inszenierung bringt er immer wieder Stars nach Worms. Im vergangenen Jahr war dies Jürgen Prochnow ("Das Boot"), in diesem Jahr ist es Klaus Maria Brandauer ("Mephisto"). "Die Nibelungen", sagt Hofmann, "besitzen einen eigenen, faszinierenden Kosmos".
Die Sage, in der Hagen den Schatz im Rhein versenkt, sei acht Mal verfilmt worden, rechnete Filmhistoriker Hans Helmut Prinzler bei einer Veranstaltung in Worms einmal vor. "Ihre künstlerische Qualität ist höchst unterschiedlich." Die Spanne reiche vom Abenteuerfilm "Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" (2008) über den Zweiteiler "Die Nibelungen" von Harald Reinl (1966) bis zum Epos "Die Nibelungen" von Fritz Lang (1924). Bei einer Neuverfilmung würde sich unter anderem die Frage stellen, ob man einen historischen Film realisieren oder die Handlung in eine neuere Zeit transferieren wolle, meinte er.
Die Nibelungensage lässt sich grob in zwei Teile gliedern: Im ersten Teil steht Siegfrieds Tod im Zentrum, im zweiten Teil Kriemhilds Rache. Räumlich spielt die Geschichte am Rhein sowie in Südostdeutschland und im Donaugebiet des heutigen Österreichs und Ungarns. Sie handelt von Liebe, Tod und Verrat, es wird gekämpft und gefeiert. Am Ende sind fast alle Hauptfiguren tot.
"Es ist ein sehr archaischer Stoff, der viel mit uns zu tun hat und mit Dingen, die uns auch heute betreffen", sagt der künstlerische Leiter in Worms, Thomas Laue. Anhand des historischen Stoffes ließen sich grundsätzliche Fragen wie Macht, Liebe und Politik sinnlich und hoch emotional durchspielen. "Es geht einerseits um Drachen und Helden, anderseits um eine Verwurzelung von Mythen im Kulturgut", meint Laue. Dies würde auch in einem möglichen TV-Film deutlich. "Dass es ein Stoff ist, der von hier kommt und kein beliebiger Fantasystoff: Das würde eine klare Kenntlichkeit haben."
Doch Erwartungen, ein Drehstart stehe quasi unmittelbar bevor, bremst Hofmann. Der Zeitraum für ein solches Projekt liege bei nicht unter drei bis fünf Jahren. "Außerdem reden wir über ein Produktionsvolumen von 30 bis 40 Millionen Euro." Zudem arbeite die UFA aktuell an zahlreichen Projekten. "Porsche-Saga, die jeweils dritte Staffel von "Ku'damm" und "Charité" sowie "Deutschland 89" und "Siegfried & Roy" - das ist im Moment viel. Ich brauche einmal ein halbes Jahr, in dem ich mich zusammen mit Thomas Laue ausschließlich um die Nibelungen kümmern kann. Aber es wird zu 100 Prozent kommen", betont Hofmann.
Der UFA-Geschäftsführer sieht den Moment für einen Nibelungen-TV-Mehrteiler günstig - dies habe auch mit dem Erfolg der Fantasy-Serie "Game of Thrones" zu tun. "Die Begeisterung für diese Zeitepisode ermutigt uns", sagt Hofmann. "Es gibt ein Riesenpublikum, das diese Zeit goutiert. Auch, weil die Grundfragen so archaisch sind." Vor vielleicht fünf Jahren sei dies anders gewesen, meint der Intendant. "Jetzt geht's. Die Zeit wird für den Stoff immer reifer."